NIGHT MOVES

„Maybe science is wrong.“

Night Moves ~ USA 2013
Directed By: Kelly Reichardt

Josh (Jesse Eisenberg) und Dena (Dakota Fanning) sind zwei junge Menschen, denen Umweltschutz, ökologisches Bewusstsein und Nachhaltigkeit über alles gehen. Da sie damit in Nordamerika wie eh und je eine Exklusivposition einnehmen, haben sie die Entscheidung getroffen, sich auf radikalem Wege Gehör zu verschaffen. Zusammen mit dem Ex-Soldaten Harmon (Peter Sarsgaard) wollen Sie einen Staudamm in Oregon sprengen. Der entsprechende Plan wird trotz der einen oder anderen Unwägbarkeit in die Tat umgesetzt, doch bereits Stunden später erfahren die Drei, dass aller Wahrscheinlichkeit nach aufgrund ihrer Aktion ein Camper sein Leben lassen musste. Der stille Josh entwickelt rasch eine ungesunde Paranoia, derweil die erschütterte Dena sich bei mehreren Freunden Gehör verschafft. Harmon taucht einfach ab. Als Josh sich zu Dena aufmacht, um sie eindringlich vor weiteren Ausplaudereien zu warnen, kommt es zur Katastrophe.

Weiß man zunächst nicht genau, in welche Richtung sich Kelly Reichardts Werk entwickeln wird – es beginnt, wie von „Meek’s Cutoff“ gewohnt, mit einer Reise, die Regisseurin begnügt sich dabei mit formaler Ökonomie, mit stillen Bildern, starren Einstellungen und einiger Wortkargheit – so lässt sich erst nach dem Abspann wirklich umreißen, was „Night Moves“ tatsächlich will. Damit ist er vielen konventionelleren Filmen jüngerer Zeit zumindest in dem Punkt voraus, dass die Geschichte einer zunächst noch verhaltenen Spur folgt und sich wirkliche Luzidität erst mit dem Abspann ergibt. Und selbst hierin erschöpft sich der protagonistische Werdegang noch nicht, obgleich mehrere Andeutungen in der Finalsequenz gewisse Vermutungen suggerieren. Von Jesse Eisenberg hatte ich bislang nicht sehr viel gehalten, vornehmlich wegen des fürchterlich einfallslosen „Zombieland“, wobei in diesem Fall womöglich auch einfach die Rollenwahl eine unglückliche war. In „Night Moves“ indes überzeugte er mich er rundum als psychisch labiler Endzwanziger, in dem Zerstörungsdrang und Gewaltbereitschaft schlummern und der jene charakteristischen Untiefen zunächst in einem ökoterroristischen, letzten Endes sinnlosen Akt sublimiert. Als besonders wohltuend empfand ich ferner, dass Kelly Reichardt jenes Psychogramm vollkommen wertfrei entwirft; ob man Joshs Persönlichkeitsstruktur als exemplarisch für politische Kriminelle (sprich „Terroristen“) jedweder Kuleur betrachten mag, ob Reichardts Ansatz möglicherweise wesentlich intimer gelagert ist und es „lediglich“ um einen jungen Mann geht, dessen Störkomplex sich irgendwann in einer möglichen Gewaltorgie entladen könnte, oder ob es tatsächlich um nichts anderes geht denn um die spezifischen Folgen einer unbedachten, gesellschaftlichen Grenzüberschreitung – dem Rezipienten obliegt die individuelle Interpretation. Kelly Reichardt bevorzugt offensichtlich ein mündiges Publikum, woraus dem Betrachter ihrer Filme zugleich ein schönes Kompliment erwächst.

8/10