„When a dog bites you, you can either chain him up… or shoot him.“
Cold In July ~ USA 2014
Directed By: Jim Mickle
Südtexas, 1989. Der Familienvater Richard Dane (Michael C. Hall) erschießt einen Nachts in seinem Wohnzimmer in Notwehr einen Einbrecher. Bei diesem handelte es sich offenbar um Freddy Russel, Sohn des kriminellen Koreaveteranen Ben Russel (Sam Shepard), der erst vor Kurzem aus dem Gefängnis entlassen wurde und mit der Situation alles andere als glücklich ist: er bedroht Richards Familie, zuvorderst dessen kleinen Sohn Jordan (Brogan Hall). Russel Sr. kann jedoch rechtzeitig geschnappt und dingfest gemacht werden. Als Richard Freddys Fahndungsfoto erblickt, ist er sich sicher, dass es sich bei dem Erschossenen nicht um den Gesuchten handelt und Ben somit keinen Grund hätte, sich an ihm zu rächen. Durch Zufall sieht er in der folgenden Nacht, dass der Sheriff (Nick Damici) Ben beiseite schaffen und von einem Zug überrollen lassen will. Kurzerhand befreit Richard Ben und macht sich zusammen mit ihm und mit der Unterstützung von Bens altem Kriegskumpel und jetzigem Privatschnüffler Jim Bob Luke (Don Johnson) auf die Suche nach der Wahrheit, die dem Trio alles andere als behagt: Der echte Freddy (Wyatt Russell) trat als Kronzeuge gegen die Dixie-Mafia auf, lebt nun unter einem neuen Namen und hat mit ein paar Kumpels einen florierenden Snuff-Movie-Ring aufgezogen, für den sie illegale Einwanderinnen aus Mexiko zu Tode quälen. Für Ben ist klar: Ein solcher Sohn gehört väterlicherseits aus der Welt getilgt.
Nach mehreren Arbeiten im Horrorgenre machte sich Jim Mickle an diesen finsteren, manchmal schwarzhumorigen post noir vor südstaatlichem Lokalkolorit, gleichfalls eine Romanadaption des in vielerlei Trivialkulturfächern umtriebigen Autors Joe R. Lansdale. Es erwies sich für mich als vorteilhaft, praktisch nichts über den Inhalt von „Cold In July“ zu wissen, so gerierten sich die Plotkapriolen, die den Film völlig anders enden lassen als er zu Beginn noch mutmaßen lässt, umso bizarrer und wirkungsvoller. Wo der Anfang, der Sam Shepard als mysteriösen, alten Rächer einführt, welcher das kleine Familienglück des eher einfältigen Bilderrahmenverkäufers Richard Dane bedroht, noch recht konventionell und vertraut erscheint – Werke wie „Cape Fear“ oder „A History Of Violence“ brechen sich Bahn zurück ins Rezpientenbewusstsein – zerfällt jener kammerspielartig bis psychologisch behauchter Ansatz nach rund einem Drittel und die beiden vormaligen Antagonisten stehen plötzlich auf derselben Seite. Ergänzt freilich durch einen dritten Charakter, der geradewegs aus dem Neunziger-Pulp-Universum von Tarantino, Rodriguez, den Coens und ihren vielen Nachzüglern hier hinein gepurzelt scheint: Don Johnson als Jim Bob Luke, Schweinefarmer und lustiger Detektiv mit flotter Lippe transportiert eine angesichts des späteren Sujets eklektische Komik, von der ich mich bislang nicht sich bin, ob ich sie als der Atmosphäre ab- oder zuträglich bewerten soll. Mit einer sich in den Untergrund der Snufffilmer begebenden Wendung rechnet man zunächst jedenfalls nicht, ebensowenig wie dem knüppelharten Showdown, in dem das seltsame Freundestrio über sich hinauswächst und die kleine Videomafia gnadenlos von der Bildfläche putzt.
Für Richard Dane als Protagonist und Publikumsagenten kommt sein Trip einer Mixtur aus einer Odyssee in eine bis dato unwahrgenommene Parallelwelt, aus einer Kurzreise in unvermutetes Heldentum und einem Wochenendausflug in die Hölle gleich: Im einen Moment noch biederer Verkäufer, steht er im nächsten einer Horde übelstem Gewaltverbrecherabschaum gegenüber, eine doppelläufige Schrotkanone in der Hand. Am Ende kehrt er zurück zu Frau und Kind, die von seiner Tour in die Schatten nichts ahnen und legt sich ebenso dankbar wie nachdenklich zu ihnen ins Bett. Körperlich bis auf eine abeschossene Ohrmuschel unversehrt, werden ihn die Erfahrungen der letzten Tage dennoch zu einem anderen Menschen machen.
7/10