NASSER ASPHALT

„Sie werden mich nie verstehen. Das können Sie gar nicht!“

Nasser Asphalt ~ BRD 1958
Directed By: Frank Wisbar

Berlin, 1951. Nachdem er sich ins Spandauer Kriegsverbrechergefängnis eingeschmuggelt hat, um dort Interviews mit den einsitzenden Nazigrößen zu führen, gilt der Journalist Greg Bachmann in der Berliner Journaille zunächst als persona non grata. Doch der windige Klatschreporter Cesar Boyd (Martin Held) hat längst ein Auge auf Bachmann geworfen. Unmittelbar nach dessen Entlassung lässt Boyd Bachmann von seinem Adlatus Jupp (Gert Fröbe) abholen und engagiert ihn vom Fleck weg. Nach Monaten fruchtbarer Zusammenarbeit erhascht Boyd dann scheinbar einen Riesenaufmacher: in Polen soll ein seit dem Krieg verschütteter Vorratsbunker gefunden worden sein, in dem eine Handvoll Wehrmachtssoldaten seit Jahren gefangen ist und vor sich hin vegetiert. Die Sensationsmeldung macht auch international Schlagzeilen; Witwen und Mütter sind sich sicher, dass ihr vermisster Mann oder Sohn auf einem urplötzlich auftauchenden Bild eines erblindeten Befreiten zu sehen ist; eine alte Dame stirbt gar infolge eines Herzanfalls. Erschüttert von den Wellen, die Boyds Berichterstattung schlägt, kommt Bachmann bald der Wahrheit auf die Spur – bei der ganzen Sache handelt es sich lediglich um eine von Boyd erfundene und aufgeblähte Geschichte zur Stärkung seiner Prominenz. Bachmann ist entschlossen, Boyd öffentlich an den Pranger zu stellen, worauf dieser wiederum recht ungehalten reagiert…

Drehbuchautor Will Tremper kommt selbst aus dem Journalismus, arbeitete zeitweilig – ähnlich wie Greg Bachmann im Film – als Ghostwriter und wusste daher bestens um das von ihm dramaturgisierte Sujet. Zudem besitzt die Story einen authentischen Hintergrund. 1951 hatte die Nachrichtenagentur Associated Press von einigen angeblich verschütteten deutschen Soldaten berichtet, von denen letzten Endes nur einer überleben konnte. Trotz des internationalen Echos gab es nie eine offizielle Bestätigung des Vorfalls, was dann wiederum manch einen ob der Echtheit der Ereignisse nachgrübeln ließ.
Die Macht der Presse, die Vierte Gewalt und ihr Einfluss: Im Hollywoodkino der Vorjahre gab es mit Billy Wilders „Ace In The Hole“ und Alexander Mackendricks „The Sweet Smell Of Success“ bereits zwei scharfe, journalismuskritische Satiren, in denen jeweils der Machtradius eines skrupellosen Reporters als opportunistisch, verhängnisvoll und zerstörerisch angeprangert wird. Wie in Wirtschaft und Politik sind auch in den Kommunikationsmedien Macht und Einfluss allerhöchste Korruptionsparameter. Dem einmal installierten Ruf als großer Enthüller muss Genüge getan werden, notfalls auch unter Zuhilfenahme von Lüge und Ränkespiel. Cesar Boyd entspricht just dem bereits vorgeprägten Bild der oben genannten Filme, in denen Kirk Douglas bzw. Burt Lancaster den Schreibmaschinensatan interpretierte(n). Auch Boyd ist so verblendet von seiner eigenen Vormachtsstellung als öffentlicher Informationsquell, dass ihm auch eine Lüge als gute Geschichte recht und billig ist; Hauptsache, die Leute werden bewegt und unterhalten. Aus dem Unterrichtungsrecht erwächst bare Folklore und somit die katastrophale Gewissheit, dass investigativer Journalismus jeweils auch nur so glaubwürdig ist, wie der ihn ausübende Autor. „Nasser Asphalt“ endet, dank Horst Buchholz in der Heldenrolle, mit erleichtertem Aufatmen: Zumindest Gerd Bachmann vertritt seinen Berufsstand als ehrenvoller, integrer Repräsentant, auf den Verlass ist und der schon dafür sorgt, dass faule Äpfel wie Cesar Boyd aus dem Korb verschwinden – notfalls auch, wenn dafür ein Mündel seinen beruflichen Ziehvater verraten muss.

7/10

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