KINGSMAN: THE SECRET SERVICE

„True nobility is being superior to your former self.“

Kingsman: The Secret Service ~ UK 2014
Directed By: Matthew Vaughn

Der englische Superagent Harry Hart (Colin Firth), Codename ‚Galahad‘, schuldet dem jugendlichen Eggsy Unwin (Taron Egerton) einen Gefallen, seit er dereinst den Tod von Eggsys Vater verschuldete und den Jungen damit zum Halbwaisen machte. Als Eggsy mal wieder Ärger mit der Polizei hat, bietet Hart ihm daher eine einmalige Chance: Eggsy darf eine Ausbildung zum „Kingsman“ versuchen, was im Erfolgsfalle bedeuten würde, zu den gefährlichsten Top-Spionen der Welt zu gehören. Eggsy schlägt fasziniert ein und übertrifft in den meisten Belangen tatsächlich seine affektierten Mitbewerber. Denn nur einer wird die Ehre haben, die Nachfolge des just getöteten Kingsman ‚Lancelot‘ (Jack Davenport) anzutreten. Parallel dazu entfaltet sich in der Person des größenwahnsinnigen Milliardärs Richmond Valentine (Samuel L. Jackson) eine gewaltige Menschheitsbedrohung: Valentine ist besessen von der Idee, die Erde zu retten, was nach seiner Theorie nur funktionieren kann, wenn ein beträchtlicher Teil ihrer Bevölkerung ausgelöscht wird…

Nach „Kick-Ass“ versucht sich der comic-affine Brite Matthew Vaughn an einer weiteren Adaption einer Vorlage von Mark Millar. Dessen persönliche Projekte, also Miniserien, die an keinen umfangreicheren Handlungskosmos gebunden sind, erweisen sich stets als überaus amüsant und leserfreundlich, gleichen sich in struktureller Hinsicht im Regelfall jedoch auffallend. Millars Helden sind gesellschaftliche Außenseiter und Alltagsverlierer; kleine Büroangestellte und Pantoffelhelden, High-School-Geeks, Vorstadtproleten oder manchmal auch gleich ein gemeingefährlicher Superschurke. Auch „Wanted“ basiert auf einer von Millars Phantasien, hatte jedoch ebenso wie der nachfolgende „Kick-Ass“ das geflissentliche Problem, Millars anarchische Erzählansätze eher als Inspiration zu wählen, denn sie auch in Filmform konsequent zu Ende zu denken. Immer wieder gab es an gewissen, eigentlich elementaren Sollbruch- und Schnittstellen Tendenzen zur Glattbügelung, sei es, um das für die ökonomische Gewinnspanne unverzichtbare Publikum nicht allzu sehr durcheinanderzubringen oder auch bloß, um Millars Hang zu betonter politischer Unkorrektheit einzudämmen. Insofern zumindest bildet „Kingsman: The Secret Service“ einen deutlichen Schritt in die richtige Richtung, markiert er doch die erste Millar-Verfilmung, die ihrem Ursprung durchweg gerecht wird und ihren Geist fast verlustfrei transponiert. Natürlich gibt es auch hier Einiges an willkürlicher Modifikation, Feinschliff und Nachpolitur, so etwa die Beziehung zwischen dem Agenten-Ziehvater und seinem Schützling oder den Verkauf der Spionage-Gardisten als moderne Tafelrundenritter, den es so bei Millar nicht gab. Die vordringlichen Elemente jedoch sind durchweg vorhanden oder zumindest durch ideell gleichwertige Alternativen substituiert worden, was sich als völlig konträr gegenüber meinen vorherigen Befürchtungen, eine neuerliche Weichspülerei aufgetischt zu bekommen, erwies. Vaughn ist ein witziges, kurzweiliges und vor allem visuell brillantes Kinovergnügen geglückt, das sich neben seiner Funktion als Comic-Adaption auch als sehr verliebte Hommage an die klassischen Bond-Filme der sechziger und siebziger Jahre begreift. Ebenso wie darin erhält die (teils orgiastisch vorgetragene) Gewalt einen Comic-Relief-Charakter, der sich jedoch nicht in unblutigen Einschüssen erschöpft, sondern durch seine unverschämtes Übermaß schon wieder parodistisch erscheint. Am Ende gönnt sich Vaughn sogar seine ganz persönliche Form utopischer Spaßmacherei: Die buchstäblichen Häupter sämtlicher Wirtschafts- und Politikoberen, die sich zuvor mit Valentine eingelassen und/oder sich von ihm auf seine Seite haben ziehen lassen, explodieren in Form kunterbunter Mini-Atompilzchen. Der von Valentine (der eigentlich ja hoffnungslos überstrapazierte Jackson begeistert dann doch nochmal als lispelnde Karikatur eines Superbösewichts) intendierte Neuanfang kann also doch stattfinden, nur auf etwas andere Weise als geplant: nicht die Menschheit muss dezimiert, sondern ihr gesamter Führungsstab [bis auf eine sexuell freigiebige, schwedische Prinzessin (Hanna Alström)] neu besetzt werden. So könnte man vielleicht echt mal von vorne starten, würde sicher eine Zeit lang gut gehen.

8/10

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