„I’ve gotten so far away that leaving is just a formality.“
The Mean Season (Das mörderische Paradies) ~ USA 1985
Directed By: Phillip Borsos
In Florida beginnt ein Serienkiller sein blutiges Treiben. Gleich nach dem ersten Mord bezieht der Täter den Zeitungsjournalisten Malcolm Anderson (Kurt Russell) in sein perfides Spiel mit ein – Anderson erhält seine Information fortan sozusagen „aus erster Hand“, während der Killer – wie sich bald herausstellt, ein Geisteskranker namens Alan Delour (Richard Jordan) – die erhoffte mediale Aufmerksamkeit für sich verbuchen kann. Anderson versucht, mit den ermittelnden Polizisten (Andy Garcia, Richard Bradford), möglichst Hand in Hand zu arbeiten, Delour erweist sich jedoch als dreister und cleverer denn gedacht. Als Delour Andersons Freundin, die Lehrerin Christine (Mariel Hemingway), kidnappt, spitzt sich die Situation zu.
Der Terminus „Mean Season“, als Filmtitel doppeldeutig benutzt und wie so häufig völlig planlos ins Deutsche transponiert, bezeichnet in Florida die spätsommerlichen Hundstage, jene Zeit, in der das schwüle Klima urplötzlich in kräftige Unwetter umschwenken kann, die vom Golfstrom heraufziehen. Einem zerstörerischen Tornado gleich bricht auch der Serienmörder Alan Delour über den trügerisch beschaulichen Sunshine State herein, erwählt seine Opfer nach einem sorgfältig ausgearbeiteten Schema und stellt dabei die Verbrechen berüchtigter Vorgänger seines Fachs nach. Für den von Delour zu seinem offiziellen Sprachrohr auserkorenen Malcolm Anderson, der eigentlich längst mit dem Gedanken spielt, sich beruflich zu verändern, bedeutet die plötzliche Aufmerksamkeit eine bislang ungeahnte Popularität; Printkonkurrenz und Fernsehen rücken Anderson ins Scheinwerferlicht, da er als einziger von Delour ins Vertrauen gezogen wird und mit ihm in regelmäßiger Verbindung steht. Christine bemerkt derweil eine Veränderung bei Malcolm, die sich bald zur Obsession ausweitet: auch für den erfolgsorientierten Reporter beginnt die ethische Verwerflichkeit der Gewalttaten zugunsten wachsender Publicity in den Hintergrund zu treten. Dabei treibt Delour auch mit Malcolm ein boshaftes Spiel; so narrt der Verbrecher den Journalisten, indem er sich, clever getarnt, als mögliche Informationsquelle aus- und seine wahre Identität erst viel später preisgibt. Anderson lässt sich mehr oder weniger bewusst instrumentalisieren – bis hin zur unausweichlichen Konfrontation.
In den achtziger Jahren nahm der Serienkillerfilm eine eher untergeordnete Position innerhalb des Thrillergenres ein. De Palma prägte die Gattung mit seinen Hitchcock- und Antonioni-Variationen, die eher die Möglichkeiten der Suspense-Erzeugung im Gegenwartskino eruierten, dann gab es die bombastischen Gangsterepen, Gerichtskrimis und als Subgenre-Spielarten einige wenige Ausreißer, die als Hybriden mit dem B- bzw. Exploitationfilm fungierten. Große Ausnahmen bilden „Henry: Portrait Of A Serial Killer“, „Maniac“ und „Manhunter“, wobei die beiden ersteren nicht als Mainstream-, sondern unabhängig produzierte Underground-Produktionen entstanden, infolge dessen zwar künstlerische, aber kaum kommerzielle Tragweite besaßen und letzterer sich als stilistisch wegweisend erwies, jedoch keinen speziellen Trend zu evozieren vermochte. „The Mean Season“ nimmt also historisch betrachtet durchaus eine gesonderte Position ein, zumal die Verquickung zwischen Gewaltverbrecher und Informationsmedien sowie deren reziprokes Abhängigkeitsverhältnis recht treffend herausgearbeitet wird. Dennoch fehlt es „The Mean Season“ zum veritablen Volltreffer an Zugkraft. Die schwelenden Konfliktfelder zwischen Anderson und seiner Freundin sowie ihm und den ermittelnden Detectives rauben der Geschichte einiges an Spannung und werden wenig geschickt in das Gesamtbild eingearbeitet. Möglicherweise hätte ein erfahrener Regisseur mit mehr Mut zu formaler Radikalität als der sehr früh verstorbene Australier Phillip Borsos dem Script ein höheres Maß an Schärfe und Subtilität entlockt.
7/10