FANTASTIC FOUR

„Promise me you’ll look after each other.“

Fantastic Four ~ USA/D/UK/CA 2015
Directed By: Josh Trank

Seit Kindesbeinen (Owen Judge) ist Reed Richards (Miles Teller) ein Wunderkind. Es gelingt ihm, mithilfe simpelster technischern Mittel und der seines deutlich rustikaler gestrickten, besten Freundes Ben Grimm (Jamie Bell), ein Dimensionsportal zu bauen. Während die „Jugend forscht“-Jury Reeds Ambitionen mit hilfloser Ignoranz straft, wird der stets nach Nachwuchstalenten suchende Wissenschaftler Franklin Storm (Reg E. Cathey) auf ihn aufmerksam. Dessen Adoptivtochter Sue (Kate Mara) und sein „schwieriges“ Mündel Victor Von Doom (Toby Kebbell) zeigen ganz ähnliche Ambitionen wie Reed. Gemeinsam und mit der nicht eben uneigennützigen Unterstützung des Regierungsangestellten Dr. Allen (Tim Blake Nelson) gelingt schließlich der Durchbruch: Das Tor zu einer unentdeckten Dimension. Verbotenerweise wagen Reed, Ben, Victor und Storms leiblicher Sohn Johnny (Michael B. Jordan) den Übergang ins Unbekannte. Die Parallelwelt wird durchzogen von einer mysteriösen, grünen Energiequelle, die die vier jungen Männer und auch die im Labor befindliche Sue erfasst. Während der bereits totgeglaubte Victor zurückbleibt, entwickeln die Übrigen unglaubliche Fähigkeiten. Reeds Körper wird elastisch und beliebig dehnbar, Sue kann unsichtbar werden und Kraftfelder erzeugen, Johnny sich in eine lebende, fliegende Fackel verwandeln. Ben trifft es am Härtesten – er wird zu einem unverwundbaren und superstarken Steinmonster, kann sich im Gegensatz zu seinen Freunden jedoch nicht zurückverwandeln. Reed flieht aus dem mittlerweile unter militärische Quarantäne gestellten Labor und taucht unter, der frustrierte Ben arbeitet als Supersoldat für die Armee, Sue und Johnny lernen ihre Kräfte unter Aufsicht zu perfektionieren.
Nach einem Jahr spürt man Reed wieder auf und bittet ihn, weiter für Storm zu forschen. Wieder gelingt der Bau einer Brücke zwischen den Dimensionen, auf der anderen Seite wartet jedoch schon der mitnichten tote, dafür schwer entstellte, endgültig wahnsinnig gewordene Victor auf seine Rache, welche die Zerstörung der gesamten Erde vorsieht…

Dass Josh Tranks „Fantastic Four“, der bereits dritte Versuch einer Adaption des meritenreichen Comics um Marvels „First Family“, sich zu einem höchst problematischen Projekt entwickelt hat, ist mittlerweile sicherlich bekannter als der Film selbst. Damit setzt sich aber gewissermaßen auch eine mehr oder weniger unfreiwillig gepflegte Tradition fort, die ihren nurmehr als unglücklich zu bezeichnenden Ausgang bereits 1983 nahm, als der deutsche Produzent Bernd Eichinger auf Marvel-Mastermind Stan Lee traf, und ihm die drei Jahre später aktiv werdenden Verfilmungsrechte für die Reihe abschwatzte. Das von der „Neuen Constantin“ geplante Minibudget erwies sich bald als bei weitem nicht ausreichend für eine auch nur halbwegs adäquate Adaption. Da die Filmrechte für Eichinger im Falle ihrer Nichtnutzung nach sechs Jahren auslaufen sollten, heuerte der findige Produzent flugs den Ökonomiekönig Roger Corman an, der 1993 eilends den ersten, echten „Fantastic Four“-Film auf die Beine stellte. Nachdem bereits frühe Trailer zu sehen gewesen waren, gab Eichinger dann bekannt, dass der von Oley Sassone inszenierte Film niemals auf einer Kinoleinwand zu sehen sein werde und zog ihn komplett zurück, so dass er bis heute nicht offiziell aufgeführt werden konnte. Erst 2005, als die anlaufende Welle von Superheldencomic-Verfilmungen im Blockbusterformat sich als lukratives Geschäft erwiesen hatte, kam es seitens Eichinger zu einem ersten, „angemessen budgetierten“ Reboot, das zwei Jahre später sogar ein Sequel nach sich zog. Beide Filme erwiesen sich als grundsätzlich ansehbar, vermochten jedoch nicht, die gewaltigen Erwartungshaltungen der Fans umfassend zu bedienen, geschweige denn noch unbedarfte Publikumsschichten für sich zu begeistern.
Nun, da Marvel im Kino ein nahezu bombensicheres Trademark darstellt, befand man es offenbar an der Zeit für einen weiteren Neuansatz, der zum Einen die in der Vergangenheit gemachten Fehler ignorieren und das Franchise zum Anderen attraktiv für eine nachwachsende Zuschauergeneration machen sollte. Wie ließ sich selbiges anstellen? Zunächst wurde das naive Astronautik-Element entfernt; das Heldenquartett erhält seine Kräfte nunmehr nicht wie eh und je durch den Kontakt mit „kosmischer Strahlung“. Ferner wurden die Protagonisten deutlich verjüngt: Während der Reed Richards der Comics bereits ein promoviertes und ebenso arriviertes Wissenschaftsgenie mit grauen Schläfen personifiziert, ist er hier just dem Teenager-Alter entwachsen und um entsprechende Lebenserfahrungen ärmer. Selbiges gilt für die anderen Mitspieler. Aus Sue Storm ist ein ursprünglich aus Osteuropa stammendes Adoptivikind geworden, das Richards in punkto Brillanz, Exzentrik und Verschrobenheit in Nichts nachsteht (im Comic bildete sie stets einen sehr konsequenten Gegenpart zu dem bisweilen allzu analytisch arbeitenden Funktionsverstand ihres späteren Gatten) und Johnny musste kurzerhand die Hautfarbe wechseln, möglicherweise, weil die nahezu durchweg weiße Superheldenkaste mit ihren zwischen fünfzig und achtzig Jahren zurückliegenden Trivialkulturwurzeln nicht mehr umweglos mit gegenwärtigen Gesellschaftsmaßstäben harmoniert. Darum ist heuer auch unbedingt eine Ororo Munroe/Storm (Halle Berry bzw. Alexandra Shipp) ebenso unumgänglich für die X-Men wie ein Sam Wilson/Falcon (Anthony Mackie) für die Avengers und darum gibt es anno 2015 auch afroasische Gottheiten (Idris Elba). Ergo benötigt auch die First Family ihr entsprechendes Quotenviertel. Doch sei’s drum, man ist ja glücklicherweise offen für den ethnischen Strukturwandel, so er denn sinnstiftend ausfällt. Im Falle „Fantastic Four“ 15 kann man sich jedoch des vehementen Eindrucks nicht erwehren, dass all die Neuerungen Zeugnis reiner, gewinnmaximierender Willkür sind. Darum ist der Film auch trotz vielversprechender Ansätze – so beweist etwa Tranks „Chronicle“, dass der Regisseur durchaus imstand ist, ein diesem hier nicht unähnliches Sujet ansprechend in den Griff zu bekommen -, schlichterdigs nicht gut. Er weist stattdessen in genau jene Richtung, die die Superheldenwelle zunehmend kritischer beäugende Fraktion von Kinoliebhabern bereits seit längerem moniert und auf der sie die Basis ihres wachenden Missfallens errichtet. Dieser jüngste „Fantastic Four“ muss sich, nicht allein rein filmisch betrachtet, den Vorwurf gefallen lassen, auf ganzer Linie schematisch, überraschungs- und spannungsfrei, uninspiriert, unattraktiv, von lähmender Routiniertheit gar zu sein und darüberhinaus auch noch albern; er füllt lediglich notgedrungen und rein gesetzmäßig eine Lücke, die unser Superheldenteam als eines der eben populärsten von allen schlicht füllen muss, die Fantastic Four dürfen zwischen all ihren Milliarden und Abermilliarden von Dollars einspielenden Kolleginnen und Kollegen nicht dem Vergessen anheim fallen. Dass man die origin des Quartetts  (und nichts anderes ist Tranks Film, nichts anderes als eine viel zu kurz geratene, jeder Balance entbehrende origin) mit aller Gewalt zu modifizieren und zu aktualisieren zu trachtete und damit teilweise die ehedem mit Herzblut entwickelten Figuren verriet, ist dabei sicherlich der gröbste Wermutstropfen. Da hilft es auch nicht weiter, dass Johnny Storm einmal sein berühmtes „Flame on!“ lanciert oder der zum „Ding“ mutierte Ben sich nach urplötzlich überwundener Depression freut: „It’s clobberin‘ time!“ Diese „Fantastic Four“ sind beileibe keineswegs fantastic. Sie enttäuschen vielmehr bitterlich. Und dass durch die Rechtesituation wie bei den X-Men kein Anschluss an das MCU möglich ist, stimmt nicht eben fröhlicher. Aber gerade das ist ja die Crux des Ganzen.
Um ein bereits fest geplantes Sequel wird es nunmehr wieder still, was mir persönlich, der ich mich grundsätzlich über jeden Superhelden-Film freue, immerhin gemischte Gefühle verschafft. Vielleicht hält man die Richards, Storms und Grimms künftig einfach besser ganz heraus aus dem Kino. Sie fühlen sich dort ganz offensichtlich nicht besonders gut aufgehoben.

4/10

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