„She knows everything.“
Crimson Peak ~ USA/CA 2015
Directed By: Guillermo del Toro
Buffalo, um die vorletzte Jahrhundertwende: Die junge Edith Cushing (Mia Wasikowska) glaubt seit dem Jahre zurück liegenden Tod ihrer Mutter an Geister und Übernatürliches und versucht sich als Schriftstellerin sehr viel lieber an phantastischer Literatur denn an schnulzigen Romanzen, was die lokale Schickeria eher belustigt zur Kenntnis nimmt. Als Edith den auf der Durchreise befindlichen Thomas Sharpe (Tom Hiddleston) kennenlernt, verliebt sie sich Hals über Kopf in ihn. Ediths Vater (Jim Beaver) lässt derweil Nachforschungen über Sharpe und seine Schwester Lucille (Jessica Chastain) anstellen und will die mögliche Legalisierung der knospenden Beziehung zwischen seiner Tochter und Sharpe mit allen Mitteln verhindern. Nachdem Cushing eines gewaltsamen Todes gestorben ist, heiratet Edith Sharpe doch noch und folgt ihm auf sein Anwesen Allerdale Hall in England, Lucille stets gegenwärtig. Zunächst glaubt die nach wie vor mit parapsychologischen Fähigkeiten ausgestattete Edith, auf dem überaus seltsamen, maroden Landsitz spuke es, muss dann jedoch sehr viel irdischeren, erschreckenderen Tatsachen ins Auge sehen…
Mit der Rückkehr zur gepflegten Phantastik nach den eher bombastischen Actionfilmen der letzten Jahre gelingt es Guillermo del Toro nicht zwangsläufig, an seine Meisterarbeiten, allen voran den wunderbaren, bittersüßen „El Laberinto Del Fauno“ anzuknüpfen.
Zumindest in ästhetischer und formaler Hinsicht ist „Crimson Peak“ sicherlich über jeden Zweifel erhaben. Del Toro präsentiert sich wiederum als detailversessener, schwelgerischer Stilist, der selbst jede noch so kleine, scheinbar unwichtige Einstellung mit größter Sorgfalt durchkomponiert, sowie allerhöchstes Augenmerk auf stimmige Ausstattung und Schauplätze legt. Zudem erweist er sich neuerlich als aufmerksamer Student seiner maßgeblichen Einflüsse, in diesem Falle wohl Bava und Argento.
So sind besonders die Kostüme und Interieurs von ausufernder Pracht. Besonders Allerdale Hall, das seiner bizarren Bodenschätze wegen den inoffiziellen Beinamen „Crimson Peak“ trägt, erweist sich als kostbarer Augenzucker. Das bereits im Verfallen begriffene Haus steht auf einem Untergrund aus roter Tonerde, die Thomas Sharpe permanent fördert und die sich bis unmittelbar unter die Dielen der Vorhalle emporgearbeitet hat. Das Gebäude scheint Blut zu schwitzen. Im Winter rieseln dann durch das zerbrochene Dach des Hauses sanft die blütenweißen Schneeflocken, was del Toro erwartungsgemäß zu wunderhübschen Farbkompositionen hinreißt. Etwas im Widerspruch zu dieser überwältigenden, visuellen Schönheit steht die konventionelle Story des Ganzen, die mit Geisterspuk im Endeffekt lediglich sekundär zu tun hat. Vielmehr geht es um den allmählichen psychischen und physischen Verfall altweltlicher aristokratischer Strukturen und Werte, die im Angesicht der reformierten, überseeischen Gesellschaft stattfindet. Die Story hätte in abgewandelter Form auch ein klassisches Hitchcock-Sujet sein oder sich auf ein Stück von Hamilton berufen mögen; wobei die Inzest-Thematik, wenngleich recht verhalten aufbereitet, ehedem sicherlich noch symbolhafter angetastet worden wäre. So erschien mir der Fortlauf des Plots nach einer durchaus spannenden, ersten Hälfte, schließlich sehr gedehnt und bisweilen selbstzweckhaft ausgeweitet.
Ich will aber gar nicht darauf beharren, dass weitere Betrachtungen mich von diesem ja doch recht formelhaften Kritikpunkt wegführen könnten. Del Toro sowieso und wohl auch dieser Film hätten es bestimmt verdient.
7/10