ZIMMER 13

„Woran starb Lady Marney, Ambrose?“

Zimmer 13 ~ BRD/DK/F 1964
Directed By: Harald Reinl

Der Unterhausabgeordnete Sir Robert Marney (Walter Rilla) findet sich auf unschöne Weise mit seiner Vergangenheit konfrontiert: Ein alter Bekannter Marneys, der Ganove Joe Legge (Richard Häussler) erpresst ihn, die geplante Beute aus einem Zugraub in seinen geräumigen Mauern verstecken zu dürfen. Sollte Marney nicht mitspielen wollen, geschehe seiner Tochter Denise (Karin Dor) Schreckliches. Der Privatdetektiv John Gray (Joachim Fuchsberger) soll den Marneys helfen. Legge hat sein Hauptquartier in dem Striplokal „Highlow Club“, genauer hinter dessen Zimmer 13 treppaufwärts. Also werden Gray und der Yard-Forensiker Higgins (Eddi Arent) bald Stammgäste dort. Doch schon bald fallen ihnen zusätzlich brutale Rasiermessermorde an jungen Damen im Club vor die Füße, mit denen Legge und seine Bande nichts zu tun haben. Wer verbirgt sich hinter den Bluttaten?

Im Laufe einer Wallace-Schau lernt man Manches dazu, so etwa, dass die Reihe hier und da gern mit den selbst installierten Typisierungen ihrer Figuren zu spielen pflegte. Irgendwann wird jede/r früher oder später mal als MörderIn mit mehr oder minder geistesgestörter Agenda entlarvt, selbst jene abonnierten DarstellerInnen, denen man dies aufgrund ihrer ansonsten positiv konnotierten Rollen nicht zutrauen würde. Hier ist es Karin Dor höchstpersönlich, die sich am Ende als schwer traumatisierte Killerin herausstellt, die sich dann auch zur Verringerung allzu dramatischer Folgen via Justizia und Henkersschwert lieber gleich selbst richtet. Immerhin darf ich hier von dem bislang am Weitesten von so was wie „happy“ entfernten Ende berichten, dass ich bis dato bei Wallace (bzw. Wendlandt) gesehen habe: Dem armen Blacky Fuchsberger bleibt hier ein trauriges Mal der üblich versprochene Lebensabend mit seiner geliebten Schönen versagt. Eine solch nebenspurige Dame hätte er aber wohl auch kaum mit in die Verlobung nehmen wollen.
Mir fehlte Kinski, für den Hans Clarin als Portier nicht eben das beste Substitut abgibt, während Häussler als oberster Gangsterboss sich einigermaßen spaßig ausnimmt. Eddi Arent nimmt unterdessen etwas den Fuß vom Albernheits-Gaspedal (was jedoch nicht etwa seine Liaison mit einer Schaufensterpuppe namens Emily ausschließt, die dann aber eher verstörend bis rührend daherkommt) und liefert ausnahmsweise wertvolle Beiträge zur Klärung des Falls. Bei Karl May hatte Harald Reinl als stiletablierendes Element zumeist die Nase vorn, bei Wallace reicht er Vohrer jedoch nicht das Wasser. So bewegt sich sein „Zimmer 13“ auch im mittleren Qualitätssegment der Serie. Finde ich wenigstens.

6/10

DER RÄCHER

„Was war den das für ein Tier?“

Der Rächer ~ BRD 1960
Directed By: Karl Anton

Ein Serienmörder, dem die Behörden den Spitznamen „Der Rächer“ verabreicht hat, ist in und um London unterwegs. Der Täter wählt stets Kriminelle als Zielscheibe, schreckt jedoch auch vor jenen nicht zurück, die ihm allzu dicht auf den Fersen sind. Dabei enthauptet er jeweils sein Opfer und lässt den Kopf in einer gut auffindbaren Schachtel zurück. Infolge des Mordes an einem Beamten des Außenministeriums setzt man Michael Brixan (Heinz Drache) auf den Rächer an. In Winchester, wo gerade Filmaufnahmen für ein Kostümdrama im Gange sind, nimmt Brixan die Spur auf. Gleich mehrere zwielichtige Verdächtige fallen diesem ins Auge, so der exzentrische Adlige Penn (Benno Sterzenbach) nebst seinem animalischen Hausdiener Bhag (Al Hoosman) oder der Dramaturg Voss (Klaus Kinski).

Der dritte Wallace-Film der damals erst im Anlaufen begriffenen deutschen Reihe ist tatsächlich eine Konkurrenzproduktion und gehört nicht zu den Beiträgen der von Rialto produzierten und Constantin verliehenen Serie. Tatsächlich konnten Philipsen und Wendlandt die Rechte an zwei Romanen des Kriminalautoren nicht mehr erwerben, weil diese bereits zuvor abverkauft worden waren. So wurde „Der Rächer“ als der eine der beiden betreffenden Fälle von der Kurt-Ulrich-Film hergestellt und von Europa-Film verliehen. Ähnlich wie im Falle der Karl-May-Adaptionen, bei denen der findige Trittbrettfahrer Artur Brauner Horst Wendlandt immer wieder in die Parade fuhr, dürfte dies dem gemeinen Publikum jedoch herzlich egal gewesen sein. Damit nicht genug verdanken Philipsen und Wendlandt dem „Rächer“ sogar gleich drei ihrer späteren Regeldarsteller, nämlich Heinz Drache, Siegfried Schürenberg und Klaus Kinski, die hierin jeweils ihren Wallace-Einstand gaben, und zwar in exakt jenen typischen Rollen, für die sie später immer wieder hinzugezogen werden sollten. Formal betrachtet lassen sich marginale Unterschiede feststellen: „Der Rächer“ ist etwas weniger sorgfältig ausgeleuchtet und wirkt in seinem Bemühen um expressionistische Kameraspielereien noch relativ unbemüht und nachlässig, insbesondere im Vergleich zu den kommenden Arbeiten von Karl Löb oder Richard Angst. An Humor fehlt es Antons Film weitgehend, was ihm nicht unbedingt zum Schlechten gereicht. Im Gegenteil verstärkt sich dadurch der ohnehin sehr viel prononciertere „Gruselkrimi“-Faktor, für den nicht nur die rigorose Vorgehensweise des Mörders, sondern auch Al Hoosman in seiner ziemlich rassistisch verbrämten Darstellung eines gorillaartigen, grunzenden Schwarzafrikaners mitsamt Latzhose und scheppernden Kettenresten an Fuß- und Handgelenk zuständig sind. Benno Sterzenbach als allenthalben alkoholisierter, der prallen Dekadenz anheim gefallener Blaublütiger ist allerdings die größte Schau, nimmt er doch quasi Fröbes bald darauf folgenden Abel Bellamy vorweg und pflegt darüber hinaus die eine oder andere exotische Marotte, die ihm sein ausgelassenes Weltenbummlertum über die Jahre hat angedeihen lassen. Ihm gehören die besten Momente des Films.

7/10