„Les carrots sont cuites.“
The Walk ~ USA 2015
Directed By: Robert Zemeckis
Der exzentrische Nachwuchs-Akrobat Philipe Petit (Joseph Gordon-Levitt) hat einen höchst speziellen Traum: Er will ein Drahtseil zwischen den beiden Türmen des World Trade Center spannen und darauf balancieren. Dieses Unternehmen soll als künstlerische Guerillaaktion in die Geschichte eingehen. Doch bedarf es neben einiger, intensiver Vorbereitung auf dem Seil noch einer brillanten Vorausplanung sowie verlässlicher Komplizen um den „Coup“, wie Philipe ihn ehrfurchtsvoll bezeichnet, durchzuführen. Am frühen Morgen des 7. August 1974 ist es soweit: der junge Mann setzt den ersten Fuß auf das zuvor mühselig gespannte Seil…
Robert Zemeckis macht, abseits von seinen für mich bislang eher uninteressanten Animationsfilmen noch immer recht schwärmerisches, familienkompatibles Kino, das sich auf höchster Ebene nur allzu emotionsbasiert einem bedeutsamen Einzelschicksal nähert.
Der legendäre Drahtseilakt des Philipe Petit vom August 74 wird dabei von Zemeckis geschickt zur Americana umgeformt, zu einem Denkmal für die vor gut vierzehn Jahren zu Fall gebrachten Twin Towers inmitten von Manhattan, die Zemeckis in der Schlusseinstellung vermittels der ihnen gebührenden Melancholie zu zwei golden glänzenden Lichtertürmen einfriert. Paradoxerweise erreichte Petits auf höchst illegalem Wege durchgeführtes (später jedoch als Kavalierselikt geahndetes) Kunststück mit der Zerstörung des World Trade Center nochmals eine zusätzliche Exklusivität. Vermutlich hätte es ohnehin keinen zweiten Wahnsinnigen wie ihn mehr gegeben, den es gelüstet hätte, jenen Coup zu wiederholen; nunmehr bleibt sein „Lauf“ jedoch garantiert ein ebenso unikales wie unwiederbringliches Ereignis. Dabei versäumt „The Walk“ es nicht, Petit hingebungsvoll zu einem Helden seiner persönlichen Façon zu deklarieren, einem gleichfalls verschrobenen und unbeirrbar-zielorientierten, in jedem Falle aber liebenswürdigen Spinner, dem sein Traum über alles geht und der seinem Leben eine sekundäre Bedeutung gegenüber dem künstlerischen Ereignis einräumt. Für Zemeckis eine multiple Möglichkeit, pures Kino im besten Wortsinne zu erschaffen, voll von Humor, Herz und den formalen Spielereien eines eingefleischten Profis. Die Liebäugeleien mit dem vor allem französischen (Vaudeville-)Artisten zu Eigen scheinenden, typischen Savoir-vivre, die jedoch im vorliegenden Falle ganz unverkennbar einer originär amerikanischen Perspektive entstammen, kommen dabei nicht von ungefähr. So wird Petit klammheimlich in eine Ahnenreihe gestellt mit historischen Figuren wie Chevalier, Marceau, Aznavour und vielen anderen, die im letzten Jahrhundert die französische Verschmitztheit zu einem inoffiziellen Teil des Weltkulturerbes gemacht haben.
8/10