THE RIDICULOUS 6

„That is some mystical shit!“

The Ridiculous 6 ~ USA 2015
Directed By: Frank Coraci

Als weißer Waisenjunge bei den Apachen aufgewachsen, erinnert sich White Knife (Adam Sandler) nurmehr an den gewaltsamen Tod seiner Mutter (Catharine Pilafas), als er noch klein war. Nun, viele Jahre später, sucht ihn sein ihm bislang unbekannter leiblicher Vater Frank Stockburn (Nick Nolte) auf – wie sich herausstellt, ein ziemlicher Hallodri, der aber in der Klemme sitzt, weil der Desperado Cicero (Danny Trejo) Franks gesammelte Rauberträge verlangt. White Knife, der eigentlich Tommy Dunson heißt, macht sich auf, seinen Dad auszulösen, was bedeutet, dass es an ihm ist, just die erforderliche Summe zusammenzuklauen. Glücklicherweise gibt es im Westen genug böse Zeitgenossen, die man auf moralisch unbedenklichem Wege um ihr Bestes erleichtern kann. Auf seiner Reise begegnet Tommy dann gleich noch seinen fünf Halbbrüdern (Rob Schneider, Taylor Lautner, Jorge Garcia, Terry Crews, Luke Wilson), die ihn bei seinem Vorhaben redlich unterstützen.

Nicht einen, gleich fünf Schritte rückwärts vollzieht der Sandman mit dieser hemmungslos albernen Westerncomedy, deren humorige Ebene sich irgendwo zwischen „The Waterboy“ und „Little Nicky“ platziert, wobei die Nähe zu letztgenanntem als Genreparodie sich besonders dicht ausnimmt. Nach der capraesk geratenen Entwicklung der letzten Jahre, in denen Adam Sandler ja vor allem die amerikanische Mittelklassefamilie nebst ihren Minimalkrisen und vor diesem Hintergrund die akute Weigerung des Frühvierzigers, sich dem Älterwerden zu stellen, vivisezierte, orientiert er sich im Falle „The Ridulous 6“ schamlos regressiv. Furz- und Genitalwitze kommen da im Trommelfeuerakkord, über Dicke und Behinderte wird sich herzlich amüsiert, die feuchten Flatulenzen des Esels Burro, der die lächerlichen Sechs sozusagen als inoffizielles, siebtes Mitglied „anreichert“, erübrigen Stoff gleich für mehrere Schoten. Eine ganze Reihe Gaststars, darunter etliche altgediente (Steve Buscemi, John Turturro, David Spade, Jon Lovitz), geben sich in Minirollen ebenso die Ehre, wie andere, die sich dem Kanon neu einreihen (Luke Wilson, Nick Nolte). Harvey Keitel spielt einen ewig grinsenden Gauner, dessen dekapitiertes Haupt sogar immer noch grinst, Vanilla Ice gibt einen rappenden Mark Twain, Steve Zahn pult sich selbst ein Auge aus der Höhle, weil er zu einer idiotischen Outsider-Gang gehören will und so fort. Pietäts- und Geschmacksgrenzen kennt der Film nicht und unter anderem diese Tatsache hätte ihm wohl beinahe die Existenz versagt. Mittlerweile gilt der nichtsdestotrotz vielbeschäftigte Sandler nämlich selbst in Hollywood als ziemlich unfehlbarer Megaflop-Garant, weswegen ihm selbst seine früheren Kollaborateure bei Sony oder Paramount die Unterstützung verweigerten und nunmehr schließlich Netflix im Rahmen eines Vier-Filme-Pakets für den Vertrieb von „The Ridiculous 6“ sorgt. Ob der Film nun nichts mehr denn waschechter Bahpfui-Klamauk ist oder doch ein fürstliches Geschenk für den Sandman-Liebhaber früherer Stunden, das mag ein jeder für sich selbst entscheiden. Liebenswert an ihm ist in jedem Falle, dass er seine Sache rigoros durchzieht. Eine gutgemeinte Warnung an jedweden potenziellen Betrachter möchte ich dennoch nicht unausgesprochen wissen.

6/10

SPECTRE

„I just need one more thing.“

Spectre ~ UK/USA 2015
Directed By: Sam Mendes

Ein Einsatz in Mexiko, in dessen Zuge James Bond (Daniel Craig) den Terroristen Sciarra (Alessandro Cremona) erledigt, führt den Agenten zunächst zu Sciarras Witwe (Monica Bellucci) und dann zu dessen Verbindungsleuten, der geheimen Verbrecherorganisation SPECTRE. Deren Vorsitzender wiederum, ein gewisser Franz Oberhauser (Christoph Waltz), ist ein alter Bekannter Bonds – war es doch einst Oberhausers Vater, der den als Kind verwaisten James in seine Obhut genommen hatte. Während Bond zugleich die von Oberhauser aufs Korn genommene Madeleine Swann (Léa Seydoux), die Tochter von Bonds früherem Widersacher Mr. White (Jesper Christensen), beschützen muss, gilt es gleichermaßen, Oberhausers neuesten Plan zu vereiteln: Die Infiltrierung aller großen Geheimdienste der Welt und damit die Verfügbarmachung der wichtigsten, globalen Informationsressourcen.

Erwartungsgemäß kein umwerfender Bond-Film und auch auf dem enger umrissenen Sektor der Craig-Beiträge zur Reihe gewiss keine Epiphanie, kann man „Spectre“ dennoch seine spezifischen Meriten bescheinigen. Diese liegen vor allem darin, sich in weithin gekonnter Form auf die ursprünglichen Qualitäten der Reihe zu kaprizieren, aus dem sich zuletzt manifestierenden, relativ drögen Spionage-Einerlei wieder mehr pulpige Superheldenphantasie herauszuholen und dabei auch wieder mehr Sinn für die gebotene Selbstironie von dereinst an den Tag zu legen. Endlich hat es wieder einen überlebensgroßen, larmoyanten Widersacher zwischen Sadismus und Allmachtsphantasien, der sich zudem als heimlicher Strippenzieher im Hintergrund herausstellt und ja, auch als genau der, von dem es zuvor von offizieller Seite stets hieß, der sei er nicht. Christoph Waltz macht das ziemlich gut und erinnert freilich vor allem an den grandiosen, inoffiziellen Schurken (und Waltzens Landsmann) Klaus Maria Brandauer in „Never Say Never Again“. Dazu gibt es gleich noch den (theoretisch) unfällbaren, stummen henchman Mr. Hinx (Dave Bautista) in der Tradition von Odd-Job, Jaws und all den anderen, der, mit seinem zugigen Ableben die Ahngalerie von Robert Shaw und Julius W. Harris fortsetzend, leider etwas früh scheiden muss.
Wenngleich die „Mission: Impossible“-Filme mit Tom Cruise in gegenwärtigen Tagen längst die bessere Agentenserie repräsentieren, so kann sich Bond zumindest weiterhin als international konkurrenzfähig behaupten. Der Zuschauer erhält ein paar exquisit arrangierte, kernige Actionsequenzen, pompöse Explosionen, Sinn für Exotik, eine nette Gespielin sowie eine Kernstory, die immerhin nicht ganz so egal ist wie die der letzten Filme zuvor. Dem gegenüber steht zwar ein höchst enervierender Titelsong, der gleich nach dem Madonna-Stück „Die Another Day“ auf den untersten Plätzen rangiert, aber damit kann man zähneknirschend leben.
Ob „Spectre“ als Ende der Ära Craig begriffen werden will, lässt sich aus dem Ende nicht recht ersehen, möglich wäre es wohl. Man hörte ja sowohl Craig als auch Mendes zuletzt ziemlich lautstark jammern ob der Strapazen, die so ein Bond-Dreh beinhalte. Am Ende entscheidet darüber wohl wenig mehr denn die Angebotshöhe. Einer sollte aber mindestens noch kommen, denn dann hätte Craig die unliebsamste Phase des Franchise, nämlich die zwischen 1995 und 2002, zu guter Letzt auch in quantitativer Hinsicht überboten.

7/10