„Got room for one more?“
The Hateful Eight ~ USA 2015
Directed By: Quentin Tarantino
Der Kopfgeldjäger John „The Hangman“ Ruth (Kurt Russell) ist in einer Kutsche durch das verschneite Wyoming auf dem Weg zum Städtchen Red Rock, um dort seine Gefangene Daisy Domergue (Jennifer Jason Leigh) abzuliefern. Unterwegs liest er einen Berufsgenossen, den Ex-Unions-Offizier Marquis Warren (Samul L. Jackson) nebst drei bereits dahingeschiedenen „Klienten“ sowie den neuen Sheriff von Red Rock, Chris Mannix (Walton Goggins) auf, der auf dem Weg zu seinem Amtsantritt ist. Um einem heraufziehenden Schneesturm zu entgehen, sucht das Quartett Zuflucht in dem kleinen Lädchen von Minnie Mink (Dana Gourrier), die man jedoch nicht daheim vorfindet. Stattdessen befinden sich der alte Konföderierten-Veteran Smithers (Bruce Dern), ein Mexikaner (Demián Bichir), ein Engländer (Tim Roth) und ein Cowboy (Michael Madsen) in Minnies Haus an. Die folgende, bluttriefende Nacht wird keiner von ihnen überleben…
Wenn ein neuer Film von Quentin Tarantino die Leinwände der Welt heimsucht, dann geschieht dies niemals ohne bombastisches Trara, und ebensowenig ohne Aussparung des Jubilierens seiner umfassenden Anhängerschaft, die sein im Prinzip eindimensionales Rezitationskino regelmäßig und nach wie vor zur tollsten Angelegenheit seit Erfindung der Butterbrotdose verklärt. Diesmal hat Q.T. sich Ennio Morricone gekrallt, der schon seit einer halben Ewigkeit keine US-Produktion mehr vertont hatte und seinen dp Robert Richardson zudem mit dem seit fast fünfzig Jahren nicht mehr verwendeten Kameraformat Ultra Panavision 70 arbeiten lassen, das eine extrem breite Cadrage (im Seitenverhältnis 2,76:1) ermöglicht und zuvor lediglich für zehn Filme zu Zeiten von Hollywoods Silver Age (der letzte davon war Basil Deardens „Khartoum“) benutzt wurde. Der Grund für die schon damals seltene Verwendung dieses Aufnahmeverfahrens lag vor allem in der fehlenden technischen Ausstattung der Filmtheater: Um in den vollen Genuss der 70mm-Projektion mit all ihren bildästhetischen Vorzügen zu kommen, bedurfte es einer entsprechenden technischen Ausstattung. Da über diese weltweit nur wenige, große Kinos verfügten, erwies sich der sehr exklusive Aufnahmeprozess bald als allzu unökonomisch. Kommt jedoch ein querulanter Rotzlöffel vom Schlage eines Q.T. daher, selbstbekokst und narzisstisch wie man ihn kennt, dann wird plötzlich auch dies wieder ermöglicht – allerdings müsste man sich zu einem der wenigen, von der Roadshow beehrten Theater aufmachen, um wirklich etwas von dem 70mm-Vergnügen „The Hateful Eight“ haben zu können. Ob der Film, der noch mehr kostenlose PR dadurch erhielt, dass sein Script vorab geleakt wurde und der infolge dessen zunächst erst gar nicht mehr entstehen sollte, all jenen Aufwand rechtfertigt, kann ich ehrlich gesagt nicht sicher beurteilen. Er präsentierte sich mir als über weite Strecken passabel und zumeist unterhaltsam, ohne jemals in den Verdacht auch nur annähernder Brillanz zu geraten. Sicher erscheint mir vor allem, dass der Film durch Tarantinos Hang zur dialogischen Geschwätzigkeit etliche Minuten länger geworden ist, als er hätte sein müssen, können oder dürfen und somit vor allem ein neuerliches Zeugnis für die grenzenlose Selbsträson seines Autors geriert. Die angestrebte klaustrophobische Atmosphäre aus Carpenters „The Thing“-Remake, als dessen spezielle Avance „The Hateful Eight“ dem Vernehmen nach gedacht ist, erreicht der Film jedenfalls zu keiner Sekunde. Dafür muss Tarantino erstmal erwachsen werden und lernen, sich seine nicht selten aufdringlichen Hommages zu verkneifen sowie sich seinen unablässig bemühten, selbstreferenziellen Humor abzuschminken, der im Grunde jeden einzelnen seiner Filme zugleich immer auch zur Groteske und damit gleichfalls zur Komödie macht. Immerhin kann man Q.T. eine Eigenschaft nicht vorwerfen: die der kreativen Heterogenität.
6/10