OFELAS

Zitat entfällt.

Ofelas (Pathfinder) ~ NW 1987
Directed By: Nils Gaup

Lappland, um das Jahr 1000. Der sechzehnjährige Aigin (Mikkel Gaup) lebt mit seiner Familie von dem, was die karge Natur ihnen bietet. Als eine Horde kriegslüsterner Tschuden auf Raubzug die kleine Wohnstatt überfällt, rettet nur Aigins zwischenzeitliche Abwesenheit ihm das Leben. Er kann vor den brutalen Gesellen bis zu einem kleinen Samen-Dorf fliehen, wo man den Verletzten versteckt und sich nach seinem Bericht entschließt, Richtung Küste zu flüchten. Doch Aigins Rachegedanken lassen ihn nicht los: Der junge Mann will Blutzoll für die Ermordung seiner Lieben. Einzig der geheimnisvolle Schamane und Bärentöter Raste (Nils Utsi) vertraut Aigin. Während die Übrigen sich auf den Weg machen, bleibt Aigin zurück, um gegen die Tschuden zu kämpfen. Doch diese bringen ihn in seine Gewalt und zwingen ihn, sie auf die Fährte der Samen zu führen. Jetzt ist es an Aigin, die bedrohliche Situation für sich zu nützen.

Gaups historischer Abenteuerfilm bietet interessante Einblicke in eine nomadische Kultur, mit der man sich als ordinärer Mitteleuropäer in der Regel kaum befasst: Die der Nordskandinavier. Interessante, mir zuvor überhaupt nicht bewusste Analogien zum Leben der nordamerikanischen Ureinwohner werden sichtbar, etwa hinsichtlich des Zeltbaus und der Verwendung von Waffen und Werkzeug. Kein Wunder und im Prinzip sogar naheliegend, dass Marcus Nispel die Geschichte für sein in den USA produziertes (von mir noch nicht geschautes) Remake kurzerhand in die Neue Welt verlegte, die Samen zu Indianern und die Tschuden zu Wikingern machte, sind doch deren jeweilige popkulturelle Typologisierung und Identifikationsbasis wesentlich ausgeprägter. „Ofelas“ indes wurde sogar in originalem samischem Dialekt gedreht. Besonders ansprechend und von einiger Schönheit sind die breit gesetzten Bilder von Landschaft und Klima um den Polarkreis inklusive einer Einstellung der Nordlichter gegen Ende; die klirrend kalte und dabei sonnenklare Luft, die die Bärte der Darsteller mit Eiskristallen verziert, wird fast spürbar. Als angenehm empfand ich auch, dass Nils Gaup dort Naturalismus walten lässt, wo er angebracht ist, denn dass archaische Krieger auf Raubzug weder Gefangene machen, noch Kompromisse eingehen, ist erwartbar – auch in einem ansonsten durchaus für ein jüngeres Publikum geeigneten und empfehlenswerten Film.
Schnörkellos fein.

8/10

THE SALZBURG CONNECTION

„10 Minutes…“

The Salzburg Connection (Top Secret) ~ USA 1972
Directed By: Lee H. Katzin

Um eine ausbleibende Lieferung von Naturfotografien nachzuverfolgen, kommt der New Yorker Anwalt Bill Mathison (Barry Newman) nach Salzburg. Vor Ort muss er feststellen, dass der betreffende Künstler, Richard Bryant (Patrick Jordan), in eine Spionageaffäre geschlittert ist und von Unbekannten getötet wurde. Bryants Frau Anna (Anna Karina) und deren Bruder Johann (Klaus Maria Brandauer) wissen, worum es wirklich geht: Um eine Kopien von Namenslisten um bislang unentdeckte Nazi-Kollaborateure enthaltende Stahlkiste vom Grunde des unweit gelegenen Finstersees, die im Falle des Falles „reaktiviert“ werden könnten. Diese Kiste ist von einigem Wert – für die Altnazis selbst, für den Mossad, für den US-Geheimdienst und diverse andere Spione, die plötzlich in und um Salzburg herum auftauchen. Mathison hat alle Hände voll zu tun, die arme Anna und sich selbst zu beschützen.

Die Entlarvung von und die Jagd auf Altnazis war um die Spätsechziger und Frühsiebziger, nachdem Eichmann bereits 61 in Jerusalem der Prozess gemacht worden war und die Israelis sich weiter rege um die globale Ergreifung früherer NS-Funktionäre bemühten, auch Gegenstand diverser Spionagegeschichten. Wer eine rundum gelungene, spannende Romanadaption ums Thema sehen möchte, dem sei Ronald Neames drei Jahre später entstandener „The Odessa File“ nach Frederick Forsyth angeherzt, in dem sich Jon Voight als investigativer Journalist auf die Suche nach Sturmbannführern und ähnlich geartetem Gesocks begibt. „The Salzburg Connection“ nun geht zwar auch durchaus in Ordnung, kriegt die Kurve aber nicht so ganz. Auch hier haben wir, wie so häufig, einen Film, der am Ende nicht halten kann, was seine illustre Besetzung verspricht. Neben den Erwähnten darf man noch Wolfgang Preiss und Whit Bissell begrüßen; Udo Kier und Johann Buzalski geben sich nach „Hexen bis aufs Blut gequält“ einen neuerlichen, gemeinsamen Einstand – wenngleich sie leider keine Szene zusammen haben. Mein lang gehegten Verdacht allerdings, dass Lee H. Katzin dann doch besser beim Fernsehen aufgehoben war, bestätigt „The Salzburg Connection“ wieder einmal eindrucksvoll: Der Mann schafft es par tout nicht, die Dynamik einer handelsüblichen Episode jedweder x-beliebigen TV-Serie auf Leinwandformat auszuweiten; selbst eine potenziell aufregende Verfolgungsjagd durch Salzburg entlockt kaum mehr denn ein gutmütiges Lächeln. Wo ein kunterbunter Spionagezirkus, wie die Vorlage ihn offenbar entwirft, einen engagierten Regisseur zu einem atemlosen Ringelreihen animiert hätte, herrschen hier gleichmütige Gefälligkeit und Durchschnittsanspruch. Wäre die erstklassige Darstellerriege nicht, der längst bereitete Mantel des Vergessens verwunderte in diesem Falle sicher niemanden.

5/10

L’IGUANA DALLA LINGUA DI FUOCO

Zitat entfällt.

L’Iguana Dalla Lingua Di Fuoco (Die Bestie mit dem feurigen Atem) ~ I/F/BRD 1971
Directed By: Riccardo Freda

Nahe Dublin wird die Geliebte (Dominique Boschero) des schweizer Botschafters Sobiesky (Anton Diffring) ausgerechnet im Kofferraum von dessen Wagen grausam ermordet aufgefunden, die Kehle aufgeschlitzt und das Gesicht mit Säure verätzt. Der Politiker beruft sich auf seinen Immunitätsstatus und verweigert eine engere Zusammenarbeit mit der Polizei. Also setzt Inspector Lawrence (Arthur O’Sullivan) den eigentlich suspendierten Detective John Norton (Luigi Pistilli) zur Klärung des Falles ein. Es bleibt nicht bei der einen Toten und obwohl Norton engeren Kontakt mit Helen (Dagmar Lassander), der Tochter Sobieskys, schließt, tappt er weiter im Dunkeln. Schon bald hat der mysteriöse Killer auch Nortons Familie im Visier…

Ein in Dublin spielender Giallo von Riccardo Freda mit Pistilli, Diffring, Lassander, Valentina Cortese und Werner Pochath, Musik von Stelvio Cipriani. Das liest sich angemessen amtlich, entpuppt sich jedoch unglücklicherweise als ziemlich fehlgeleiterer Vertreter seiner Gattung. Das an und für sich überaus vielversprechende beteiligte Personal kann leider nicht verhindern, dass „L’Iguana Dalla Lingua Di Fuoco“ nicht nur keinen Zugang zum Betrachter aufbauen kann, sondern auch in sich selbst unschlüssig und konturlos bleibt. Der mittlerweile stolz gealterte Fredo dirigiert etliche Szenen in einer Mischung aus Dilettantismus und Amateurhaftigkeit, die eher für Belustigung denn Atmosphäre sorgt. Die großen Geheimnis des Giallo, nämlich die Kreierung von morbider Schönheit und die Kultivierung unbedingten Stilwillens, bleiben in „L’Iguana“ völlig außen vor. Selbst das narrative Angebot kriminalistischer Deduktion fehlt zur Gänze; es ist unmöglich, die Motivation des Mörders nachzuvollziehen, geschweige denn, der Aufklärung des Falles durch den Detective zu folgen und ebensowenig, das investigative Zusatz-Bonmot gegen Ende (der Stiefvater beging den ersten Mord und inspirierte damit den Ziehsohn) nachzuvollziehen.
Gut, Werner Pochath ist vor allem im Nachhinein infolge der meisten seiner darstellerischen Einsätze als schmieriger Psycho und Bösewicht geläufig, also darf seine Identifizierung schon recht früh als entheimlicht gelten, zumal das DVD-Cover sich diesbezüglich keine sonderliche Mühe gibt. Mit seiner Pläte sieht er sogar einigermaßen unangenehm aus. Die Gründe allerdings für seine urplötzlich entfesselte Mordlust – die der clevere Norton als berufliche Erfolglosigkeit und physische Hässlichkeit ermittelt – scheinen etwas dünn, um nicht zu sagen: albern.
Die Trivia-Sparte der imdb verrät, dass Atze Brauner den Film co-produziert und nach einmaliger Betrachtung auf einen deutschen Kinoeinsatz verzichtet haben soll. Ob da etwas dran ist, weiß ich nicht, aber es passt irgendwie. Zu Brauner wie zum Film. Mittlerweile ist letzterer, eigens (aber ordentlich) synchronisiert und mit leider nur sehr mäßiger Bildqualität, wieder verfügbar, s.o.. Immerhin für Komplettisten und Historiker una buona occasione.

4/10