3 HOMMES À ABATTRE

Zitat entfällt.

3 Hommes À Abattre (Killer stellen sich nicht vor) ~ F 1980
Directed By: Jacques Deray

Der professionelle Pokerspieler Michel Gerfaut (Alain Delon) wird durch Zufall in eine Vendetta des mächtigen Rüstungsindustriellen Emmerich (Pierre Dux) gezogen. Emmerich lässt drei seiner Hauptangestellten, die Skrupel wegen eines fehlerhaften Raketensystems haben und diese publik machen wollen, von gedungenen Killern ermorden. Einen davon (André Falcon) findet Gerfaut des Nachts schwerverletzt in seinem Wagen und bringt ihn, nichts Böses ahnend, zur nächsten Unfallambulanz. Nun ist der zuvor Unbeteiligte ein gefährlicher Zeuge, den es ebenfalls zu liquidieren gilt. Doch Gerfaut ist durchaus imstande, sich seiner Haut zu wehren, wenngleich er weiterhin übersieht, mit welchen Gewalten er wirklich im Clinch liegt.

„3 Hommes À Abattre“ („Drei Männer im Fall“, womit wahlweise die drei Anschlagsopfer oder auch die entgegengesetzten Kräfte Gerfaut, Emmerich und dessen erniedrigter Sekretär Leprince gemeint sein können) wäre sicherlich gern ein an den hochwirtschaftlichen und staatlichen Organen rüttelndes, bedrückendes Werk im Stil von Costa-Gavras, Rosi oder Verneuil. Dieses hehre Ziel verfehlt er jedoch, und das nicht nur um Haaresbreite. Als allzu hinderlich erweist sich vor allem die Eitelkeit des (sich selbst produzierenden) Hauptdarstellers, seinem im Unterhaltungsfach zunehmend erfolgreichen Kollegen Belmondo Konkurrenz zu machen und sich selbst als Actionheld zu stilisieren. Wo üblicherweise in dieser Art Film aufrechte Beamte, unbescholtene Liberale und/oder politische Naivlinge zu Spielbällen der Macht werden und deren ganze korrupte Bandbreite zu spüren bekommen, hat man bei dem sich sehr wehrhaft gebenden Michel Gerfaut nur höchst selten das Gefühl, er sei wirklich in die Enge getrieben oder wisse nicht mehr weiter. Derays Film wird stattdessen im Laufe seines Vorübergehens mehr und mehr zu einer vulgarisierten, ordinären Spielart seiner tatsächlich beklemmenden Vorbilder, so dass das weniger abrupte denn erwartbare Ende dann auch eher aufgesetzt denn wirklich bestürzend wirkt. Pierre Dux als aus dem Hintergrund agierende, graue Eminenz Emmerich, der nur zu seinen Katzen freundlich ist, findet sich als recht stereotyp angelegter villain nicht ohne eindeutige Analogien zu den Bond-Bösewichten jener Tage. Seine von ihm angeheuerten Killer sind im Prinzip völlige Stümper, bei denen man sich alsbald wundert, dass sie überhaupt irgendwas zustande bringen und Delon als über sich hinauswachsender Normalmensch haut wiederum auch nicht ganz hin. Was dann schon mehr Laune macht, sind die spärlichen Actionsequenzen und Gerfauts verschlungene Wege aus der Ausweglosigkeit. Einen dazu passenden Showdown bleibt man uns wiederum schmerzlich schuldig.
Nicht Halbes und nichts Ganzes somit und im Grunde vordringlich für Zeitgenossen von Interesse, die an Delon vor allem dessen machismo und sein gelbzahniges Grinsen schätzen und davon nicht genug kriegen können.

6/10

FLIC STORY

Zitat entfällt.

Flic Story ~ F/I 1975
Directed By: Jacques Deray

Paris, 1947: Der als Soziopath geltende Raubmörder Émile Buisson (Jean-Louis Trintignant) flieht aus der psychiatrischen Haft. Anstatt unterzutauchen, kehrt er jedoch nach Paris zurück und macht bald wieder durch brutale Raubmorde von sich reden. Der junge, ehrgeizige, zugleich jedoch humanistisch geprägte Polizeibeamte Borniche (Alain Delon) von der Sûreté heftet sich an Buissons Fersen, hat allerdings einige Schwierigkeiten, des geschickten Gangsters, der eine immer länger werdende Blutspur hinter sich her zieht, habhaft zu werden. Schließlich gelingt ihm doch noch die Festnahme.

Ein formal wie narrativ sehr konzentrierter Polar, auf authentischen Wurzeln fußend. Der reale Émile Buisson brachte es nach einer Bilderbuchkarriere als unbelehrbarer Delinquenter sowie infolge seiner umfassenden kriminellen Aktivitäten schließlich zum „Staatsfeind Nr. 1“ im Jahre 1950. Von seiner Flucht aus dem psychiatrischen Gewahrsam bis zu seiner Hinrichtung unter der Guillotine vergingen rund neun Jahre, in denen Buisson wahre Leichenberge auftürmte und Raubüberfälle beging (er wurde über dreißig Morden und rund einhundert Raubüberfällen schuldig befunden). In der Tradition der Kriminalfilme Melvilles verzichtet Deray dabei fast stoisch auf eine emotionale Extrapolation der Ereignisse und beteiligten Personen und geht stattdessen streng faktengebunden und mit teils dokumentarischer Strenge vor. Die Anfertigung vollständiger Charakterbilder entfällt infolge dessen beinahe komplett auf den Rezipienten, dem es obliegt, die grundverschiedenen Antagonisten für sich einzuordnen. Erwartungsgemäß erweist sich die von Trintignant gewohnt vorzüglich gespielte Figur des Émile Buisson als die interessantere, schillerndere. Obgleich der Akteur darauf verzichtet, den klassischen, oftmals ödipal geprägten Gangsterwahn, wie ihn vor allem James Cagney in ganz analogen Rollen so denkwürdig zu perfektionieren verstand, in sein Repertoire aufzunehmen, bleibt Buisson durch seine oftmals reglosen Gewaltausbrüche von steter Bedrohlichkeit. Delon als sein Antagonist ist freilich ebenfalls sehenswert, belässt den Kriminaler in seinen durchaus widersprüchlichen Zügen jedoch ein wenig zu konturlos. Eine Minimalschwäche innerhalb eines ansonsten sehr sehenswerten Werks.
Von einigem gehobenen Interesse für das schließlich seines Katz-und-Maus-Status‘ enthobenen Wechselspiel zwischen Beamtem und Kriminellem sind dann nochmal die letzten Minuten, die Delons Borniche die letzten Jahre seiner Beziehung zu Buisson aus dem Off subsummieren lassen. Der Polizist berichtet darin von einem von gegenseitigem Verständnis und Respekt geprägten, bald freundschaftlichen Verhältnis zu dem Massenmörder, den er im Zuge regelmäßig stattfindender Verhöre über einen langen Zeitraum hinweg privat kennenlernen konnte. Allein diese, leider nur kurz angerissene Episode gäbe sicherlich nochmal hinreichend Potenzial her für einen eigenen Film.

8/10

SINGLE WHITE FEMALE

„That’s just so New York.“

Single White Female (Weiblich, ledig, jung sucht…) ~ USA 1992
Directed By: Barbet Schroeder

Ein heftiger Streit mit ihrem Freund Sam (Steven Weber) führt die New Yorkerin Allison (Bridget Fonda) zu der relativ spontanen Entscheidung, betreffs einer Mitbewohnerin für ihr Appartement zu annoncieren. Diese findet sich schließlich in der unkompliziert scheinenden Hedy (Jennifer Jason Leigh), mit der Allison bald eine enge Freundschaft verbindet. Doch irgendwann steht die Versöhnung mit Sam an, was zwangsläufig bedeutet, dass Hedy das Feld räumen muss. Allison kann nicht ahnen, dass ihre Wohnungsgenossin unter einem tief verwurzelten Schuldkomplex und einer damit einhergehenden Persönlichkeitsstörung leidet. Diese äußert sich angesichts der für Hedy unerträglich werdenden Situation in immer heftigeren aggressiven Schüben…

Das Faszinierendste an Barbet Schroeder ist neben seinem schon als kosmopolitisch zu bezeichnenden Werdegang die Heterogenität seines Œuvres als Filmemacher. Dieses reicht von außergewöhnlichen Dokumentationen über Experimentelles und international entstandene Filme abseits des kommerzorientierten Mainstream bis hin zum konventionellen Hollywood-Thriller. Einer der erfolgreichsten Filme letzterer Gattung ist sein feministischer New-York-Film „Single White Female“, der sich im Hinblick auf sein Sujet zumindest auf den ersten Blick auch recht gut bei Polanski, De Palma oder Lumet verorten ließe, dessen formeller Stil und Charakterisierungsstrategien jedoch andere Wege beschreiten. Zwar evoziert das Script mit fortlaufender Entwicklung – trotz allem handelt es sich immer noch um waschechten Suspense – sich gegen Hedy richtende Angst- und Hassgefühle beim Publikum, dennoch bewahrt es stets einen humanen Rest Empathie, der dafür sorgt, dass Hedy trotz der von ihr ausgehenden Gefahr nie zum vollendeten Filmmonster avanciert, sondern stets ein letzten Endes bemitleidenswertes, unverstandenes und tragischerweise untherapiertes Individuum bleibt, das sehr viel frühere aktiverer Hilfestellung bedurft hätte, um seinen psychotischen Anwandlungen präventiv begegnen zu können. Gerade diese Crux, also das emotionale Wechselbad zwischen der Furcht vor der unkontrollierten Zügellosigkeit auf der einen und dem Wunsch nach professioneller Hilfestellung andererseits macht den Film wesentlich mehrdimensionaler als viele andere Vertreter seiner Gattung; man denke nur etwa an die etwa zeitgleich entstandenen „Pacific Heights“ von John Schlesinger und „The Hand That Rocks The Cradle“ des just verstorbenen Curtis Hanson, die jeweils ebenfalls den Einbruch des Irrationalen in kontrolliert geglaubte, bourgeoise Alltagswelten thematisieren, sich jedoch bewusst damit begnügen, die aufziehende Nachtschwärze als reine Unheilssymbole zu figurieren. Ich möchte mutmaßen, dass Schroeder sich damit nicht begnügt hätte, wenngleich vor allem Momente wie der, in dem Hedy durch aktive Fahrlässigkeit (oder Schlimmeres, das bleibt offen) den Tod des zuvor noch gehegten Welpen (poor Buddy!) verursacht, zumindest mich als Hundemann die Wände hoch gehen lassen.
Doch auch als Porträt eines auf eher unsympathische Weise „verhipten“ Manhattan (Hauptdrehort ist das überaus schicke Ansonia Hotel in der Upper West Side) sowie der nach wie vor akuten Probleme karriereorientierter Frauen, sich in einer von – keinesfalls immer fair agierenden – Männern dominierten Wirtschaftsenklave behaupten müssen, punktet Schroeders schön zeitgemäßes Werk. Ein Gewinner!

8/10