THE LEGEND OF TARZAN

„No man ever started with less.“

The Legend Of Tarzan ~ USA/UK/CAN 2016
Directed By: David Yates

Die Kongo-Konferenz in den 1880ern sichert dem belgischen König Leopold II. gewaltige Befugnisse in der afrikanischen Kolonie zu, doch bereits gegen Ende des Jahrzehnts droht dem Monarchen der Bankrott. Um in den Besitz eines sagenhaften Diamentenschatzes zu kommen, stellt Leopold durch Leon Rom (Christoph Waltz), seinen Agenten vor Ort, dem Eingeborenenkönig Mbonga (Djimon Hounsou) die Übergabe seines alten Erzfeindes Tarzan (Alexander Skarsgård) in Aussicht, der seit mittlerweile acht Jahren als John Clayton, Lord von Greystoke, in England die Privilegien seiner adligen Herkunft genießt. Unter einem Vorwand versuchen die Belgier, ihn zurück nach Afrika locken. Doch der clevere US-Diplomat George Washington Williams (Samuel L. Jackson), ein flammender Gegner der Sklaverei, riecht den Braten und überredet Clayton, vor Ort gegen die Umtriebe der Besatzer Widerstand zu leisten. Gemeinsam mit seinen früheren Verbündeten, Menschen und Tieren, ziehen Tarzan und Williams in den Kampf gegen Leopolds Armee, die Force Publique…

Ich bin stets sehr fasziniert gewesen von dem ganzen mythologischen Überbau, den die Tarzan-Saga seit ihren Wurzeln in der Pulp-Literatur vor rund 105 Jahren hinzugewann, der Wandlung der Figur in Film und Comic-Strips und nicht zuletzt den ungezählten Epigonen und Plagiaten. Dabei haben mir die populäreren Filme, vor allem die zwölfteilige Reihe mit Johnny Weissmuller, von dem dann Lex Barker übernahm; die höchst eigenwillige Interpretation von John Derek und schließlich Hugh Hudsons leider oft missverstandener, existenzialistischer Ansatz immer besonders gut gefallen, weil sie alle mir seit meiner – teils frühen – Kindheit sozusagen ins Primatenfeisch und -blut übergegangen sind. Den Animationsfilm von vor drei Jahren habe ich mir wohlweislich erspart, wie ich rückblickend auch mit Yates‘ Interpretation hätte verfahren sollen. Das Ding geht nämlich mit Volldampf in die Binsen. So ziemlich alles, was am jüngeren Blockbusterkino als generisch und langweilig verurteilt wird, findet sich hier mit der Akkuratesse einer Checkliste abgearbeitet. Von der eigenwilligen Magie der Ur-Geschichte, einem fabulierfreudigen, in bislang unentdeckte, wildwuchernde Teile des afrikanischen Dschungels führenden Kolonialmythos, bleibt nichts mehr. Alexander Skarsgårds Tarzan ist ein ausgehöhlter, nur physisch schöner Heros, der mit selbstreflexiver Sicherheit um seine eigene Bedeutung als Popikone weiß und sich damit das Wasser der Glaubwürdigkeit innerhalb der Fabel vollständig abgräbt. Samuel L. Jackson – man muss ja mittlerweile für jeden Multiplexaufwasch dankbar sein, der ihn auch mal unauffällig ausspart – macht es sich gewohnt einfach: er transponiert seinen Nick Fury aus dem MCU kurzerhand in die viktorianische Ära, um einem historischeren Superhelden als den gewohnten Unterstützung zu leisten. Und der Waltz, der spult eben sein gewohntes, aber wie ich finde immer noch ansehnliches Bösewichtsrepertoire herunter. Andere langweilt er ja mittlerweile auch bloß noch. Margot Robbie indes führt die vermutlich egalste Jane vor, die es bisher im Kino zu sehen gab.
Was „The Legend Of Tarzan“ aber endgültig und mit aller Gewalt das Genick bricht, ist der umfassende CGI-Einsatz, der den gesamten Film zu einem unsäglichen, aseptischen Plastikabenteuer degradiert. Die Tiere, die Steppenlandschaften und selbst der Dschungel sind samt und sonders unecht und kommen aus dem Rechner und das Schlimmste: man sieht das zu jeder Sekunde. Wo früher noch phantasiebegabte Set-Dekorateure und Matte-Painter die Illusion tollkühner Lianenschwingerei zu erzeugen wussten, bleibt heute nurmehr die Klebrigkeit einer industriell gefertigten Fabriksüßspeise mit garantiert künstlicher Geschmacksrichtung. Dem gesamten Projekt gerät jede Leidenschaft abhanden; und selbst die eigentlich hübsche Phantastik-Idee, bösen Imperialisten mit einer Horde Seite an Seite mit Löwen und Krokodilen in den Kampf ziehenden Gnus zu Leibe zu rücken und diese nicht nur von der afrikanischen Küste hinfort, sondern gleich zurück bis nach Westeuropa zu jagen, rettet am Ende nichts mehr. Zwar bleibt die Versicherung, dass der Zauber des schwarzen Kontinents im Bedarfsfall auch die Fruchtbarkeit nährt, bloß führt sich jenes Vitalitätsversprechen angesichts des ihm zugrunde liegenden Films böse ad absurdum. Wo nichts ist, kann nichts wachsen.  

3/10