„I was running the fucking Coachella Valley before you were an itch in your daddy’s sack!“
Blood Father ~ F 2016
Directed By: Jean-François Richet
John Link (Mel Gibson), einst ein schwerer Junge, lebt als trockener Alkoholiker auf Bewährung in einem kleinen Trailer-Park am Rande der Wüste von New Mexico und verdient seine paar Kröten mit dem Stechen von Tattoos. Eines Tages meldet sich seine Tochter Lydia (Erin Moriarty) bei ihm, die er schon seit Längerem sucht. Das Mädchen hat Stress mit der mexikanischen Drogenmafia, weil sie im Koksrausch ihren Gönner und Liebhaber Jonah (Diego Luna) erschossen hat. Da Link noch aus Knastzeiten bestens mit den Gangstrukturen vertraut ist, weiß er, dass die Flucht nach vorn momentan das einzige Mittel zur Abhilfe darstellt. Allerdings kann er weder seinem alten Kumpel Preacher (Michael Parks) vertrauen, noch ahnt er, wer Lydia und ihm wirklich ans Leder will.
Ein erstaunlich gelungener Film, der einen sogar noch erstaunlicher dezidiert auftretenden Mel Gibson als Flaggschiff präsentiert. Der Franzose Richet verabreicht der ansonsten ziemlich banalen Geschichte eine formale Frischeinjektion, die zwar auch auf photographische (dramaturgisch immerhin sinnstiftend eingeflochtene) Wackeleskapaden nicht ganz verzichten mag, insgesamt jedoch von der unverbrauchten Genreperspektive des Mitteleuropäers zu profitieren scheint. Von den oftmals eher weichgespülten Charakteren der letzten Jahre steuert Gibsons Figurenzeichnung jetzt wieder mehr Richtung Max Rockatansky und frühem Martin Riggs – einem abgefuckten Solospieler, der besser nicht entfesselt werden sollte, weil man ihm nicht bei schlechter Laune begegnen mag. Es gibt schön erdige Wüstenbilder, wobei Richet mit einiger Bestimmtheit die alte Rocker- und Biker-Romantik frontal zu demystifizieren. Für jenes Unterfangen sucht er sich Michael Parks aus, der momentan tatsächlich wie kein anderer den alten, verrückten und widerlichen Knochen im Kino personifiziert und es schafft, dass man nicht müde wird, ihm dabei genussvoll zuzuschauen. Der von seiner „Gemeinde“ noch immer als Guru angehimmelte Preacher ist in Wahrheit nichts weiter als ein ausgebranntes Ekel, dass einen schnellen Dollar mit Waffenschiebereien und Nazi-Memorabilia macht und nicht zögert, frühere Freunde und einstige Ideale zu verraten. Nix mehr übrig von Freiheit und Weite. Durch diese zum amerikanischen Albtraum mutierte Welt muss John Link also seine Tochter in Sicherheit bringen – keine Frage, dass er das hinbekommt, wobei er offenbar eine Menge seiner eigenen, bekanntlich stark in Verruf geratenen Persönlichkeit in die schauspielerische Waagschale wirft und diverse Dialogzeilen in den Mund gelegt bekommt, die einer reumütigen Entschuldigung für begangene Fehler gleichen. Ich musste zwischendurch immer wieder daran denken, wie toll es doch gewesen wäre, Gibson auch in „Mad Max: Fury Road“ nochmal in Aktion in Aktion erleben zu dürfen – dass er nach wie vor das physsche Rüstzeug dafür besitzt, glaubt man nach „Blood Father“ nur allzu gern. Ich mag den alten Rumpler tatsächlich nach wie vor total gern, wie ich jetzt wieder festgestellt habe, und hoffe, dass er noch ein bisschen was wie dies hier auf den Weg bringt, so lange er kann.
Es sei mir noch gestattet, festzuhalten, dass ich als Synchronenthusiast es als sehr schade und sogar ein wenig schmerzlich empfand, nach langen Jahren nicht (mehr) Gibsons Stammsprecher Elmar Wepper genießen zu dürfen. Immerhin steht mit Martin Umbach ein hervorragender Ersatz parat, der zeigt, dass man sich hinsichtlich der deutschen Vertonung zumindest ein paar fruchtbare Gedanken gemacht hat.
8/10
Ein Gedanke zu “BLOOD FATHER”