SUICIDE SQUAD

„Seriously, what the hell is wrong with you people?“

Suicide Squad ~ USA 2016
Directed By: David Ayer

Die knallharte Regierungsangestellte Amanda Waller (Viola Davis) stellt ein Team aus Superverbrechern zusammen, um nach Supermans augenscheinlichem Ableben auch künftig möglichen Meta-Bedrohungen begegnen zu können. Um die ebenso gestörten wie asozialen Kriminellen zur Kooperation zu „bewegen“, bekommen sie kleine Bömbchen implantiert, die im Illoyalitätsfalle umgehend zur Explosion gebracht werden können. Geleitet wird das Team von Top-Agent Rick Flag (Joel Kinnaman), den mit einem seiner Schäfchen, nämlich der von der dämonischen Enchantress besessenen June Moone (Cara Delevingne), eine Romanze verbindet. Ausgerechnet sie ist es dann auch, die den ersten Einsatz der „Task Force X“, die sich selbst „Suicide Squad“ nennt, erfordert. Die Enchantress erweckt nämlich in Midway City ihren schlummernden Bruder zum Leben und sorgt dort für ein infernalisches Präludium zum Ende der Welt…

Es gibt Schlimmeres. Dennoch ist DCs „Suicide Squad“, nach „Deadpool“ bei der Konkurrenz, der nächste Versuch, die klassischen Superhelden-Universen auf der Leinwand wieder etwas zu entdüstern und ein wenig von ihrem früheren, bunten Übermut zurückzuerbitten, hohl, egal und weitgehend uninteressant geraten. Dabei müht sich David Ayer nach Kräften, dem durchaus traditionsreichen Format einen denkwürdigen Kinoauftritt zu spendieren und kann zumindest ein paar Kastanien aus dem Feuer holen. Eine knorke Songauswahl und ein ziemlich schickes Produktionsdesign vermögen jedoch nicht davon abzulenken, dass „Suicide Squad“ im Grunde überhaupt keine Geschichte vorweisen kann, diese aber in der erweiterten Fassung dennoch auf 136 Minuten ausdehnt und am Ende wenig mehr an Effektivität aufbietet, als sie auch ein Rundgang durch den nächsten Comicladen abwirft. Tatsächlich besteht das Maximum an Innovation darin, eine Reihe bunter, böser Figuren ins Feld zu werfen, die ausschließlich mittels mäßig prägnanten Sprüchen und Witzchen kommunizieren und in wechselnde Interaktionssituationen gepfercht werden, um so kontestartig ihre jeweilige, individuelle Exzentrik exponieren zu können. Zwischendurch kämpft die Truppe gegen lehmige, gesichtslose Zombies, die von den dämonischen Geschwistern auf sie losgelassen werden und hervorragend dazu dienen, das allein durch die schurkischen Metagauner implizierte Gewaltszenario auf ein absolut jugendfreies, anonymes Maß herunterzubrechen. Später bewegt sich der Film dann mehr und mehr Richtung „Ghostbusters“, wobei vor allem der Showdown in einem kräftigen Aderlass des Vorbilds kulminiert. Immerhin: die Szene, in der die Suicide Squad sich in einer verlassenen Bar auf ihre Tugenden und moralischen Pflichten besinnt, hat mir sehr gut gefallen; Jared Leto als Joker fand ich keinesfalls so enttäuschend wie vielerorts geunkt wurde und insgesamt war es nett, ein paar sympathische Comicgestalten aus der zweiten Reihe, die noch vor zwanzig Jahren nicht die geringste Chance gehabt hätten, ein derart hoch budgetiertes Blockbuster-Projekt mit ihrer Aufwartung zu beehren, zum Leben erweckt zu finden. Wie eingangs erwähnt, es gibt Schlimmeres. Besseres aber ebenso, und nicht zu knapp.

5/10

KINGS GO FORTH

„Remember: Loneliness is worst.“

Kings Go Forth (Rivalen) ~ USA 1958
Directed By: Delmer Daves

Frankreich, 1945. Die G.I.s Sam Loggins (Frank Sinatra) und Britt Harris (Tony Curtis) könnten unterschiedlicher kaum sein; erster aus proletarischem Milieu stammend und ein eher grüblerischer Einzelgänger; der andere ein reicher, unbeschwerter Firmenerbe mit exzellenter College-Ausbildung und hinter jedem flatternden Rock her. Als Sam während eines Fronturlaubs an der Riviera die aparte Exilamerikanerin Monique (Natalie Wood) kennenlernt, verliebt er sich vom Fleck weg in sie. Für Monique ist er jedoch von Anfang an nicht mehr als ein guter Freund. Zudem sieht sich Sam gezwungen, seine Zuneigung zu überdenken, als sie ihm offenbart, dass ihr verstorbener Vater ein Farbiger war. Entgegen seiner Vorurteile entscheidet er sich für seine Liebe, doch als Monique Britt kennenlernt, ist Sam endgültig abgeschrieben. Obgleich Sam ahnt, dass Britt sie nur hofiert, um sie ins Bett zu bekommen, will er Moniques Glück nicht zerstören. Als Britt dann sein wahres Gesicht zeigt, ist nicht nur das Mädchen am Boden zerstört. Sam will es Britt heimzahlen. Die Gelegenheit dazu ergibt sich, als beide gemeinsam ein von der Wehrmacht besetztes Städtchen auskundschaften sollen…

In unmittelbarem Nachgang zu „Cowboy“ ließ Delmer Daves dieses bittersüß-romantische Drama folgen, dass den Zweiten Weltkrieg in Europa als interessante Kulisse für den Auf- und Ausbau seiner herzzereißenden Story benutzt. Formal nichts weniger als in absolut diametralem Gegensatz zu „Cowboy“ stehend, setzt Daves hier auf schmale Schwarz-Weiß-Bilder, die die Dreiecksgeschichte jedoch formidabel unterstützen. Es tut gut, Tony Curtis zur Abwechslung auch mal als zumindest semi-widerliches Ekel sehen zu dürfen, da ihm, dem wie ich finde, stets etwas geflissentlich Schmieriges anhaftete, diese Rolle eigentlich hervorragend zukommt. Immerhin kann er am Ende einen Teil seiner Schuld wieder gutmachen und das Zeitlich halbwegs gesühnt segnen. Sinatra indes ist toll als melancholischer Loner und Off-Erzähler, der den Krieg und alles, was er so mit sich bringt, voller Stoizismus als eine weitere Prüfung des ihm ohnehin turbulent begegnenden Schicksals hinnimmt. Man fühlt mit ihm, als er endlich seiner großen Liebe begegnet, diese jedoch kein erotisches Interesse an ihm hegt und stattdessen mit seinem Freund anbendelt, der sie wiederum lediglich als Kerbholz-Trophäe betrachtet und bald fallen lässt wie eine heiße Kartoffel. Ich kenne Ähnliches selbst aus eigener Biographie und so fiel es mir denkbar leicht, die Identifikation mit meinem Namensvetter weitestmöglich zu vollziehen. Wie immer bravourös die wunderbare Natalie Wood, die so ziemlich jeden Film, den sie mit ihrer Präsenz bereicherte, zum Leuchten bringen konnte. Und auch ihre Filmmutter, von Leora Dana gespielt, ist eine dankenswerte, bravourös finalisierte Figur, die ein nachdrückliches Fanal gegen rassistische Ressentiments setzt.
Ein kleiner, vielleicht ein wenig übersehener, aber dennoch wunderbarer Film, dem ein jeder Freund des american drama bei Gelegenheit zumindest eine Chance geben sollte.

9/10

COWBOY

„He always did the best he knew how. I hope somebody can say the same over me.“

Cowboy ~ USA 1958
Directed By: Delmer Daves

Weil er darin die einzige Möglichkeit sieht, seiner geliebten Maria (Anna Kashfi), die in Mexiko lebt, nahe zu sein, lässt sich der Chicagoer Hotelangestellte Frank Harris (Jack Lemmon) von Rinderspediteur Tom Reese (Glenn Ford), der einen Viehtreck zu Marias Vater Vidal (Donald Randolph) nach Mexiko treibt, zum Partner machen. Reese, ein alter Hase im Geschäft, rät Harris dringend davon ab, ist doch das Leben des Viehtreibers keinesfalls von jener Romantik, wie ein Stadtmensch wie Harris sich das vorstellt. Tatsächlich muss Harris bald lernen, dass es hier tatsächlich nicht allein um knochenharte Arbeit geht, sondern dass der streitbare Moralkodex der Cowboys immer wieder mit dem seinen kollidiert. Als ihn dann, am Ziel der Reise angelangt, auch noch Maria zurückweist, wird Harris zunehmend verdrießlich…

Westernexperte Delmer Daves selbst nennt „Cowboy“ jenen seiner Filme, auf den er am stolzesten ist und den er für den gelungsten hält. Tatsächlich erinnert der Plot nicht selten an Hawks‘ „Red River“, obschon er sich an einem Tatsachenbericht des echten Frank Harris orientiert. Wie im großen Vorbild steht im Zentrum des Geschehens die wechselhafte Beziehung eines bärbeißigen Rinderprofis zu seinem Ziehsohn, die von zwischenzeitlichen, reziproken Hassgefühlen geprägt ist, um sich dann am Ende, nach allerlei Turbulenzen und Lebenslektionen, die beide zu lernen haben, in ihrer tiefen Freundschaft bestätigt zu finden. Zwar geht das Krisenpotenzial nie soweit, dass einer von dem anderen gezielt übervorteilt, oder im Stich gelassen wird; dennoch kommt es immer wieder zu starken Spannungen, die vor allem von dem Jüngeren ausgehen, der sich immer wieder schulbemeistert oder sonstwie gegängelt wähnt. Besonders die Enttäuschung darüber, dass die Hauptmotivation für seine beschwerliche Reise, also die schöne Mexikanerin, zwischenzeitlich von ihrem Vater verheiratet wurde und somit nicht mehr frei für ihn ist, verbittert Frank zutiefst und macht ihn zu einem immensen Egozentriker. Doch irgendwann löst die Einsicht den befristeten Persönlichkeitseinbruch ab und Frank wird zu einem Reese gleichberechtigten Profi sowie einem guten Freund. Einer weiteren Zusammenarbeit steht nun nichts mehr im Wege.
Man darf hinter „Cowboy“ trotz der Mitwirkung Jack Lemmons keine Komödie erwarten. Tatsächlich nimmt der Film sein Sujet trotz kleinerer, heiterer Momente, die jedoch nicht über das übliche Maß an Aufhellungselementen im klassischen Genrefilm hinausgehen, höchst ernst. Lemmon weiß durch sein absolut dramenkonformes und actionaffines Spiel sogar ganz speziell zu begeistern und erinnert nachdrücklich daran, dass er eben nicht nur ein großer Komödiant war, sondern auch ein hervorragender Charakterdarsteller und damit ein universeller Meister seines Fachs. Ob ich Daves‘ Selbsteinschätzung derweil stützen würde, wage ich eher zu bezweifeln. Da gibt es ja noch ganz andere Kaliber in seinem ohnehin beeindruckenden Œuvre…

8/10