„You think too much.“ – „First time I’ve ever been accused of that.“
Windtalkers ~ USA 2002
Directed By: John Woo
Nachdem Corporal Joe Enders (Nicolas Cage) als Squad Leader auf den Solomon Islands wegen sturer Befehlstreue die Aufreibung seiner gesamten Einheit mitverantwortet, landet er verletzt und traumatisiert in einem Veteranen-Hospital. Doch die herbeigesehnte, zweite Chance wartet bereits: Enders soll an einer Spezialoperation im Pazifik teilnehmen, in deren Zuge Navajo-Indianer Funksprüche per Geheimcode übermitteln, die für den Feind undecodierbar sind. Enders wird der Navajo Ben Yahzee (Adam Beach) überantwortet, ein lebenslustiger Familienvater, der seinem Kriegseinsatz so naiv und frohgemut entgegensieht wie viele frisch angeworbene Jungsoldaten; Bens Stammespartner und väterlicher Freund Charlie Whitehorse (Roger Willie) steht unter dem Schutz von Enders‘ Regimentskollegen Henderson (Christian Slater). Zu Enders‘ und Hendersons Aufgabenbereich gehört es auch, die Navajo auf keinen Fall in die Hände der Japaner fallen zu lassen und sie gegebenfalls vorher zu töten. Während der Schlacht um die Insel Saipan erleben die Soldaten dann die Hölle auf Stelzen.
„Windtalkers“, auch der grundsätzlich zu bevorzugende, um zwanzig Minuten erweiterte Director’s Cut, macht es einem nicht leicht, ihn zu mögen. Wie nach seinem Fortgang nach Hollywood üblich, versucht John Woo, der authentischen Geschichte um die Navajo Code Talkers das ihm übliche Pathos um Freundschaft und Ehre, Schuld und Sühne zu verarbeiten und nutzt dazu die bewährten Mittel um exzessive Zeitlupeneinsätze, schmerzverzerrte Männergesichter etc. pp.. Was in seinen Hong-Kong-Produktionen der achtziger Jahre noch seine Berechtigung hatte und sich dem übrigen Filmfluss seiner Gangster- und Killer-Epen anpasste, hinterlässt bereits bei „Face/Off“ und auch bei „M:I-2“ (wovon mir vor allem Ersterer bei der letzten Betrachtung mittelschwer zugesetzt hat; mit Zweiterem konnte ich im Zuge der letzten „Mission: Impossible“-Gesamtrückschau zumindest meinen Frieden machen), keinen unbedingt positiven Eindruck mehr. Dabei erreicht Woos akute Sehnsucht nach der Inszenierung von heroic bloodshed und tränentriefender Männerliebe in „Windtalkers“ ihren finalen, amerikanischen Höhepunkt – nach einer weiteren, letzten Hollywood-Produktion ging er wieder zurück nach Asien. Nicolas Cage ist erneut erste Wahl als rigoroser Schmalztopfträger und interpretiert jene von ihm höchstpersönlich formvollendete Mixtur aus schuldbewusstem Trauerkloß und lebensmüden Beinaheirrsinn wie eben nur er das kann. Enders‘ Beziehung zu dem Navajo Ben Yahzee gestaltet sich – kontrastiert von der zwischen Henderson und Whitehorse, die bei jeder sich bietenden Gelegenheit gemeinsam Musik machen – zunehmend komplex und kann am Ende natürlich nur darin ihre conclusio finden, dass er sich für das zwischenzeitlich selbst kurz vom Kriegswahn angenagte Unschuldslamm opfert. Dass Woo ganz allgemein ohnehin eher mit dem propagandistisch gefärbten US-Kriegsfilm der vierziger und fünfziger Jahre liebäugelt, sei ihm in diesem Zusammenhang verziehen.
Deutlich interessanter ist da der unfassbare, pyrotechnische Aufwand. „Windtalkers“ holt den Artillerie- und Infanteriekrieg im Pazifik wohl tatsächlich so feuerverliebt vor die Kamera wie keine Konkurrenzproduktion; was hier in die Luft gesprengt und an Munition verballert wird, das sucht verzweifelt seinesgleichen und findet es nicht. Ich schätze, zumindest in dieser Hinsicht verbleibt Woos Film als bis heute beispiellos und lädt nach wie vor zu ungläubigem Staunen ein. Ob man dabei dem kindlichen Hang zum Explosionsvoyeurismus nachgeben oder bloß den Kopf schütteln soll angesichts der Abermillionen von Dollars, die da vielgestalt ins Bild gesetzt in Rauch und Flammen aufgehen, das muss man mit sich selbst ausmachen. So oder so steht fest: Als anachronistischer, aus vielerlei Blickwinkeln betrachtet seltsam inadäquat wirkender, bildgewaltiger Kriegsfilm ist „Windtalkers“ zumindest das: einzigartig.
6/10
Ein Gedanke zu “WINDTALKERS”