GERALD’S GAME

„Spice things up and try and push the boundaries…“

Gerald’s Game (Das Spiel) ~ USA 2017
Directed By: Mike Flanagan

Um ihre zusehends scheiternde Ehe und das eingeschlafene Sexleben auzupeppen, reisen Gerald (Bruce Greenwood) und Jessie Burlingame (Carla Gugino) in ihre idyllische, aber abgelegene Villa in Alabama. Ein Hanschellenspielchen soll für die nötige Würze bei Akt sorgen. Gerade als die bereits gefesselte Jessie dabei ist, ihren aufkeimenden Widerwillen gegen das sich zu einer Vergewaltigung entwickelnde „Spiel“ zum Ausdruck zu bringen, ereilt Gerald ein tödlicher Herzinfarkt. Unfähig, sich zu befreien, beginnen sich für die unter Durst und Hunger leidende Jessie alsbald, Realität und Halluzination untrennbar zu vermengen; während ein streunender Hund sich an Geralds Leiche delektiert, sieht sich Jessie mit längst vergessen geglaubten, psychischen Untiefen konfrontiert, in denen ihr Vater (Henry Thomas) eine tragende Rolle einnimmt. Und wer ist der geheimnisvolle „Moonlight Man“ (Carel Struycken), der ihr des Nachts erscheint?

Mike Flanagans von Netflix produzierte King-Adaption erinnerte mich an Taylor Hackfords Verfilmung von „Dolores Claiborne“ (wobei ich keinen der beiden zugrunde liegenden Romane kenne) – auch hier gehen eine Sonnenfinsternis und ein tragischer Misshandlungsfall eine unheilvolle Konnexion ein und stehen in direkter Verbindung zu lang verdrängten (Schuld-)Komplexen. Wie oft bei King ist der storyimmanente Horror nebst seinem direkt veräußerten, womöglich übernatürlich geprägten Spannungsmoment lediglich ein allegorisches Ventil, um das Innenleben seiner ProtagonistInnen zu kanalisieren; Jessie Burlingame ist in diesem Zusammenhang eine nicht untypische, king’sche Frauenfigur. Es gibt einen Schlüsselmoment in der Zeit ihrer Frühpubertät, in der ihr Vater einen intimen Augenblick der Isolation zunächst bewusst herbeiführt, um ihn dann auf rücksichtslose Weise sexuell auszubeuten. Als wäre dieser verhängnisvolle Akt nicht bereits zerstörerisch genug, stellt er die verstörte Jessie daraufhin noch unter zusätzlichen Schweigens- und somit Leidensdruck. Jenes widerwärtige Erlebnis wird Jessie trotz zunächst erfolgreicher Verdrängung, nicht nur ihr Leben lang begleiten, sondern dieses noch zusätzlich prägen – auch ihr Gatte Gerald entpuppt sich im Verlauf der gemeinsamen Ehe als ein ausbeuterisches, destruktives Schwein, das es erfolgreich schafft, Jessie in eine schuldbewusste Ecke zu drängen. Der bald während Jessies unfreiwilliger Gefangenschaft auftauchende Moonlight Man, wie sich später herausstellen wird, ein unter Akromegalie leidender Serienmörder, dem Jessie wie durch ein Wunder entkommen konnte, wird sich zum Ende hin als Symbol ihrer endlich erfolgten Emanzipation von der Vergangenheit erweisen; vom gestörten Vater und vom bösartigen Ehemann, die sie beide als Projektionsfläche ihres jeweils zerrütteten Charakters missbrauchten; vor allem jedoch vom irrationalen Hang danach, die Schuld für das erlittene Böse bei sich selbst zu suchen.

7/10

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