BATTLE OF BRITAIN

„We are not asking for anything. Europe is ours, we can walk into Britain whenever we like.“

Battle Of Britain (Luftschlacht über England) ~ UK 1969
Directed By: Guy Hamilton

Spätsommer 1940: Nach dem Einmarsch in Belgien und Frankreich hat Hitler die Einnahme der britischen Insel im Auge. Mit Reichsmarschall Göring (Hein Riess), Chef der deutschen Luftwaffe, schickt er einen überaus siegesgewissen Adjutanten an die französische Atlantikküste, um von dort aus die aus der Luft geplante Eroberung Großbritanniens zu überwachen. Doch bei der hiesigen Bevölkerung Churchills „No Appeasement“-Politik  ist seit der Evakuierung von Dünkirchen überaus populär: Trotz zahlenmäßiger Unterlegenheit und etlicher anfänglicher Verluste schlägt die Royal Air Force die Attacken der Deutschen vehement und immer erfolgreicher zurück. Nachdem die Wehrmacht ihre Luftangriffe im Zuge des „Blitz“ auf London konzentriert, können sich die verbleibenden Kräfte auf den nunmehr von den Attacken vernachlässigten Luftwaffenstützpunkten sammeln und Großbritanniens drohende Okkupation endgültig und erfolgreich verhindern.

Vor allem das psychologische Moment der britischen Gegenwehr, an der auch kanadische, tschechoslowakische und polnische Piloten beteiligt waren, stellte sich im Nachhinein als eminent kriegsentscheidend heraus: Nach dem mit dem Dritten Reich geschlossenen Waffenstillstand Frankreichs und Hitlers weiterem unermüdlichen Vordringen Richtung Süden und Osten war man angstvoll geneigt, dem Diktator selbst noch die Eroberung des gesamten Globus zuzutrauen. Die internationale Erkenntnis, derzufolge man sich dem Reich nicht nur im Hinblick auf einen drohenden Einmarsch entgegenzustellen, sondern es zudem noch an empfindlichen Stellen zu treffen vermochte, ist der Entschlossenheit Churchills und der geschlossenen Gegenwehr der R.A.F. zu verdanken. Fraglos musste auch zu diesem Thema ein prestigeträchtiges, nunmehr als klassisch zu bezeichnendes Kinomonument entstehen, das, wie eine Menge nicht minder qualitätsbewusster, aber doch weit weniger teurer Vorgänger unter britischer Produktionsägide entstand. Nun haben Kriegsfilme, die sich mit Luftkämpfen befassen, es aus rein dramaturgischer Perspektive nicht eben leicht. Technik, Logistik und auf die Fliegerei begrenzte Schauwerte stehen im Vordergrund; für die Kunst des Schauspielens, und handele es sich um noch eine so beeindruckende Ansammlung allerbester Akteure wie hier, bleibt nur allzuwenig Platz. Mit diesem Problem hat „Battle Of Britain“ zu kämpfen wie kein anderer mir bekannter Gattungsvertreter. Wie üblich strotzt die Besetzungsliste vor großen Namen und Stars, doch welchen Wert haben selbst noch die familiärsten Gesichtszüge, wenn nurmehr die Augenpartie sichtbar ist? Hinzu kommt die Notwendigkeit der Ereignisraffung, denn die Luftscharmützel zogen sich über mehrere Monate hinweg. Das Interesse an den – fraglos grandios inszenierten – Fliegerszenen muss da zwangsläufig erlahmen. Immerhin bewahrt der Film einen hübschen, unaufdringlichen Humor und passgenaues understatement. Jene wunderbare, unübertreffliche Szene etwa, in der Edward Fox nach einem erzwungenen Ausstieg mit dem Fallschirm mitten ins Treibhaus einer Vorstadtvilla rauscht und ihm der umtriebige Junge des Hauses daraufhin eine von Papas Zigaretten kredenzt, beweist als eine von mehreren und bei aller ansonsten rechtzufertigenden Mäkelei, dass Hamiltons Film grundsätzlich das Herz am rechten Fleck hat.

7/10

L’ISTRUTTORIA È CHIUSA: DIMENTICHI

Zitat entfällt.

L’Istruttoria È Chiusa: Dimentichi (Das Verfahren ist eingestellt: Vergessen Sie’s!) ~ I/F 1971
Directed By: Damiano Damiani

Der römische Architekt Vanzi (Franco Nero) landet in Untersuchungshaft, weil er verdächtigt wird,  einen tödlich ausgegangenen Unfall verschuldet und Fahrerflucht begangen zu haben. Im Gefängnis legt man ihn in eine Zelle mit teilweise zu lebenslänglicher Freiheitsstrafe verurteilten Kriminellen, vor denen der bourgeoise Vanzi sich bald in Todesangst ergeht. Um sich im Knast Privilegien zu verschaffen, schmiert er zunächst die korrupten Aufseher und lässt sich dann mit dem ebenfalls einsitzenden Paten Campoloni (Georges Wilson) ein. Dieser sorgt dafür, dass Vanzi mit dem schweigsamen Pesenti (Riccardo Cucciolla) zusammengelegt wird, der, wie sich herausstellt, als Kronzeuge in einem Mafiaprozess aussagen soll…

Mit dem etwas umständlich betitelten „L’Istruttoria È Chiusa: Dimentichi“ empfiehlt sich Damiano Damiani bereits recht früh als einer der führenden Regisseure des italienischen Politthrillers mit humanistischem Einschlag. Gern setzte Damiani Protagonisten ein, die im Angesicht des organisierten Verbrechens zu Spielbällen zwischen Mafia und korrupten Staatsdienern werden und denen eine besondere Funktion auferlegt wird, die sie nur mühevoll und unter permanenter Todesangst erfüllen. Von Anfang an hat der sozial wohlgestellte Vanzi, von Franco Nero eindrucksvoll verletzlich gespielt, unter den ihn förmlich aufsaugenden Umständen zu leiden. Bereits die ihm aufoktroyierte Untersuchungshaft tritt er als unschuldig Verdächtigter nur höchst widerwillig an und im festen Glauben, in Kürze wieder ungesiebte Luft zu atmen. Für die Mafia jedoch ist Vanzi ein – möglicherweise nicht ganz zufällig kriminalisierter – Glücksfall. Ein grundsätzlich geachteter, beleumundeter Bürger, wohlhabend, anerkannt, mit hochgestellten Politikern verbendelt: Der ideale „Zeuge“ für den augenscheinlichen Selbstmord eines unliebsamen Mitwissers. Ob Vanzis Gefängnisschicksal komplett von der Mafia konstruiert ist oder der Zufall der ehrenwerten Gesellschaft in die Karten spielt, lässt Damiani weithin offen; mutmaßen lässt sich jedoch Ersteres. Es lässt sich davon ausgehen, dass Vanzi eine strategisch wohlfeil eingesetzte Schachfigur darstellt; ein Bourgeois, der naiv genug ist, an unbelastete Verhältnisse zu glauben. Im Gefängnis offenbart sich ihm dann ein mikrokosmisches Abbild des wahren Lebens da draußen: Korrupte Vollzugsbeamte, feige Strohmänner, hofierte Verbrecher, linke Protestler ohne reelle Chance. Der Vanzi, der am Ende freigesprochen, aber verhuscht die Staatspension verlassen wird, ist ein anderer als jener, der sie einige Wochen zuvor unfreiwillig hat antreten müssen. Seinen Glauben an ein funktionierendes System hat er unwiederbringlich verloren und, was noch sehr viel schlimmer wiegt, seine persönliche Integrität. Während seine Freunde, mit denen er die wiedergewonnene Freiheit begießt, die Untersuchungshaft als kurzfristiges exotisches, sogar schickes Erlebnis abtun, muss der zum Zahnrädchen degradierte Vanzi Pesentis verzweifelter Tochter, die nicht an den Selbstmord ihres Vaters glaubt, ins Gesicht lügen. Vanzi hat sehr viel mehr verloren als nur ein paar Tage Freiheit.

9/10

BRIMSTONE

„I am as God. He is as I am.“

Brimstone ~ USA/UK/NL/BE/F/S/D 2016
Directed By: Martin Koolhoven

Für die stumme Farmerfrau Liz (Dakota Fanning) kehrt ein längst begraben geglaubter Albtraum zurück, als ein neuer Prediger (Guy Pearce) in ihrem Heimatstädtchen auftaucht. Bei dem Fremden handelt es sich um Liz‘ Vater, einen wahnsinnigen Perversen und religiösen Fanatiker, vor dem sie seit ihrer Jugend auf der Flucht ist und der sie immer wieder aufspürt, um ihr das Leben aufs Neue zur Hölle zu machen.

Martin Koolhovens infernalische Passionsgeschichte um eine junge Frau, die den langen, unverwüstlich scheinenden Klauen ihres teuflischen Vaters allen Versuchen zum Trotze nicht entkommen kann, ist gewiss kein eitles Zuckerschlecken für den Rezipienten. Vielmehr findet sich dieser als hilfloser Zeuge eines streng in vier Akte unterteilten, rund zweieinhalbstündigen Höllenritts, der uns die Biographie einer Heldin darlegt, wie sie trauriger und erschütternder kaum sein könnte. Von frühester Kindheit an ist Liz, die eigentlich Joanna heißt und die Tochter niederländischer Emigranten ist, daran gewöhnt, dass ihre Mutter (Carice van Houten) unter den unerträglichen Züchtigungen und Erniedrigungen ihres erzpuritanischen Vaters zu leiden hat. Als ihre Mutter sich ihren „ehelichen Pflichten“ mehr und mehr entzieht und Joanna mit dreizehn Jahren das Pubrtätsalter erreicht, schickt sich der Prediger an, sich die eigene Tochter sexuell gefügig zu machen und später zu ehelichen. Joanna kann jedoch nach einer ersten Vergewaltigung fliehen und landet völlig erschöpft in der Prärie bei einer reisenden Chinesenfamilie, die sie in der nächsten Stadt an einen Bordellbetreiber (Paul Anderson) verschachert, unter dessen „Fittichen“ das Mädchen die nächsten Jahre verbringt. Doch der Prediger macht sie schließlich ausfindig und mithilfe ihrer schwesterlichen Freundin und Leidensgenossin Elizabeth (Carla Juri) kann Joanna dem Wahnsinnigen abermals entkommen. Joanna nimmt die Identität der getöteten Elizabeth an und heiratet, so, wie ihre Freundin es ursprünglich heimlich geplant hatte, den entfernt lebenden, verwitweten Farmer Eli (William Houston). Doch auch hierher folgt der Prediger ihr nach einiger Zeit, wobei die sich nun Liz nennende Joanna heuer nicht mehr allein um ihr eigenes  Leben fürchten muss, sondern auch um das ihrer kleinen Tochter Sam (Ivy George).
Gegenwart, Vergangenheit, Vorvergangenheit und Gegenwart: Koolhovens Erzählweise seines mit den abgründigen Schrecknissen der menschlichen Seele arbeitenden Dramas ist nicht nur inhaltlich von komplexer Morbidität. Vielmehr nutzt er das traditionelle Format des Westerngenres, um sein stark von Laughtons „Night Of The Hunter“, Campions „The Piano“ und einigen anderen Werken um Leidenswege und -geschichten zwischen zertrümmerter Unschuld, Angst, Flucht, Emanzipation und Blutrache beeinflusstes, kraftvolles Horrormärchen um Bigotterie und multiple Höllenkreise zu lancieren. Die immer wieder an Bruegel und Bosch erinnernden, krassen Naturalismus nicht scheuenden Bilder sind bestimmt nicht für jeden; Koolhovens derbe Visionen von einem toten Baby mit zertrümmertem Schädel über einen Stall voller abgeschlachteter Schafe, strangulierte Menschen, Misshandlung, Pädophilie, Feuer und Verdammnis machen es einem nicht eben leicht, die finstere Schönheit von „Brimstone“ einzuzingeln und herauszufiltern. Und dennoch ist er genau das: ein ebenso gewaltiges wie gewalttätiges Beispiel großer unbequemer Kinokunst, ein apokalyptisches Menetekel, dessen Wirkmacht einen auch nach Tagen noch verfolgt und nicht aus dem Griff entlässt.

9/10

WIND RIVER

„Luck don’t live out here.“

Wind River ~ USA/CA/UK 2017
Directed By: Taylor Sheridan

Nachdem die Arapaho-Indianerin Natalie (Kelsey Asbille) tot im winterlichen Wind-River-Reservat aufgefunden wurde, nehmen sich der ortskundige Jäger und Fährtenleser Cory Lambert (Jeremy Renner) und die FBI-Agentin Jane Banner (Elizabeth Olsen) des Falles an. Denn obschon kein direkter Beweis für einen Mord vorliegt, gibt es deutliche Anzeichen für eine Vergewaltigung sowie dafür, dass Natalie in Todesangst um ihr Leben gerannt und dann infolge der Eiseskälte gestorben sein muss…

Das Finale der von Taylor Sheridan gescripteten „border trilogy“ nach „Sicario“ und „Hell Or High Water“ und außerdem der einzige Film jener kleinen Reihe, den der Autor selbst (als zweite Regiearbeit nach sechs Jahren) inszeniert hat, fällt zugleich leider auch am Schwächsten von den Dreien aus. Dieser – wenngleich auf recht hohem Niveau zu äußernde – Vorwurf betrifft Buch und Story gleichermaßen. Sheridan versucht hier, eine Allegorie die fortwährende völkische Misshandlung der amerikanischen Ureinwohner betreffend zu konstruieren. Wie das sich zu Tode rennende, brutal vergewaltigte Opfer, so die relativ grob formulierte Metaphorik des Films, werden die natives nunmehr seit Jahrhunderten in die Knie gezwungen, geschunden und gehetzt. Kulturelle Durchweichung, Bildungsferne, Armut, Alkohol- und Drogenmissbrauch sind die Folgen der zum Großteil noch immer in Reservaten wie Wind River, Wyoming dahinsiechenden Menschen. Diesem unbestreitbar fürchterlichem Zustand wurden schon häufiger Genrefilme gewidmet. „Wind River“ steht also als jüngster Beitrag einer bisweilen stolzen Ahnenreihe. Ob er es als solcher noch immer nötig hat, einen Weißen in der modernisierten Tradition von Lederstrumpf und Old Shatterhand als ethnischen Stellvertreter in den heroischen Mittelpunkt seiner Story zu stellen, halte ich für fragwürdig bis kontraproduktiv. Den ansonsten im Film vorkommenden Indianern fehlt wahlweise Kraft, Legitimation oder Ehrgeiz um die am Ende zur Selbstjustiz ausartenden Bestrafung des bzw. der feigen Mörder Natalies und ihres Freundes (Jon Bernthal) selbst durchzuführen. An deren Statt muss Jeremy Renner etwas wichtigtuerisch jenen Vergeltungsakt übernehmen, der als Ex-Mann einer Stammeszugehörigen (Julia Jones) und Vater einer einst gestorbenen Tochter, die zugleich Natalies beste Freundin war, passend dazu hinreichend Handlungsmotivation auf den Leib geschrieben bekam. Doch nicht nur im Hinblick des kritikwürdigen Plots, auch was die Schaffung involvierender Atmosphäre anbelangt, bleibt „Wind River“ hinter seinen beiden meisterhaften Vorgängern zurück.
Gewiss ist „Wind River“ all meinem obigen Geunke zum Trotz keinesfalls als missglückt zu bezeichnen – seine karge Grundierung und einzelne Szenen wie der shoot out im Camp der Ölraffinerie-Arbeiter lassen ihn in seiner Gesamtheit bestimmt noch immer als sehenswert dastehen. Nur dem sich zwangsläufig stellenden Vergleich mit zwei anverwandten veritablen Kinogroßtaten, dem hält Sheridans Film am Ende nicht ganz stand.

7/10

VOLUNTEERS

„We must all do what we must do, for if we do not, then what we must do does not get done.“

Volunteers (Alles hört auf mein Kommando) ~ USA 1985
Directed By: Nicholas Meyer

Wenngleich sich Laurence Bourne III (Tom Hanks) als Millionenerbe und frisch gebackener Akademiker glücklich schätzen könnte, bringen ihn Spielsucht und schnöselige Arroganz arg in die Bredouille. Da sein Vater (George Plimpton) ihm diesmal nicht aushelfen mag, muss Laurence vor den Schuldnern fliehen. Kurzerhand tauscht er die Identität mit seinem Zimmergenossen Kent Sutcliffe (Xander Berkeley) und reist an dessen Statt nach Thailand, wo er als Vertreter des Internationalen Friedenskorps eine Brücke für ein paar abgeschnitten lebende Dörfler bauen soll. Trott diverser Unwägbarkeiten vor Ort, darunter ein durchgeknallter Opiumboss (Ernest Harada), kommunistische Infiltratoren und ein wirrer CIA-Agent (Tim Thomerson), fühlt sich Laurence mitten im südostasiatischen Schlamassel bald wohler, als er zunächst gedacht hätte…

Noch auf dem Weg zum richtigen, echten stardom spielte Tom Hanks in den Mittachtzigern hier und da in Filmen mit, denen selbst beinharte Bewunderer heutzutage nurmehr einen ganz speziellen Obskuritätenstatus zudenken mögen. „Volunteers“ von Zweimal-„Star-Trek“-Regisseur Nicholas Meyer ist so ein kleiner Exot. Was als relativ zeittypischer Post-Pennäler-Spaß beginnt, entwickelt sich ziemlich rasch zu einer nicht immer ins Schwarze treffenden Groteske und Hommage an David Leans großen „The Bridge On The River Kwai“, die Hanks ins Goldene Dreieck führt, wo er jedem regionalen Klischee begegnet, das nicht bei Drei auf den Bäumen ist – angefangen bei der einfältigen Landbevölkerung nebst vorlautem Dorf-Eulenspiegel (Gedde Watanabe) und blindem, weisen Ratsältesten (n.a.). Selbst der gute, alte Dschungeltiger ist nicht fern. Müßig insofern zu erwähnen, dass mit Professor Toru Tanaka und Clyde Kusatsu neben dem erwähnten Watanabe gleich drei einprägsame Hollywood-Gesichter für ostasiatisches type casting Einzug in die Besetzung hielten. Man fragt sich schon bald unwillkürlich, wo denn wohl Mako oder Cary Hiroyuki-Tagawa abgeblieben sind. Unterstützung für Hanks gibt es nach „Splash“ fürderhin bereits zum wiederholten Male vom Comedy-Kollegen John Candy, der einige der witzigeren Szenen abbekommt als ebenso von sich selbst überzeugter wie leicht beeinflussbarer, amerikanischer Trottel. Am meisten mag ich an „Volunteers“ jedoch Tim Thomerson, der mit seinem Fahrtenmesser „Mike“ spricht wie mit einem imaginären Freund und eine der schönsten Personalsatiren auf die US-Außenpolitik unter Reagan zum Besten gibt. Thomerson hat tatsächlich ein gewaltiges, komisches Talent, das, zumal aufgrund seines sehr viel langlebigeren Status‘ als kleiner Star und /oder Nebendarsteller etlicher Genreproduktionen durch die Jahrzehnte leider nur allzu selten erkannt und ausgeschöpft wurde. Ein sehr sympathischer Akteur, der gewiss viele hochinteressante geschichten zum Besten geben kann.

6/10

LADY MACBETH

„Are you skirts in danger of falling down?“

Lady Macbeth ~ UK 2016
Directed By: William Oldroyd

England, 1865. Die freisinnige Katherine (Florence Pugh) geht eine arrangierte Hochzeit mit dem Neureichen-Spross Alexander (Paul Hilton) ein, dessen knorriger Vater Boris (Christopher Fairbank) vor allem den überfälligen Familienerben von ihr „erwartet“. Alexander jedoch, der weder zu zwischenmenschlicher noch zu körperlicher Liebe fähig ist, lässt ihr nur Verachtung und Widerwillen zuteil werden. In Alexanders Abwesenheit vernarrt sich Katherine in den virilen Stallknecht Sebastian (Cosmo Jarvis), mit dem sie eine innige Affäre beginnt. Als der alte Boris von dem Verhältnis Wind bekommt, lässt Katherine sich nicht beugen – sie tritt die Flucht nach vorn an und entfesselt einen Strudel der Gewalt.

Was auf inhaltlicher Ebene nach viktorianischem Schicksalskitsch auf Groschenroman-Niveau duften mag, entpuppt sich bei der Betrachtung als kraftvolles, konzentriertes Drama um die (historische) Unmöglichkeit für eine junge, selbstbewusste Frau, ein erfülltes Leben zu führen und ihren anschließenden, versuchten Ausbruch aus der biographischen Fremdbestimmung. Katherine, wunderbar gespielt von Florence Pugh, ist zeitlebens ein Opfer von buchstäblichem Freiheitsentzug und charakterlicher Eingrenzung. Über ihr bisheriges Leben erfährt man wenig; obschon sich vermuten lässt, dass sie hinlänglich in gesellschaftlicher Etikette sowie in standesgemäßem Geschlechterverhalten geschult ist. „Lady Macbeth“ beginnt mit ihrem Einzug in das Anwesen des gräulichen Vater-Sohn-Gespanns, das auch sich selbst gegenüber ausschließlich Feindesligkeit, Hass und Argwohn pflegt. Gleich mit ihrer Ankunft findet sich Katherine als unverhohlene Gefangene im eigenen, neuen Hause wieder. Ihre Tage sollen fortan daraus bestehen, sich morgens ihr engkorsettiertes Kleid anzuziehen und die Stunden schweigend und andächtig im kargen Salon des Hauses zu verbringen. Vom Verlassen des Grundstücks rät ihr selbst das Hauspersonal vehement ab – sie könne sich verkühlen und krank werden. Dennoch dauert es nicht lang, bis Katherine die Bekanntschaft Sebastians macht, der alles an Männlichkeit personifiziert, was Katherine sich wünscht. Doch der Tribut, den sie zu entrichten hat, um mit ihrem Liebhaber zusammen zu sein, wird zunehmend blutiger. Am Ende verrät Katherine alles, wofür sie zuvor gekämpft hat, um dem Galgen zu entgehen. Von nun an ist sie wirklich eine Gefangene auf Lebenszeit, in ihrer (nun immerhin selbstherbeigeführten) Einsamkeit.
Aus der besonders im 19. Jahrhundert zu einigem Renommee gelangten literarischen Kategorie „Missratene Töchter“ stammt diese, einer Novelle des russischen Schriftstellers Nikolai Leskov zugrunde liegende und bereits mehrfach adaptierte Geschichte. Wo beispielsweise etwas später bei Fontane jedoch soziale Ächtung und der Kummertod stehen, ist die Katherine in Oldroyds Film weitaus unbeugsamer. Bei ihr manifestieren sich Ablehnung und Geschlechterdünkel zunächst im Widerstand gegen die Konventionen, um sich dann in mehrfachen Mordakten zu entladen, denen keinesfalls mit Gewissenbissen begegnet wird, sondern mit der genüsslichen Gewissheit, das Richtige getan zu haben.
Dass Oldroyd ein etwas eingeschränktes Budget zur Verfügung stand, kommt dem Endresultat nebenbei sehr zupass; so fokussieren sich sowohl die Inszenierung wie auch das Geschehen umso eindringlicher auf den moralischen Verfall seiner Protagonistin.

8/10

EDGE OF HONOR

„These damn trees!“

Edge Of Honor (Slayer) ~ USA 1991
Directed By: Michael Spence

Seit die Holzverarbeitungsindustrie auf der Olympic-Halbinsel im Nordwesten des Staates Washington kaum mehr Gewinne einbringt, widmen sich die zunehmend verzweifelten Einheimischen krummen Geschäften vom Drogenhandel bis zum Waffenschmuggel. Eine kleine Gruppe von vor Ort befindlichen Pfadfindern (u.a. Corey Feldman, Scott Reeves) kommt den beiden Dubs-Brüdern Bo (Ken Jenkins) und Ritchie (Don Swayze) ins Gehege, die gerade einen dicken Coup mit gestohlenen Raketenwerfern landen wollen. Besonders der brutale Ritchie kennt kein Pardon und so sind die Jungs bald gezwungen, sich ihrer Haut mit nicht minder endgültigen Mitteln zu erwehren. Unerwartete Hilfe erhalten sie von der netten Alex (Meredith Salenger), die selbst noch einen Rechnung mit den Dubsens offen hat.

Diese ziemlich krude geratene Mixtur aus Hillbilly-Action und erdnaherem „Goonies“-Abenteuer weiß nicht recht, wo sie eigentlich hingehört, also prescht sie einfach umso rüder querfeldein, mitten durchs Gehölz, sozusagen. Corey Feldman, der in Sachen aufregender Kinder- und-Jugend-Kinogeschichten bereits hinlänglich Erfahrung besaß (und nebenbei denselben Rollennamen wie in „The ‚Burbs“ trägt – Zufall, Fügung oder gar Absicht…?) und „Edge Of Honor“ mitproduzierte, hat in selbigem nach einem schicksalhaften Fund in einer Waldhütte die etwas einfältige Idee, den keinen Spaß verstehenden Hinterwäldlern ihre Präzisionsraketen zu klauen und zu verstecken, um dann bei der Polizei den Helden spielen zu können. Ein verhängnisvoller Plan, denn die skrupellosen und vorzüglich organisierten Ganoven rotten zunächst mal fast das gesamte, nächtliche Pfadfindercamp mit allen zeltenden Kindern und Betreuern aus (hier fühlte ich mich unwillkürlich und ziemlich ungut an das Breivik-Massaker von vor ein paar Jahren erinnert), um das überlebende Quintett durchs Gebirge zu jagen. Nachdem die Kids bereits den ersten Gangster eher versehentlich überwältigen und erschießen, ist die weitere Richtung endgültig vorgezeichnet. Die Verbrecher indes geraten selbst unter Druck, den ihr potenzieller Abnehmer in Seattle, Mr. Sweet (William Crossett) und dessen Hauskiller Blade (Christopher Neame), haben noch weniger Sinn für Humor als sie. So reist Letzterer mit einigem Explosivmaterial an und es kommt zur finalen Konfrontation, in der sich die unterdessen hinzugestoßene Herzdame Alex und ihre fünf Herzbuben als deutlich fintenreicher erweisen als ihre flugs dezimierten Gegner ihnen zutrauen mögen.
Während nun die grundierende Atmosphäre des Ganzen einem typischen Jugendroman ähnelt, passt sich ansonsten gewalttätige Habitus handelsüblicher Waldaction an; es werden etliche Menschen abgeknallt und am Ende eine unfassbare Menge einfallsreicher Fallen aus dicken Baumstämmen, Dynamit und Holzspießen kreiert, die zuvor höchstens Stallone und Schwarzenegger in ähnlicher Vollendung konstruiert haben und die sechs Jugendliche natürlich problemlos binnen ein paar nächtlicher Stunden austüfteln und aufbauen können. Ein bisschen Selbstjustiz (Patrick Swayzes ihm wie aus dem Gesicht geschnittener Bruder Don bekommt von der Salenger kaltblütig eine Kugel zwischen die Augen) obendrauf und fertig ist das gewohnheitsmäßig eben gern kaltservierte Gericht, das hier ausnahmsweise einmal etwas andere Formen annimmt als gewohnt. Seein‘ is believin’…

6/10

DARKEST HOUR

„Those who never change their mind never change anything.“

Darkest Hour ~ UK/USA 2017
Directed By: Joe Wright

Am 10. Mai 1940 wird Winston Churchill (Gary Oldman) im Alter von 65 Jahren infolge des Rücktritts von Neville Chamberlain (Ronald Pickup) zum britischen Premierminister ernannt, nachdem sein Parteigenosse Lord Halifax (Stephen Dillane) den Posten abgelehnt hat. Während Hitlers Armeen das westeuropäische Festland überrennen und zur Atlantikküste vordringen, stellen sich Churchills Vorgänger und Halifax auf diplomatische Verhandlungen mit Hitler und Mussolini ein, während Churchill der festen Überzeugung ist, dass es mit faschistischen Diktatoren keine sinnvollen Gespräche geben könne. Kurz bevor er einknickt, versichert sich Churchill der Unterstützung König George VI (Ben Mendelsohn) und der vox populi. Die am 26. Mai beginnende „Operation Dynamo“, die Evakuierung der eingekesselten britischen Soldaten vom Strand von Dünkirchen mithilfe der zivilen Schifffahrt, erbringt schließlich eine erste, entscheidende Kriegswende.

Was sich eigentlich und recht eindeutig als sinnvolles Präludium zu Christopher Nolans „Dunkirk“ erweist, kam leider erst einige Wochen nach diesem in die Kinos. Schlechte Absprachen werden dafür weniger die Ursache gewesen sein denn bloßer Zufall, dennoch bietet sich „Darkest Hour“ im Rahmen einer kleinen, filmischen Geschichtsstunde als das vorzusichtende Werk geradezu perfekt an. Der Film selbst ist ein durchweg sympathisches Porträt der kriegsentscheidenden Persona Winston Churchills, die Gary Oldmans darstellischer Krone ein weiteres Juwel hinzufügt. Selbst im fatsuit und unter der dicken Maskierung, die ein klein wenig an Oldmans nunmehr auch schon ein Vierteljahrhundert zurückliegende Darstellung des Grafen Dracula in seiner ausgedörrten Seniorengestalt erinnert, lässt sich das nuancierte Spiel und die teils verblüffende Studie des elder statesman, der durch waghalsige Aktionen wie die Gallipoli-Schlacht und seine persönliche Exzentrik seiner Partei nicht selten ein Dorn im Auge war, noch immer hervorragend genießen.
„Darkest Hour“ bildet überaus spürbar dediziertes Traditionskino ab, das nicht eben mit Klischees wie der Rückhalt spendenden Ehegattin (Kristin Scott Thomas) im Hintergrund oder der hübschen, jungen Privatsekretärin (Lily James) als Repräsentantin des „gemeinen Volks“ geizt und auch den berühmt-berüchtigten Eigenheiten des Vorbilds, das den Legenden zufolge tagtäglich Whiskey (Johnnie Walker), Rotwein (Claret), alten Brandy und natürlich Champagner (Pol Roger) und üppige Mahlzeiten im Wechsel mit dicken Zigarren konsumierte und damit nicht selten den Haushaltsetat überstrapazierte, geizt. Churchills überstützt anberaumte, zentralistisch dramaturgisierte Fahrt mit der U-Bahn, die er dazu nutzt, den Widerstandsgeist der Menschen von der Straße abzuklopfen und seine nachfolgende, umjubelte Rede vor dem Parlament, bei der er nachdrücklich klarstellt, das das Empire nicht vor Hitler kriechen werde, stellen erwartungsgemäß die emotionale Klimax von Wrights Film, und das mit allem gebührenden Erfolg.
Eine ehrwürdig-gesetzte, schöne und rundum feine Arbeit, sich unbedingt zur baldigen Wiederholung empfehlend.

8/10

DEATH WISH

„How did faith work out for those people?“

Death Wish ~ USA 2018
Directed By: Eli Roth

Der Chicagoer Chirurg Paul Kersey (Bruce Willis) muss während einer seiner Nachtschichten im Hospital feststellen, dass ausgerechnet seine Frau Lucy (Elisabeth Shue) und seine Tochter Jordan (Camila Morrone) Opfer eines Raubüberfalls wurden. Während Jordan im Koma liegt, stirbt Lucy an ihren Verletzungen. Obwohl der ermittelnde Polizist Raines (Dean Norris) dem zutiefst erschütterten Kersey versichert, dass sein Fall sich aufklären werde, verliert der Mediziner bald die Beherrschung: Eine zufällig in seine Hände geratene Handfeuerwaffe wird zum Helfershelfer bei seinem ersten Auftritt als von den Medien flugs „Grim Reaper“ getaufter Vigilant, dem noch einige folgen sollen, zumal Kersey bald sie Spur ebenjener Verbrecher aufnimmt, die seine Lucy auf dem Gewissen haben…

Einer Angelegenheit bin ich mir zunehmend sicher: Wenn man sich als Rezipient auf einen neuen Film von Eli Roth einlässt, dann sollte einem im Vorhinein bewusst sein, dass gewiss abermals kein sophistisches Feuerwerk auf einen wartet, sondern gewohnt deftige Genrekost von einem durchaus kinokulturbeflissenen Routinier, der weiß, was seine Fans sehen wollen, der aber wohl noch besser weiß, was er selbst zu sehen wünscht. Seinem Werk exponenziell komplexe Gedankenkonstrukte zu unterdtellen oder ihm analytische Anstrengungen zu widmen, könnte sich unter Umständen als immerhin gut gemeinte Redundanz erweisen. „Death Wish“, Roths zweites Remake eines bereits verfilmten Stoffs in Folge, unterfüttert dies mit einiger Vehemenz. Wo das Original von Michael Winner mit im Vergleich hierzu geradezu akkurater psychoanalytischer Anstrengung die Verwandlung eines linksiberalen, bis dato zeitlebens pazifistisch eingestellten amerikanischen Großstadt-Bourgeois in einen sich als Vigilant exponierenden Serienkiller darlegte, lässt Roth geradezu dumpf konnotiertes Actionkino vom Stapel. Auch wenn Bruce Willis mal ein Tränchen kullern lässt – dass er unter immensem emotionalen Druck steht, wie Charles Bronson es seinerzeit noch so nachdrücklich zu vermitteln vermochte, nimmt man ihm zu keiner Sekunde wirklich ab. Vielmehr scheint sein von Sprücheklopfereien flankierter, von sadistischen Zügen geprägter Rachefeldzug sehr viel eher eine Entsprechung seiner tatsächlichen Persona zu sein, die eben nur ein passendes Ventil brauchte, um sich zu entladen. Da sind dann eher eindeutige Rückbezüge auf die vier folgenden Bronson-Sequels erschließbar, die ja einem ganz ähnlichen, sich von Film zu Film mehr und mehr verselbstständigenden Metarealismus frönten. Ob hier ferner Paul Kersey nächtens unterwegs ist, um Blutzoll zu fordern, oder John McClane, das spielt für eine Charakterisierung des Protagonisten letztlich überhaupt keine Rolle mehr – der Vigilantenfilm als Subgenre ist ohnehin längst viel zu facettenreich durchexerziert worden und allzu etabliert, um noch groß um den heißen Brei herumzueiern. Das letzte fehlende Indiz dafür offenbart sich in der gezielten Suche nach und Konfrontation mit den Gangstern, die sich, natürlich „hierarschisch“ entdeckt und abserviert, als unverbesserliche Bösewichte entpuppen und deren Tilgung aus der Gesellschaft somit hinreichend legitimiert ist.
Zwar ist der 2018er-„Death Wish“ nun nicht der große, reaktionäre Waffen-Lobbyisten- und Trump-Film, als den ihn bereits Einige im Vorhinein zu denunzieren versuchten (dafür ist er nämlich viel zu statisch und traditionsbewusst inszeniert und vorsichtig im Umgang mit dem 2. Verfassungs-Zusatzartikel), er ist aber, gerade in Anbetracht der jüngsten, teilweise sehr viel besseren Rächerfilme, auch überhaupt nichts Besonderes. Vielleicht ist gerade jene liderliche Vernachlässigung eines eigentlich verpflichtenden trademark das Enttäuschendste an diesem Film.

6/10

PREDESTINATION

„You’re beautiful. Someone should have told you that.“ – „Well, you just did.“

Predestination ~ AUS 2014
Directed By: Michael Spierig/Peter Spierig

Das letzte große Ziel eines zeitreisenden Agenten (Ethan Hawke) besteht darin, den „Fizzle Bomber“ dingfest zu machen, einen Terroristen, der im New York des Jahres 1975 einen viele Opfer fordernden Anschlag verübt hat. Seine jüngste Spur führt den Agenten zu einem Autoren (Sarah Snook), von dem er sich, selbst als Barkeeper getarnt, nach und nach in einer Kneipe die Lebensgeschichte erzählen lässt. Jener mysteriöse Literat offenbart dem Agenten schließlich, dass er einst als Mädchen geboren wurde und später als junge Frau eine Tochter geboren hat, die dann spurlos aus dem Kinderbett verschwand und sie daraufhin eine Geschlechtsumwandlung zum Mann habe durchleiden müssen. Der Agent heuert daraufhin den Autoren an, um gemeinsam mit ihm den Fizzle Bomber, möglicherweise der Vater des verschwundenen Babys, zu verfolgen…

Das nennt man dann hilfloserweise und in Ermangelung treffenderer Attribuierungen wohl ein „mindfuck movie“: Im Wesentlichen der Kurzgeschichte „All You Zombies“ von Robert A Heinlein folgend, berichtet „Predestination“ die hübsch komplex aufbereitete Story eines Zeitreisenden, der nicht nur irgendwann feststellen muss, dass er selbst sein eigener Widersacher ist, sondern zudem eine schweren Psychose erleidet und schließlich gewahr wird, dass er selbst zugleich seine Eltern und eines Tages sein eigener Mörder ist – ein in perfekter Autarkie beschriebener Lebenskreislauf entblättert sich. Dieses qua definitive Realitätsparadoxon, dass als Kniffe für seinen zuweilen schwindeln machenden Plot zum einen das SciFi-Motiv der Zeitreise und zum anderen das der Transsexualität inklusive sich langsam in Wohlgefallen auflösender Identitätssicherheit nutzt, wurde von den australischsstämmigen Spierig-Zwillingen in zweiter Kooperation mit Ethan Hawke (nach „Daybreakers“) inszeniert.
Die allseits berüchtigte Weise von der Problematik, die Adaption einer short story auf Spielfilmlänge zu bringen, greift auch im Falle „Predestination“ – die anfängliche Rückblendenverkettung, in der der ganz literarisch passend als „unmarried mother“ kreditierte Autor seine Biographie feilbietet, nimmt allzu viel Raum der ohnehin nicht allzu ausgedehnten Erzählzeit ein. Was man dem Film jedoch wiederum zu Gute halten kann, wäre die Tatsache, dass die Spierigs nicht versuchen, die dem der Vorlage möglicherweise unkundigen Zuschauer die finale Conclusio mit twistender Brachialgewalt um die Ohren zu hauen, sondern ihre ebenso intime wie monströse Auflösung geradezu behutsam Schicht für Schicht freilegen, bis hin zur unausweichlichen Gewissheit, dass sämtliche wesentlichen Handlungsträger (mit wenigen Ausnahmen) durchweg ein und denselben Menschen verkörpern. Ein sehenswerter, kluger Genrebeitrag somit.

8/10