„You sent me to whore school!“
Red Sparrow ~ USA 2018
Directed By: Francis Lawrence
Die erfolgreiche Primaballerina Dominika Egorova (Jennifer Lawrence) kann nach einem Unfall auf der Bühne nicht mehr tanzen. Um ihre kranke Mutter (Joely Richardson) weiter über die Runden bringen zu können, nimmt Dominka daher das Angebot ihres zwielichtigen Onkels Vanya (Matthias Schoenaerts) an, als Spionin zu arbeiten. Nach einem ersten Auftrag, der sie zugleich zur Mordzeugin macht, ist Dominika endgültig in Vanyas Hand. Sie wird ein „Red Sparrow“, eine Sonderagentin, deren Hauptaufgabenbereich in der Verführung und gezielten Verwirrung ihrer Opfer liegen. Zugleich wird der CIA-Mitarbeiter Nate Nash (Joel Edgerton) auf Dominika aufmerksam. Die beiden verlieben sich ineinander und Dominika versucht alles, Nate entgegen den Anweisungen ihrer Auftraggeber zu schonen, derweil ihr Hass auf Vanya immer größer wird.
Ich will es mal so sagen: Hätte Paul Verhoeven diesen Stoff inszeniert – und ich bin sicher, zumindest vor 15, 20 Jahren hätte es keinen treffenderen Regisseur gegeben – man hätte zur Feier des Tages noch ein paar Schamhaare obendrauf serviert bekommen. So bleibt ein aparter Wunschtraum davon, was der Niederländer mit diesem so nonchalant mit sex & crime hantierenden Spionagestoff, dessen Plot auf dem Mist des vormaligen CIA-Angestellten und heutigen Romanciers Jason Matthews gewachsen ist, angestellt hätte. Ich musste bei der Betrachtung von „Red Sparrow“ jedenfalls häufig an Verhoeven und seine früheren, lustvollen Attacken auf die Ästhetiktoleranz des Mainstream-Publikums denken. Potenzial dafür lässt Lawrences Film ja noch hinreichend durchscheinen, am Ende möchte er dann aber doch viel lieber ein klassisch konnotierter Spionage- und Romantikthriller mit viel „Ninotchka“ im Herzen sein, denn kerniger camp oder gar offensive Subversion, die ein NC-17-Rating riskiert. Das ist soweit ja auch in Ordnung, verlangt dann aber eben mancherlei Abzüge in der B-Note.
Zunächst einmal ist „Red Sparrow“ in Zeiten, in denen vermeintlich komplex aufbereitete Agentenfilme wieder an jeder Straßenecke stehen und seine in diesem Zusammenhang etwas schwächliche Geschichte unverschämt lang geraten. Nicht, dass er deswegen langweilig wäre, aber dreist nimmt seine gedehnte Narration sich doch aus. Dann wäre da die merkwürdige Geschichte mit der Sprache. Der Film lässt die Russen untereinander englisch mit russischem Akzent sprechen (bzw. analog dazu in der Synchronfassung deutsch mit russischem Akzent). Dass die Darsteller englisch statt russisch sprechen, ist ja nicht weiter wild und ohnehin gängige Praxis, aber wozu bitte den albernen Akzent? Dass die Grundzüge der Story zudem stark an Luc Bessons „La Femme Nikita“ gemahnen, lässt sich wiederum verschmerzen, vermiest „Red Sparrow“ aber auch den letzten Originalitätspreis. Jennifer Lawrence hat nach den „Hunger Games“-Filmen jedenfalls scheinbar ein neues Serien-Zuhause (in Romanform gibt es bereits zwei Fortsetzungen) gefunden, praktischerweise gleich mit demselben Regisseur von zuletzt im Schlepptau. Die Frau ist geschäftstüchtig, so viel ist sicher.
6/10