MIENTRAS DUERMES

Zitat entfällt.

Mientras Duermes (Sleep Tight) ~ E 2011
Directed By: Jaume Balagueró

César (Luis Tosar) ist Hauswart in einem Mehrfamilienhaus in Barcelona. Seine Mutter (Margarita Roset) liegt, unfähig, sich zu artikulieren, in einem Krankenhaus. Sie weiß, dass mit César Manches nicht stimmt, zumal er ihr  regelmäßig von sich berichtet. César ist einsam, hat keine Freunde und kompensiert seine Isolation damit, die Bewohner „seines Hauses“ zu manipulieren. Am Schlimmsten trifft es die junge Journalistin Clara (Marta Etura): César hat es sich zur Angewohnheit gemacht, sich allabendlich unter ihrem Bett zu verstecken, sie nach dem Einschlafen per Narkotikum zu betäuben und dann unbemerkt neben ihr zu nächtigen. Parallel dazu schreibt er Clara erniedrigende Briefe und SMS. Eigentlich sucht César jedoch keine Liebe oder Zuneigung. Eigentlich möchte er nur eins: Dass Clara nie wieder lächelt…

Privatsphärenphobiker obacht: Jaume Balaguerós trefflich sarkastische, schwarze Komödie steht ganz in der Tradition von Polanskis Mietshaus-Trilogie oder von Schlesingers „Pacific Heights“, wobei diesmal keine MieterIn, sondern der Hauswart unwägbare innere Abgründe vorweist. Auch verrückte Hausmeister pflegen eine kleine, aber beständige Genretradition, der Luis Tosars César einen besonders bösartigen, schillernden Vertreter hinzusetzt. Der Akteur entwirft das geschlossene Bild eines waschechten Psychopathen, dessen boshafte Natur sowohl verhindert, dass er enge zwischenmenschliche Kontakte pflegen kann, als auch, dass er längerfristig eine Arbeitsstelle behält. César ist ein Berufsnomade in Barcelona, der immer wieder aneckt und dann woanders neu anfangen muss. Doch geht auch sein solipsistisches Dasein nicht spurlos an ihm vorbei; allabendlich steht er auf dem Dachfirst, um sich herunterzustürzen. Doch seine diabolische Kreativität und manchmal auch das Schicksal selbst verhindern jedesmal aufs Neue den erlösenden Sprung. Man weiß nicht, was César zuvor schon alles angestellt hat; seine durchtriebenen Einmischungen in die Lebensläufe der Hausbewohner und Mitangestellten lassen allerdings hinreichend spekulieren. Ganz wunderbar finde ich, wie einserseits zentral und andererseits lapidar Balagueró Césars Charakteristik entwirft. Wenn der so schwer gestörte Mann tatsächlich einmal die Contenance einbüßt, dann garantiert allein und lediglich unter Beobachtung des Zuschauers. Auch, wenn sein kriminelles Potenzial noch weit davon entfernt ist, das Prädikat „genial“ auferlegt zu bekommen, so wahrt er selbst in der Gegenwart seiner Verdächtiger und Ankläger stets augenscheinliche Ruhe und Gelassenheit, mit zwei Ausnahmen: Einem kleinen Mädchen (Iris Almeida), das ihm mit Erpressereien zusetzt, demonstriert er nachhaltig, was wirkliche Bösartigkeit ist und einem Angreifer (Alberto San Juan), der sein Treiben durchschaut hat, muss er im offenen Zweikampf beikommen. Ein – recht gemeiner – Verdienst des hervorragend ausgearbeiteten Scripts liegt dann in der seltenen Chuzpe, den so bösen Antihelden auch im Epilog noch ein letztes Mal reüssieren zu lassen.
Als galliges Porträt einer zutiefst vulnerablen, von allseitigem Misstrauen und Paranoia geprägten, modernen Gesellschaft gehört „Mientras Duermes“ zum Besten, was ich in jüngster Zeit zu sehen bekommen habe. Klasse!

9/10

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