„Führerbefehl: Verschüttetes germanisches Erbe ist zu retten.“
Lebensborn ~ BRD 1961
Directed By: Werner Klingler
Der systemkritische Luftwaffenoffizier und Ritterkreuzträger Klaus Steinbach (Joachim Hansen) kommt wegen Hochverrats vor Gericht. Auf dem Weg jedoch kann er die Gunst der Stunde in Form eines Partisanenüberfalls nutzen und die Identität eines weitaus linientreueren Kameraden, des Oberleutnants Adameit (Horst Keitel), annehmen. Adameit war zu einem der „Lebensborn“-Heime abberufen worden. Was sich dahinter verbirgt, erfährt Steinbach vor Ort schließlich höchstselbst: Auf Geheiß der SS werden Kinder angeblich „arischer“ Herkunft dorthin wahlweise aus Frontgebieten verschleppt oder gar unter „fachmännischer“ Selektion der zukünftigen Eltern, gezielt gezüchtet. Steinbach verliebt sich in Doris Korff (Maria Perschy), die Privatsekretärin des größenwahnsinnigen Hauptsturmführers Dr. Hagen (Harry Meyen), und wagt schließlich gemeinsam mit ihr die Flucht…
Naziploitation, made in Germany. Atze Brauner produzierte diese frühe „Aufarbeitung“ der Lebensborn-Umtriebe gemeinsam mit seinem Bruder Wolf für die Alfa-Film als kleines Kolportage-Drama, wie es gerade sechzehn Jahre nach Kriegsende unangehme Wahrheiten zu formulieren wusste, ohne die nach wie vor nach Absolution lechzende deutsche Volksseele allzu sehr zu belasten. Wie das geht? Ebenso, wie seinerzeit stets in derlei Fällen verfahren wurde: Indem man kurzerhand einen dissidierenden Wehrmachtssoldaten, ein Fliegerass zudem, zum Helden deklarierte. Überhaupt gibt das Script von Will Berthold sich auffallend Mühe, zwischen SS-Schergen und Wehrmachts-Helden sorgsam zu differenzieren, so wie der gemeine deutsche Wirtschaftswunderbürger nur allzu gern sah und hörte: Auf der einen Seite Himmlers dekadente, stets etwas aristokratisch auftretende Totenkopf-Clique, auf der anderen Seite die mittels leicht proletarischer Erdanbindung gezeichneten Frontschweine, die ja eh längst erkannt haben, dass „die da oben“ wahnsinnig sein müssen. Der Mythos von „Des Teufels General“ lebt fort. Auf dieser extradick mit Volksseelenbalsam eingefetteten Präambel fußend nun also ein mit allen Klischeewassern gewaschenes Ensemblestück, in dem allerlei beliebte wie später noch international auftretende Darsteller sich die Ehre geben, so etwa auch Marisa Mell oder Hellmut Lange.
Abseits seiner peinlich simplifizierenden Schwarzweiß-Zeichnung ist Klinglers Film natürlich ein treffendes Beispiel spekulativer deutscher Filmkunst. Zu seinen stärksten Momenten zählen die immer wieder rekurrierenden Schnittgewitter, etwa, wenn die von Dr. Hagen nach ihren Schädelvermessungs-Attributen zusammengeführten Eltern-Paare ein ekstatisches Sommersonnenwende-Ringelreihen begehen, oder in dem postapokalyptischen Finale, in dem die eigentlich zum Tode verurteilte, jedoch geflüchtete Doris sich eines verwaisten Mädchens an Kindesstatt annimmt. In diesen wenigen Augenblicken findet „Lebensborn“ zu einer ansonsten leider kaum spürbaren Kraft, die ihn dann doch noch zu einer sehenswerten Arbeit gedeihen lässt.
6/10