„Just need to take care of something.“
Alone ~ USA 2020
Directed By: John Hyams
Nach dem Selbstmord ihres Mannes (Jonathan Rosenthal) zieht Jessica (Jules Willcox) aus der gemeinsamen Wohnung aus. Mit Sack und Pack im Anhänger begibt sie sich auf eine langwierige Autoreise zu ihrem neuen Heim, die sie durch die gebirgige Provinz Oregons führt. Unterwegs überholt sie einen sich seltsam verhaltenden Jeep-Fahrer (Mark Menchaka), nicht die letzte Begegnung mit dem Mann. Jener entpuppt sich nämlich schon bald als gefährlicher Psychopath, der offenbar bereits routiniert darin ist, Frauen zu kidnappen, in einer abgelegenen Waldhütte gefangenzuhalten und dann sonstwas mit ihnen anzustellen. Obgleich ihre Gegenwehr ziemlich aussichtslos ist, nutzt Jessica jede sich bietende Chance, dem Unbekannten zu entkommen.
Nach seinen sehr wohlwollend beleumundeten beiden „Universal Soldier“-Sequels schürt Peter Hyams‘ ebenfalls im Regiefach tätiger Sohn John die Erwartungen genreaffiner Cinephiler mit jedem neuen Projekt. Sein jüngstes Werk „Alone“, das Remake eines (mir unbekannten) schwedischen Films namens „Försvunnen“ (dessen Autor Mattias Olsson auch für das „Alone“-Script verantwortlich zeichnet), erweist sich als eine ausgereifte Fingerübung im Suspense-Fach, die ihre gute Schmierung vor allem Hyams‘ vortrefflicher Mise-en-scène verdankt. Während sowohl der Plot als auch dessen Dramaturgie auf hinlänglich bekannte Motive des Kidnapping-Thrillers und Terrorkinos zurückgreifen, man sich als Rezipient diesbezüglich also zwangsläufiger Schablonenhaftigkeit aussetzt, überzeugt Hyams mit formaler Rafinesse und dem allzeit spürbaren Ehrgeiz, Althergebrachtes gleichsam anregend zu recyceln. Wo ein Stoff, wie „Alone“ ihn zentriert, in den letzten zehn, fünfzehn Jahren üblicherweise als morastige Rape-&-Revenge-Story mit deftiger Effektarbeit verhandelt worden wäre, befleißigt sich Hyams mithin klassischer Formeln und bereitet diese durchaus erfolgreich wieder auf. Audiovisuell forcierte Sadismen, wie sie durch Vergewaltigung oder Erniedrigung des (vornehmlich weiblichen) Opfers innerhalb der Gattung jüngst reetabliert haben, finden in „Alone“ keinen Platz, ebensowenig wie ostentativ befleißigte Make-Up-Arbeit. Ganz nach hitchcock’scher Lehre setzen die Ereignisse uns von Anfang an in exakt dieselbe Wissens- und Wahrnehmungsspur der Protagonistin und lassen diese in all ihrer Verzweiflung gerade so rational agieren, wie das Gros des Publikums es an ihrer Stelle ebenso täte; weder erweist sich Jessica als so dumm, potenzielle, aber allzu riskante Offensiven zu ergreifen, noch sich während ihrer Flucht durch die plumpen Provokationen ihres angenehm „menschlich“ gezeichneten Widersachers beirren zu lassen. Der bloße Überlebensinstinkt setzt das Opfer hier ausnahmsweise wirklich mal in den naheliegenden psychologischen Vorteil der in die Ecke gedrängten Gejagten und mit einigem Genuss wohnt man dieser dann auch bei, wie sie im Showdown zunächst die verwundbarste Stelle des an sich biederen Wochenend-Gewalttäters sondiert und sich zunutze macht.
Ein sich auf angenehme Weise entrollender, konzentrierter Film somit, der es sich weitaus weniger leicht macht als es zunächst den Anschein hat.
7/10
Ein Gedanke zu “ALONE”