OXYGÈNE

Zitat entfällt.

Oxgène (Oxygen) ~ F/USA 2021
Directed By: Alexandre Aja

Eine junge Frau (Mélanie Laurent), unter vermeintlicher Amnesie leidend, erwacht aus dem Tiefschlaf in einer kokonartigen Hülle, die sich wiederum in einer futuristischen, kryogenetischen Kapsel befindet, den Körper mit Sonden und IV-Eingängen gespickt. Sie nimmt mit dem Interface der Einheit, einer hochkomplexen K.I. namens MILO (Medical Interface Liaison Operator) Kontakt auf, um zu erfahren, wer sie ist und warum sie sich in dieser Situation befindet. Der Sauerstoffvorrat sinkt rapide und Flashbacks, die sie nicht zu deuten weiß, rasen parallel dazu durch ihre Wahrnehmung. Die Frau findet durch den Austausch mit MILO heraus, dass ihr Name Elizabeth Hansen lautet. Ein Notruf bei der Polizei bringt alsbald nur noch mehr Verwirrung. Verzweifelt versucht sie, die Kryo-Kapsel zu öffnen, was sich zunächst als unmöglich und später sogar als potenziell tödlich erweist. Die Einheit befindet sich nämlich weder dort, wo Elizabeth sie vermuten würde, noch ahnt sie zu diesem Zeitpunkt um die Ungeheuerlichkeit ihrer wahren Existenzgrundlage…

Sieht man verhältnismäßig viele Genrefilme, muss man sich gezwungenermaßen irgendwann mit der mehr oder weniger leidseligen Tatsache abfinden, dass das Gros an entsprechend aktuellem Nachschub sich in Relation zum Umfang der durchgespielten Ideen zunehmend aus bereits verhandelten Topoi, Motiven, Versatzstücken und Variationen speist, die Suche nach narrativem Einfallsreichtum sich gegebenenfalls also frustrierend gestalten mag. Ist man allerdings bereit, jene ohnehin wenig kunstformaffine Präferenz zurückzustellen und sich stattdessen vordringlich mit perfomativen Aspekten des Mediums zu beschäftigen, behalten bei einigermaßen sorgfältiger Selektion erfreuliche Erlebnisse weiterhin die Oberhand. Alexandre Ajas jüngste Regiearbeit, eine Netflix-Produktion, bildet diesbezüglich keine Ausnahme.
Der von Christie LeBlanc gescriptete Ein-Personen-SciFi-Thriller verarbeitet etliche (auch) aus jüngerer Zeit bekannte und vielfach durchexerzierte Tropen. Parallelen zu Gustav Möllers „Den Skyldige“, der gleichfalls die Verdichtung auf reine Telekommunikation als Sprachmedium, einen hermetischen Raum und einen solitären Protagonisten pflegt, drängen sich ebenso auf wie der jüngst ja durch Villeneuves Sequel revitalisierte „Blade Runner“-Stoff um künstliche (hier: geklonte) Humanwesen und deren Identitätssuche, vom unheimlich zugespitzten Dialog Mensch – A.I. ganz zu schweigen. Die Ära Corona findet ferner ihren zeitgenössischen Nachhall durch ein die Menschheit in die Dezimierung treibendes, tödliches Virus. Eine Menge Holz also für eine Geschichte, die sich auf eine in einer sargähnlichen Überlebenshülse befindlichen Frau konzentriert und ausschließlich für gefälschte Erinnerungsfetzen daraus hervorbricht. Doch wir haben es am Ende immer noch mit einem Film von Aja zu tun, was zumindest für dessen Connaisseur gewisse Qualitäten a priori impliziert. Zudem ist die Performance Mélanie Laurents ziemlich fabelhaft und trägt die ihre Figur zentrierenden, dramatischen Ereignisse bis ins überraschend versöhnlich stimmende Finale hinein. Auf ihrem in (subjektiv empfundener) Echtzeit durchlittenem Trip quer durch eine Erkenntniskausalitätskette des ganz intimen Schreckens folgt man der Ersatz-Liz, einer Weltraumeldin wie ihrerzeit Ellen Ripley, die, nachdem sie sich ihrer Nemesis entledigt hat, im Dauerpowernap geradewegs ins Ungewisse düst, trotz einer Vielzal an Déjà-vus mit ungebrochen gespannter Aufmerksamkeit bis hin zu ihrem nachgesetzten, hoffnungsvollen Morgen.

7/10

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