„Nom-nom?“
The Suicide Squad ~ USA/CA/UK 2021
Directed By: James Gunn
Die aus im Gefängnis einsitzenden, kriminellen oder geistesgestörten Metawesen bestehende, von Agent Amanda Waller (Viola Davis) rekrutierte „Task Force X“ aka „Suicide Squad“ erhält in weitgehend neuer Zusammensetzung einen weiteren Auftrag: Die Truppe soll auf der von einer Militärjunta beherrschten Karibikinsel Corto Maltese einfallen und eine von Regierungstruppen schwer bewachte Festung namens „Jotunheim“ zerstören, in der ein mysteriöses Forschungsprojekt names „Starfish“ beheimatet ist. Die Suicide Squad landet in zwei Abteilungen an der Küste von Corto Maltese, wobei die erste, mit Ausnahme von Colonel Rick Flag (Joel Kinnaman) und der verrückten Harley Quinn (Margot Robbie), unmittelbar aufgerieben wird. Die kleinere, aber deutlich wehrhaftere Abordnung besteht aus dem Söldner Robert DuBois (Idris Elba) alias „Bloodsport“, dem selbsternannten „Peacemaker“ Christopher Smith (John Cena), dem irren Laborexperiment Abner Krill (David Dastmalchian) alias „Polka-Dot-Man“, dem maritimen Halbgott Nanaue (Sylvester Stallone) alias „King Shark“ und der mit absoluter Macht über Ratten ausgestatteten Cleo Cazo (Daniela Melchior) alias „Ratcatcher II“. Gemeinsam arbeitet sich das Team bis in die Hauptstadt vor, nimmt den Projektleiter Gaius Grieves (Peter Capaldi) alias „Thinker“ gefangen und gelangt mit dessen Hilfe in die Mauern von Jotunheim. Die ursprüngliche Mission kann unter Verlusten erfüllt werden, doch mit der Einebnung des Gebäudes wird zugleich eine neue, furchtbare Gefahr entfesselt. Von nun an muss die Suicide Squad auf eigene Rechnung arbeiten…
Wie der „Guardians Of The Galaxy“-Betreuer James Gunn zu seinem Zwischenspiel beim DCEU kam, dürfte ja hinlänglich bewusst sein. Dass damit zugleich ein kleiner, kreativer Brückenschlag zwischen den beiden Comicfilm-Riesen vollzogen wurde, erweist sich als so gleichermaßen reizvoll wie schadenfreudig: Während Disney und MCU-Mastermind Kevin Feige Gunn vormals eher in weitgehend domestizierten Schranken arbeitenund seine bekanntermaßen im derberen Filmschaffen wurzelnde Kreativenergie sich in psychedelischen Space-Gags sublimieren ließen, konnte er bei DC zum ersten Mal seit seinem zweiten Film „Super“ wieder vollends die Sau durchs Dorf und es gerade so bunt treiben, wie ihm der freche Schnabel gewachsen ist. Das Resultat ist die erste echte splatter comedy im großbudgetierten High-End-Superheldenfilm, eine liebenswert-böshumorige Burleske, in der geholzt wird, dass die Schwarte kracht. Dabei wird die makrokosmische Anbindung an Zack Snyders DC-Trilogie aufrecht erhalten und es handelt sich tatsächlich auch nicht, wie gelegentlich aufzuschnappen war, um ein Reboot von David Ayers „Suicide Squad“, sondern um ein echtes Sequel, das zur gleichen Zeit allerdings eine umfassende Renovierung des Originals betreibt. Bekanntermaßen wurde Ayer damals gehörigst in die Schranken gewiesen und dazu angehalten, seine Vision dieses verlottertsten aller Heldenteams so jugendfrei als möglich abzuliefern. Die Gags darin nahmen sich dementsprechend eher durchgemangelt aus und der overfiend wenig denkwürdig. Mit all diesen kleinen und großen Faux-pas räumt Gunn in seiner sehr persönlich gefärbten Vision der Squad rigoros auf: Ihren selbstmörderischen Beinamen trägt die Task Force X nunmehr völlig zu Recht; unmittelbar zu Beginn wird der gewissermaßen zur Ablenkung der Kerngruppe dienenden Vorhut der Garaus gemacht, als gäbe es kein Morgen mehr und die Marschrichtung des Films damit auch gleich unumwunden vorgegeben. Der im Folgenden von Gunn ausgerollte Irrsinnsteppich besteht aus einem Füllhorn mitunter brillanter visueller Einfälle, kleinen, manchmal etwas überschmückt scheinenden Nebenepisödchen [über Wert und Nutzen der als Bypass eingeflochtenen Kurzromanze zwischen Harley Quinn und dem Inseldespoten Luna (Juan Diego Botto) ließe sich etwa diskutieren – zweifelsohne dient sie in erster Linie dazu, Robbie Screentime zu verschaffen] und natürlich dem famosen Endkampf gegen den klassischen JLA-Gegner Starro, einen gewaltigen, außerirdischen Seestern, der sich seine Untertanen mittels kleiner Versionen seiner selbst, die er auf deren Gesichter pflanzt, gefügig macht. Wenn man es recht bedenkt, konnte der in Gestalt und Ausprägung nicht mehr ganz zeitgemäße Starro auch nur von einem wie Gunn zum Leinwandleben erweckt werden, die meisten anderen Filmemacher hätten sich vermutlich bis auf die Knochen blamiert. Schließlich lassen sich Gebrauch und Kompilierung der Figuren als gehörig sarkastisches Statement begreifen – die zur neuen Suicide Squad zählenden Charaktere sind, natürlich mit Ausnahme von Fanliebling Harley Quinn, die, ohne allzu augenfällige Beschränkungen zu erfahren, im Prinzip das einzig greifbare räsonistische Bindeglied zwischen dem etablierten DCEU und Gunns abgefucktem Grand-Guignol-Zirkus darstellt, allesamt letztklassige Seitenfüller, an die sich in erster Linie wohl nur wandelnde Comic-Enzyklopädien erinnern werden. Dass es zugleich aber nur solche vergessenen TertiärschurkInnen sein können, mit denen Gunn ins Feld zieht, ist letzten Endes so evident wie eigentlich alles andere auch an diesem rüpelhaft-spaßigen Film.
8/10