„What codename will you use?“
The Day Of The Jackal (Der Schakal) ~ UK/F 1973
Directed By: Fred Zinnemann
Im September 1962: Nachdem das Attentat von Petit-Calmart auf den französischen Staatspräsidenten Charles de Gaulle gescheitert ist und dessen Mitinitiator Bastien-Thiry (Jean Sorel) zum Tode verurteilt wird, weigern sich die entkommenen, führenden Köpfe der rechtsnationalen OAS, kleinbeizugeben. Sie engagieren einen englischen Profikiller (Edward Fox), der fortan unter dem Codenamen „Schakal“ solitär die gesamte Organisation eines weiteren Anschlages plant. Minutiös und ohne Rücksicht auf zwischenzeitliche Hürden, dabei stets verfolgt von dem als besonders geschickt bekannten Ermittler Claude Lebel (Michael Lonsdale) und einer ganzen Batterie internationaler Unterstützer, bahnt sich der Schakal seinen Weg immer näher zu de Gaulle, bis er, fast auf den Tag genau ein Jahr nach dem letzten Attentat, seine Mission zu erfüllen trachtet.
Der Killer als Held: Zur Entstehungszeit von „The Day Of The Jackal“, seiner drittletzten Regiearbeit, war der etwa 66-jährige Fred Zinnemann bereits ein recht spärlich arbeitender Filmemacher, der sich nurmehr noch vergleichsweise selten für ein Projekt einspannen ließ. Sieben Jahre zuvor hatte er für die Robert-Bolt-Adaption „A Man For All Seasons“ seinen zweiten Oscar gewonnen und war seither nicht mehr in Erscheinung getreten. Für diese Verfilmung eines Romans von Frederick Forsyth kehrte er auf den Inszenierungsstuhl zurück. „The Day Of The Jackal“ gliedert sich dabei passgenau in den umfangreicher werdenden Korpus zeitgenössischer, vornehmlich europäischer Thriller ein, die aus primär linker Perspektive mal mehr, mal weniger authentische Staatsstreiche, Verschwörungen und Politdystopien verhandelten. Nicht von ungefähr erinnert Zinnemanns hier befleißigter Stil häufig besonders an den von Costa-Gavras. Entgegen früherer, nicht selten von einer starken emotionalen Involvierung des Publikums geprägten Herangehensweisen ging Zinnemann diesmal nämlich höchst konzentriert und diszpliniert, mit fast asketischer Genauigkeit zu Werke. Eine beinahe dokumentarisch anmutende Akribie, eine allen Schmuckes entledigten Bildsprache nutzend und ohne Verwendung von extradiegetischer Filmmusik schildert er die sich über fast ein Jahr hinziehenden Vorbereitungen des Killers, der, trotz einer großen Menge ihn zentrierender Szenen für den Zuschauer ein biographisch und auch weitgehend psychologisch unbeschriebenes Blatt bleibt. Der damals noch unbekannte Edward Fox spielt die Titelrolle in einer ganz eigenen Mixtur aus Charisma, diabolischer Intelligenz und Zielstrebigkeit, die sein unnachgiebiges Vorwärtskommen glaubhaft werden lässt. Mehrfach einkalkulierte und durchgeführte Identitätswechsel zählen ebenso dazu wie die Fähigkeit, jeder noch so brisanten Situation zu entgehen. Dass er so schnell wie emotionslos tötet, wer ihm im Wege ist, lässt den Schluss zu, dass seine Skrupellosigkeit mindestens von soziopathischen Persönlichkeitszügen profitiert. Wer versucht, ihn zu übervorteilen, wie ein genuesischer Ausweisfälscher (Ronald Pickup), stirbt umgehend, zudem lotet der Schakal rigoros die Schwächen von WegeskreuzerInnen aus, um sie sich nutzbar zu machen. Eine nur oberflächlich kühle, ausgehungerte Strohwitwe (Delphine Seyrig), deren Landvilla der Killer als Unterschlupf ausersieht, muss daraufhin ebenso das Zeitliche segnen wie ein Homosexueller (Anton Rodgers), in dessen Pariser Wohnung er sich zwischenzeitlich versteckt hält. Sein Engagement wird ihm dabei irgendwann zur Privatsache, augenscheinlich sogar unabhängig von der Bezahlung seiner zweiten Auslobungshälfte: Zwischenzeitlich immer wieder eingekreist oder identifiziert, verzichtet der Schakal auf jede sich ihm bietende Option zur Flucht und behält die Erfüllung der Mission stoisch im Blick, was ihn letzten Endes das Leben kosten wird. Hernach wird er anonym in einem schmucklosen Grab beigesetzt, seinen erfolgreichen Widersacher Lebel als einzigen Beerdigungsgast.
Dabei liegt Zinnemanns paradoxestes Verdienst vielleicht darin, den villain, der so viel mehr sinistren Sex vorschützt als der schlaffe Lonsdale, zum dramaturgischen Helden zu deklarieren – vielleicht wünscht man dem Schakal nicht eben, dass es ihm gelingt, de Gaulle zu erschießen, dennoch tut es einem irgendwie leid um ihn, der sich doch über fast zweieinhalb Erzählstunden diese immense Mühe gemacht hat.
9/10