„It’s hammerin‘ time!“
Thor: Love And Thunder ~ USA/AUS 2022
Directed By: Taika Waititi
Wie sich zuvor bereits abzeichnete, verträgt sich die mehr und mehr ausufernde Hybris des mittlerweile wieder in körperlicher Bestform befindlichen Thor Odinsohn (Chris Hemsworth) nicht allzu gut mit den pausenlosen Egotrips von Peter Quill (Chris Pratt) und denen der übrigen Guardians Of The Galaxy – umso leichter fällt beiden Fraktionen [Thor wird weiterhin begleitet von seinem felsigen, treuen Bro Korg (Taika Waititi)] der Abschied voneinander. Ein Hilferuf führt den Donnergott a.D. zu seiner früheren Gespielin Sif (Jaimie Alexander) – diese hat im Kampf gegen den rachsüchtigen, dämonenhaften Gorr (Christian Bale) einen Arm eingebüßt – und dann weiter nach New Asgard auf der Erde. Dort begegnet Thor neben Valkyrie (Tessa Thompson) auch seiner alten Liebe Jane Foster (Natalie Portman) wieder, die nunmehr als „Lady Thor“ den wieder zusammengesetzten Mjölnir schwingt. Gemeinsam macht man sich an die Verfolgung Gorrs, der eine größere Gruppe von Kindern aus New Asgard entführt hat und damit einen ganz bewussten Köder legt: Gorr, dessen Ziel darin besteht, sämtliche Götter des Universums hinzuschlachten, benötigt nämlich Thors Streitaxt Sturmbringer. Jene vermag nämlich eine Regenbogenbrücke zu der kosmischen Entität Eternity, welche einem seinen sehnlichsten Wunsch erfüllt, zu schlagen…
Die Marschrichtung, die sich im letzten Thor-Abenteuer „Ragnarok“ bereits so überdeutlich abzeichnete, verfolgt Regisseur Taika Waititi mit „Love & Thunder“ nur umso konsequenter weiter – er überführt den einstmals biernen Ernst der Figur und der sie umwabernden Mythologie endgültig auf das Terrain der Komödie. Für Hauptdarsteller Hemsworth nebenbei ein regelrechtes Familienunternehmen, bestimmen nunmehr quirkiness, queerness und camp den Duktus des jüngsten MCU-Kinobeitrags, in dem der schöne Ase vollends zur Selbstpersiflage geführt wird. Selbstherrlich, arrogant und nicht allzu intelligent gelingt es Odinsohn, kaum eine Heldentat ohne kleinere oder größere Katastrophen zu vollbringen, vom freilich nach wie vor der alten Dramatik verpflichteten Showdown gegen Gorr gewiss abgesehen. Nachdem bereits die meisten der jüngeren MCU-Zuwächse von stetig wachsender Ironie und Spaßverpflichtung geprägt waren, lässt Waititi nunmehr die blanke Absurdität triumphieren, indem er pausenlos Einfälle abfeuert, die den Titelhelden und seinen bisherigen Leinwand-Werdegang karikieren und dekonstruieren. Garantiert keine pathetisch geschwungene Rede, die nicht irgendwie ausfranst und nach hinten losgeht, garantiert kein machistischer Wesenszug, der ungesühnt bleibt. Seinen Gipfel erreicht das Ganze in jener in mehrerlei Hinsicht zentralen Sequenz, in der Thor und seine GefährtInnen in die Allmachtsstadt reisen, den interdimensionalen Göttertreff, um dort die Hilfe von Zeus (Russell Crowe) persönlich zu ersuchen. Jener erweist sich als spaßsüchtiger, aufgedunsener alter Filou mit Hang zur Clownerie, der sich lediglich auf die nächste Orgie freut, dabei jedoch keinerlei Interesse hegt, gegen einen Götterschlächter mit Nekroschwert ins Feld zu ziehen. Den frech protestierenden Thor macht er darauf kurzerhand zum unfreiwilligen Chippendale. Das Ganze erinnert in Aufzug, Visualisierung und grotesker Narration – wohl kaum von ungefähr – an Mike Hodges‘ seligen „Flash Gordon“, respektive jene unnachahmliche Szene in Imperator Mings Thronsaal, in der man American Football spielt. Es würde mich demnach kaum wundern, wenn „Love And Thunder“ ein ganz ähnliches Schicksal wie einst auch diese Preziose erleiden sollte; Thor Nr. 4 macht es großen Teilen seines prinzipiell avisierten Publikums infolge seiner gnadenlos parodistischen Agenda nämlich nicht eben leicht. Selbst dem Nebenschauplatz Brustkrebs, der die arme Jane Foster ereilt und der gerade durch deren Nutzung Mjölnirs besonders fatale Ausmaße animmt, wird im Grunde kaum der gebührende Ernst eingeräumt. Schließlich muss man sagen, dass die „Guardians“-Reihe den Einsatz klassischer Rocksongs wesentlich einfallsreicher handhabt. Viermal Guns N‘ Roses (freilich in denkbar offensichtlichster Präsentation) und einmal Dio (zum Abspann) erfordert jedenfalls keine sonderlich sorgfältige Kuratierung.
Möglicherweise ist „Thor: Love And Thunder“ einfach ein Film, dem noch eine größere Zukunft beschieden ist; kommende Generationen von Filmhistorikern werden in ihm vielleicht das reaktionäre Produkt einer globalen Depression als Zeitzeichen ausmachen oder seinen Status innerhalb des MCU als stilistische Initiallösung oder thematische Zäsur analysieren. Gegenwärtig pendeln meine Eindrücke wohlwollend irgendwo zwischen „nett“ und „amüsant“.
7/10