DOG EAT DOG

„I warned you, Dog.“

Dog Eat Dog ~ USA 2016
Directed By: Paul Schrader

Troy (Nicolas Cage), Mad Dog (Willem Dafoe) und Diesel (Christopher Matthew Cook) bilden ein Trio krimineller Knastvögel, das sich in vielerlei Hinsicht bestens ergänzt. Alle drei bergen ein unberechenbares, hochaggressives Potenzial, sind nicht die Hellsten, frönen allem, was ungesund ist und rennen irrationalen Träumen vom ganz großen „Gig“ nebst sorgenfreiem Leben hinterher. Ein alter Bekannter von Troy, El Greco, der Grieche (Paul Schrader) vermittelt ihnen kleine Coups, mit deren Erlös sie ihren unstillbaren Bedarf an Nutten, Alkohol und Drogen zumindest kurzfristig stillen können. Schließlich soll es aber doch einmal richtig lukrativ werden: 750.000 Dollar gilt es abzustauben für einen Auftrag, der die Entführung des Babys eines säumigen Schuldners (Louis Perez) vorsieht. Das Ganze endet in Chaos und Tod.

Peu à peu möchte ich mich gern endlich dem in meiner Kopfsammlung noch verbleibenden Regieœuvre Paul Schraders widmen und plane diesbezüglich chronologisch rückwärts vorzugehen. „Dog Eat Dog“ nun ist als Schrader-Werk zumindest auf den ersten und wahrscheinlich auch zweiten Blick nicht a priori identifizierbar. Zwar ist auch dieser, vorrangig von einer aus Filmstudenten bestehenden Crew in Minimalzeit abgedrehten Edward-Bunker-Adaption eine gewisse maskuline Melancholie inhärent, insgesamt jedoch gefällt sich der Film in der zutiefst absurd abgerissenen (und insofern zugleich immens komischen – ich musste oft sehr lachen) Darstellung einer scheiternden, kriminellen Großaktion, deren Handlangertrio krachend an der eigenen Inkompetenz scheitert. Cages Troy berichtet den Hergang der Geschichte via voiceover, was jedoch bekanntermaßen längst kein Garant mehr für einen wie auch immer zu erwartenden Ausgang darstellt. Im Prinzip bilden die drei Protagonisten dabei die drei Achsen eines gleichseitigen Dreiecks. Die in solchen Erzählungen naheliegende Volte, das Versagen des Plans infolge der üblichen Unwägbarkeiten vor Ort dem größten Psychopathen im Bunde anzulasten, greift hier wiederum bestenfalls an der Oberfläche. Auch garantiert weder seine Erzählstimme noch sein längster Überlebensstatus nicht unbedingt Troys vorrangige diegetische Position; vielmehr widmet sich die auktoriale Perspektive allen drei Gangstern relativ gleichberechtigt. Alles beginnt mit einer Mad Dog zentrierenden Eingangssequenz, die bereits das groteske Timbre der kommenden 90 Minuten zielgenau umreißt. Wie er sein Antlitz, vom Schnee und H in andere Sphären versetzt, als amorphes Zerrbild im Spiegel betrachtet, das muss man sehen. Der unschätzbare Willem Dafoe als Mad Dog bildet womöglich ohnehin die vorrangigste Darstellung als koksender Junkie, der längst jeden Bezug zum Irdischen eingebüßt hat, dies jedoch zugleich auch recht bestimmt einschätzen kann. Cooks Diesel derweil ruht als tickende Zeitbombe die meiste Zeit in sich und vollbringt es via kaum exponiertem Kraftaufwand, sich irgendwie im Zaum zu halten. Am ehesten an die Schrader-Typologie des vergebens seiner Erlösung nachjagenden Verlierers angelehnt ist dann doch Troy, wobei auch dieser die oftmals mit dem Wahnhaften liebäugelnde Normativität des schraderschen Antihelden mit ungewohnten Extremen auskleidet. Zehn, zwanzig Jahre zuvor hätte „Dog Eat Dog“ im Fahrwasser all der Tarantino-Epigonen es gewiss deutlich schwerer gehabt, zumal eindeutige Analogien, die sich im teils unablässig vorgetragenen, gestelzten Knacki-/Gangsterdialog äußern, absolut eklatant sind. Auch ein Guy Ritchie ist da nicht weit. Mir gefällt jedoch viel besser der Vergleich mit John Cassavetes‘ „Husbands“, von dem Schrader gewissermaßen eine postmoderne, aufgegrellte Variation darbietet, die jedoch, ganz wie das große Vorbild, von destruktiven Irrwegen kriselnden, männlichen Selbstverständnisses berichtet.

8/10

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