„I don’t fuck celebrities.“ – „Well, I don’t fuck nobodies.“
Interview ~ USA/CAN/NL 2007
Directed By: Steve Buscemi
Statt wunschgemäß zu einer eminent wichtigen Pressekonferenz nach Washington D.C. fliegen zu dürfen, soll der New Yorker Politjournalist Pierre Peders (Steve Buscemi) das Schauspielstarlet und It-Girl Katya (Sienna Miller) interviewen. Gleich ihr erstes gegenseitiges Beschnuppern in einem hippen Restaurant läuft beiden zuwider und das Treffen platzt binnen weniger Minuten. Koinzidenziell begegnet man sich jedoch schon kurz darauf auf der Straße wieder, woraufhin beide in Katyas luxuriösem Loft landen und sich zu einem wechselseitigen Seelenstriptease herausfordern, der bald jedoch eine ganz andere Richtung einschlägt, als es zunächst den Anschein macht…
Buscemis vierte Kinoregie „Interview“ firmiert als Neuverfilmung des vier Jahre zuvor entstandenen, gleichnamigen holländischen Originals des zu Lebzeiten streitbaren Regisseurs Theo van Gogh. Selbiges ist mir leider noch nicht bekannt, ich wäre jedoch wenig verwundert, mit ihm eines Tages des sehenswerteren der beiden Werke angesichtig zu werden. „Interview“ dient wohl in erster Linie als eherbietige Hommage von einem Filmschaffenden an den anderen, darauf lässt eine entsprechende Widmung im Abspann ebenso schließen wie die Übernahme der AntagonistInnen-Bezeichnungen oder ein Cameo der vormaligen, sich dort gewissermaßen selbst spielenden Hauptdarstellerin Katja Schuurman gegen Ende. Van Gogh wurde im November 04 von einem islamistischen Attentäter in Amsterdam auf offener Straße ermordet, was landesweit noch eine ganze Reihe unerfreulicher Kausalereignisse provozierte. Ein Blick ins Netz illuminiert schließlich: Es sollte ursprünglich eine ganze Trilogie von van-Gogh-Remakes aus US-amerikanischer Fertigung entstehen. Stanley Tucci lieferte noch einen zweiten Beitrag namens „Blind Date“, ein dritter („1-900“), den John Turturro inszenieren sollte, wurde offenbar nie realisiert.
Buscemis demzufolge (primär?) aus künstlerischer Solidaritätsbekundung heraus geborener „Interview“ ist nun kein ausgesprochen schlechter oder misslungener Film, er genehmigt sich jedoch einige Lässlichkeiten, angesichts derer man sich doch etwas wundern muss. Auf der Scriptebene etwa fällt auf, dass sich die Dialogvolten, die verwendet werden, um das im Prinzip ja völlig wider Willen beisammen befindliche Paar für rund eine Stunde in Katyas Wohnung festzusetzen, kaum je glaubwürdig gestalten. Es gäbe etliche gute Anlässe für beide, sich deutlich früher zu trennen, was auch die immer wieder aufflammende, reziproke Anziehung seltsam behauptet dastehen lässt – allerspätestens in Anbetracht des twistenden Finales. Wenngleich Buscemi und Miller das Ganze toll spielen, versucht er als Regisseur dem Zweipersonen-Kammerstück immer wieder durch hektische Wackelphotographie und Suspense-Musik einen zusätzlichen Spannungsbogen zu verleihen. Offenbar fühlte Buscemi sich infolge des Settings nicht ganz wohl und vertraute der solitären Kraft des Scripts nicht zur Gänze, was durch besagt inszenatorische Kraftakte eben immer wieder augenfällig wird. Das Ende schließlich vollzieht eine wenig sympathische und auch kaum schlüssige Kehrtwende zurück zum Nullpunkt, zumindest was den opportunen Charakter des Reporters anbelangt. Das „Interview“ zugrunde liegende Menschenbild, das sich zuvor alle Mühe machte, sich durch scheindifferenzierte Selbstöffnung einen positiven bis komplexen Charakter zu verleihen, wird kurzerhand rigoros zertrümmert und auf einen ziemlich reaktionären Zynismus reduziert. Dem Romantiker in mir läuft das jedoch ziemlich quer.
6/10