„We’ve got some pretty powerful friends…“
Phase IV ~ USA 1974
Directed By: Saul Bass
Die beiden Wissenschaftler Hubbs (Nigel Davenport) und Lesko (Michael Murphy) untersuchen in der Wüste Arizonas ein beunruhigendes Phänomen: Sämtliche Ameisenspezies vereinen sich zu einem einzigen großen Volk und greifen alles an, was für ihr neues Kollektiv eine Gefahr darstellt. Aus einem kleinen, hermetisch abgeriegelten Außenlabor heraus wollen Hubbs und Lesko die Komunikationsweise der Insekten studieren und ihrem bedrohlichen Treiben Einhalt gebieten. Bald stößt noch das Farmermädchen Kendra (Lynne Frederick) zu ihnen, deren Großeltern (Alan Gifford, Helen Horton) bereits zu Opfern der Ameisen geworden sind.
Der einzige Spielfilm des berühmten Graphikdesigners und Gestalters zahlreicher klassischer Titelsequenzen, Saul Bass, hat Bestand als ein ebenso minutiös erzähltes wie verstörendes Menetekel im Kontext vieler ähnlicher Endzeit-Phantasien der späten sechziger und frühen siebziger Jahre, wobei „Phase IV“ eine vergleichsweise unaufwendige, fast sogar kammerspielartige Struktur trägt. Im Prinzip ein Drei-Personen-Stück, lebt Bass‘ Film aber natürlich insbesondere von seinen visuellen und auditiven Qualitäten, den beeindruckenden Ameisen-CloseUps (Ken Middleham) sowie den wummernden, elektronischen Klängen (u.a. Brian Gascoigne), die den zunehmend bedrückenden, klaustrophobischen Duktus jeweils kongenial untermauern und verstärken.
Vieles an der kunstfertig formalisierten Story, die andernorts genausogut als ordinärer Tierhorrorfilm das Licht der Leinwände hätte erblicken können, erweist sich als symbolistisch und/ oder versinnbildlichend: Die personelle Dreierkonstellation etwa um Hubbs, der im Grunde ein ebenso systemisch und gefühlskalt vorgehender, verkopfter Analytiker ist wie seine gelehrigen Gegner, Lesko, der Hubbs‘ fortschreitender Dehumanisierung unverzagt mit Herz und Seele begegnet und schließlich Kendra, die durch ihre naive Unbedarftheit und Jugend gewissermaßen endgültig die Wesenskerne beider Männer freischält. Die Ameisen schließlich fungieren als Vorboten eines neuen Zeitalters, dessen Ausformung ganz unterschiedlich interpretiert werden kann – als diffuse, politische Gefahr ebenso wie als Zeichen der Rückeroberung des Globus durch die Natur, die sich des ausbeuterischen Virus „Mensch“ wahlweise zu entledigen oder ihn sich unterzuordnen trachtet. Auch diese Ungewissheit sorgt dafür, dass „Phase IV“ im Gedächtnis unauslöschliche Spuren hinterlässt (ich hatte den Film zuletzt im Kindesalter gesehen, in dem er mich immens mitnahm und verfolgte und daher noch etliche Bilder präsent).
9/10