SAMARITAN

„Things start to fall apart when you stop caring, and I stopped caring a long time ago.“

Samaritan ~ USA 2022
Directed By: Julius Avery

Granite City: Vor vielen Jahren verschwanden die beiden sich bekämpfenden Superwesen Samaritan und Nemesis, zwei für das Gute respektive das Böse einstehende Zwillingsbrüder, nach einer gewaltigen Kraftwerksexplosion. In der Gegenwart wird der dreizehnjährige Sam (Javon ‚Wanna‘ Walton) auf seinen betagten Nachbarn, den als Müllmann arbeitenden Joe Smith (Sylvester Stallone), aufmerksam. Eines Tages knöpft sich dieser ein paar Schläger vor, die es auf Sam abgesehen haben und prügelt sie windelweich. Für den Jungen steht fest: Joe muss der verschollene Samaritan sein. Während der Gangsterboss Cyrus (Pilou Asbæk), ein glühender Verehrer von Nemesis, versucht, Sam unter seine Fittiche zu nehmen, bemüht sich dieser, dem grummeligen Joe die Wahrheit über seine Identität zu entlocken. Als Cyrus sich schließlich anschickt, Granite City in Chaos und Anarchie zu ersäufen, tritt Joe aus den Schatten…

Samaritan und Nemesis, das sind nicht zuletzt auch zwei längst existente, jedoch völlig voneinander unabhängig kreierte Comic-Schöpfungen. Ersterer bildet das „Superman“-Pendant in Kurt Busieks glücklicherweise nicht tot zu kriegender, wunderhübscher Image-Superheldenparaphrase „Astro City“; den Namen Nemesis trugen indes seit Jahrzehnten bereits viele Figuren. Die zum vorliegenden Film passendste Maßgabe wäre wohl ein komplett weißgewandeter Anarcho-Superschurke, den Mark Millar vier Ausgaben lang in einer 2010er-Miniserie für das Marvel-Imprint-Label Icon wüten (und sterben) ließ.
Da beide Bezeichnungen hinlänglich gebräuchliche Termini bilden, musste hier wohl kein Rechtsstreit vermutet werden, denn die Film-Samaritan und -Nemesis haben mit ihren graphischen Namensvettern bestenfalls ganz wenig zu tun.
Als VoD bei Amazon gestartet, hängt sich „Samaritan“ eher an die Gattung der kleinen, vorlagenfreien Bypass-Superhelden-Filme, die seit dem großen Marvel-Launch immer wieder kurz aufblitzen. Gedacht dürfte das Ganze primär gewiss als ein weiteres Vorzeigealterswerk für seinen Hauptdarsteller sein, der seine vielfach erprobte und nachgewiesene Schlagfertigkeit jetzt durch Superkräfte ergänzt und sich in diesem Zuge gleich noch viele kleine Reminszenzen an die eigene Ikonographie und vor allem das eigene Œuvre gestattet. Sein Titelcharakter, der urban anonymous Joe Smith, der berufs- und hobbymäßig Mülltonnen leert und, gewissermaßen als Traumabewältigung, gern weggeworfene, kleine elektronische und mechanische Dinge repariert, könnte freilich ein enger Verwandter von Rocky Balboa sein; Habitus und Gestus jedenfalls ähneln sich auffallend. Geht es in Aktion, lugen derweil eher die Großreinemacher vergangener Tage hervor, was im Finale sogar in einer hübschen Hommage an „Cobra“ gipfelt. Dazwischen müht sich „Samaritan“ redlich (obschon nicht immer wirklich erfolgreich), althergebrachte, überkommene Schwarzweiß-Schemata zu relativieren und dieser Botschaft mit der jungen Hauptfigur des Sam Cleary (von Javon Walton glücklicherweise glänzend dargeboten) gleich noch einen didaktischen Überbau zu verleihen. Im Grunde passt auch dieses Bestreben sich recht genuin Stallones ewiger Eigenkultivierung an.
In der Summe ergibt all das einen erwartungsgemäß wenig innovativen, dafür aber umso liebenswerteren Spätbeitrag zum stolzen Schaffen seines Stars, einem, der das Strahlen par tout nicht verlernen mag.

7/10

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