ARMAGEDDON TIME

„I want you to be better than me.“

Armageddon Time (Zeiten des Umbruchs) ~ USA/BRA 2022
Directed By: James Gray

Queens, New York im Herbst 1980. Der Teenager Paul Graff (Banks Repeta) ist ein Träumer, ganz zum Unwohlsein seiner Familie, die den mit Vorliebe Superhelden zeichnenden Jungen als „etwas langsam“ etikettiert. Einzig Pauls Großvater Aaron (Anthony Hopkins), der noch höchstselbst den sich sukzessiv steigernden Antisemitismus in der Alten Welt miterlebt hat, gelingt es, zu dem eigensinnigen Paul durchzudringen und ihm die eine oder andere Lebensweisheit mit auf den Weg zu geben. Die Zeiten sind demzufolge nicht einfach für Paul. Die Freundschaft zu seinem noch wesentlich ausgegrenzteren, afroamerikanischen Klassenkameraden Johnny (Jaylin Webb), der dem ihm unentwegt entgegenbrandenden Rassismus mit offener Rebellion begegnet, sorgt für mancherlei Ärger und führt schließlich dazu, dass Paul dieselbe elitäre Privatschule besuchen muss wie sein Bruder Ted (Ryan Sell), eine Brutstätte für weiße Oberklassenrepublikaner, die den just zum 40. US-Präsidenten gewählten Ronald Reagan als neuen Heilsbringer erachten. Dennoch bricht Pauls Freundschaft zu Johnny nicht wirklich ab; der verzweifelte Versuch, aus ihrer beider Trostlosigkeit auszubrechen, scheitert jedoch.

James Grays Filme sind, beginnend mit seinem 1994er Debüt „Little Odessa“, allesamt wunderbar und folgen einem ungebrochen gepflegten Autorenethos, der seiner zumindest in thematischer Hinsicht durchaus heterogenen Arbeit noch keinen Qualitätseinbruch beschert hat. Auch in seiner achten Langfilmregie kultiviert Gray, New-York-Chronist und ausgewiesener Melancholiker, aufs Neue seinen für ihn längst typischen, oftmals schwermütig anmutenden Hang zur Langsamkeit, die ihre Dramatik aus unspektakulär anmutenden Alltagsgeschehnissen bezieht. Jene halten für einen Jungen an der Schwelle zur Pubertät eine Vielzahl biographischer Zäsuren bereit. Gray bemüht dazu vor herbstlichen Sepiabildern diverse autobiographische Details und Anekdoten, die „Armageddon Time“ zu einem seiner bislang persönlichsten Filme machen. Viel passiert in diesem New Yorker November 1980: Paul registriert zunächst hilflos, dass er seinen Eltern (Anne Hathaway, Jeremy Strong) de facto mehr Kummer als Stolz bereitet – sein Freund Johnny bringt ihn parallel dazu pausenlos auf dumme Gedanken. Renitentes Verhalten gegenüber dem überforderten Klassenlehrer (Andrew Polk), eine Tour auf eigene Faust durch Manhattan, schließlich ein Joint auf dem Schulklo. Genug, um den Vater zur Verabreichung einer gehörigen Tracht Prügel zu veranlassen, den Besuch der öffentlichen Bildungsanstalt dringlichst abzuwürgen und Paul stattdessen auf die „Forest Manor“ zu schicken, eine von Fred C. Trump (John Diehl) beschirmherrte Privatschule mit entsprechender Klientel. Sowohl Trump (Donalds Vater) als auch seine Tochter Maryanne (Jessica Chastain) lassen es sich nicht nehmen, die Schülerschaft allenthalben durch ideologisch verbrämte Ansprachen „auf Kurs“ zu bringen, analog zu Reagans sich abzeichnendem Wahlsieg. Ethnische Minderheiten gelten an der Forest Manor wenig bis nichts; Paul fühlt sich unwohl, verspürt zugleich aber dennoch die Notwendigkeit, dazu gehören zu müssen. Als sein geliebter Großvater Aaron an Konchenkrebs stirbt, erschüttert dies die gesamte Familie derart bis in die Grundfesten, als sei ihr Rückgrat gebrochen. Doch aus der geplanten Flucht nach vorn, einem Ausriss mit Johnny Richtung Florida, wird nichts. Paul verliert den Freund und muss sich den Unebenheiten und Ungerechtigkeiten des Erwachsenwerdends fügen.
Seinen Titel verdankt „Armageddon Time“ zweierlei: zum einen dem inflationären Gebrauch des Terminus durch Reagan, der seinerzeit mit den dräuenden Ängsten vorm atomaren Weltende jonglierte wie ein Schimpanse mit Bananen, zum anderen der B-Seite der Clash-Single „London Calling“, einer wunderbar dub-infizierten Coverversion des Willie-Williams-Songs „Armagideon Time“. Entsprechend leitmotivisch verfolgt der Track Paul und den Film vom Anfang bis zum Ende.

8/10

BLACK PANTHER: WAKANDA FOREVER

„Only the most broken people can be great leaders.“

Black Panther: Wakanda Forever ~ USA 2022
Directed By: Ryan Coogler

Ein Jahr nach dem (natürlichen) Tod von König T’Challa führt dessen Mutter Ramonda (Angela Bassett) die monarchischen Regierungsgeschäfte von Wakanda. Das internationale Interesse an dessen exklusiver Ressource, dem Metall Vibranium, lässt derweil nicht nach. Just als die Dora-Milaje-Kriegerin Okoye (Danai Gurira) wieder ein paar umtriebige Spione hochnimmt, entdecken die Amerikaner im Atlantik eine unterseeische Vibranium-Quelle. Die maritime Expedition wird jedoch von unbekannten Wesen komplett aufgerieben. Als Urheber jener Aktion erweist sich Namor (Tenoch Huerta), Oberhaupt der mehrere Jahrhunderte alten, submarinen Zivilisation Talokan, die um jeden Preis unentdeckt bleiben soll. Namor zwingt Ramonda und T’Challas Schwester Shuri (Letitia Wright), ihm die Erfinderin des neuartigen Vibranium-Sensors zu bringen und auszuliefern, eine brillante amerikanische Studentin namens Riri Williams (Dominique Thorne), die nebenbei noch eine neue Iron-Man-Rüstung entwickelt hat. Nachdem Shuri und Okoye sie aufspüren können, gelangen Riri und Shuri in Namors Gewalt, können jedoch von T’Challas vormaliger Geliebter Nakia (Lupia Nyong’o) begreit werden, woraufhin ein Krieg zwischen Wakanda und Talocan entbrennt, der erst beendet werden kann, als Shuri als neuer Black Panther Namor im Duell in die Knie zwingt.

Prinz Namor oder auch der Submariner zählt zu den ältesten Marvel-Figuren. Vor nunmehr ganzen 83 Jahren debütierte er bei Timely Comics als elementarer Gegenpol zum feurigen Androiden Jim Hammond, der ersten „Human Torch“. Während Namor zunächst eher schurkische Züge innehatte – er pflegte einen unbezähmbaren Hass auf die Oberflächenbewohner und drohte unter anderem, Manhattan zu ertränken, zog er gemeinsam mit Hammond und Captain America Steve Rogers im Zuge jugendgerechter Kriegspropaganda gegen die Achsenmächte ins Feld. Mit Ausnahme ein paar spärlicher Auftritte wurde es dann ruhig um den Submariner, bevor er in den frühen Sechzigern Teil von Stan Lees großangelegtem Marvel-Launch wurde und in der Reihe „Fantastic Four“ (in der ja auch T’Challa debütierte) zu einem eminenten Charakter jenes Comic-Universums avancierte. Wiederum blieben Namors Motive wechselhaft und undurchschaubar; mal trieben ihn seine latenten Eroberungsgelüste in den Kampf gegen die anderen Superhelden, mal unterstützte er sie im Kampf gegen noch mächtigere Bedrohungen. Zeitweilig war er sogar ein Avenger. Dass Namor erst so spät Teil des MCU wurde, lässt sich wohl mit dem sich für ein diesbezüglich unbeflissenes Kinopublikum ohnehin bereits gewaltig ausnehmendem Überschwang an Haupt- und Nebenfiguren erklären. Zudem bleiben hinsichtlich seiner späten Einführung einige logi(sti)sche Fransen, so etwa die Fragen, warum er sich nicht bereits in den Konflikt gegen Thanos involvierte, der ja doch eine ungleich größere Bedrohung darstellte als die Vibranium-Gier der verhassten „surface dwellers“.
Nun denn, Namor ist also here to stay und mit ihm gleich noch eine gehörigst umgedichtete origin, die ihn als mutierten Maya-Abkömmling ausweist und zugleich seine mittelamerikanisch anmutende Physiognomie erklärt. Den albernen Nasenschmuck hätte man allerdings auch weglassen dürfen. Gewiss dient „Black Panter: Wakanda Forever“ demzufolge primär zu Namors Initiation – als Requiem auf Chadwick Boseman und Black Panther funktioniert der Film trotz gegenseitiger Beteuerungen seitens Kevin Feige und Konsorten eher bedingt. Auf der ästhetischen Ebene hat Cooglers Sequel indes Reichliches und Kostspieliges zu bieten; insbesondere Shuris Reise nach und durch Talokan gestaltet sich als ein visuelles, psychedelisch betuchtes Fest; die zwei Haupt-Actionsequenzen, in denen Wakandaner und Talokaner aufeinanderprallen und sich bekriegen, erweisen sich als gewohnt rasant und kinetisch inszeniert. Zudem tauchen die meisten Nebenfiguren aus „Black Panther“ abermals auf und das, auch eine Leistung, ohne den bloßen Wiedererkennungseffekt zu bedienen.
Insgesamt ein erfreulicher MCU-Beitrag, der es mit dem Erstling nicht ganz aufnehmen kann, für meinereiner aber immer noch hinreichend Glücksmomente bereithält.

7/10

INEXORABLE

Zitat entfällt.

Inexorable (Eiskalter Engel) ~ B/F 2021
Directed By: Fabrice du Welz

Just als die reiche Verlegerin Jeanne (Mélanie Doutey) mit ihrem Gatten, dem einst von ihr berühmt gemachten Autoren Marcel Bellmer (Benoît Poelvoorde) und der gemeinsamen kleinen Tochter Lucie (Janaina Halloy) auf das stattliche Familienanwesen in der Provinz zurückzieht, macht die Familie die Bekanntschaft der verloren erscheinenden Gloria (Alba Gaïa Bellugi). Gloria gewinnt rasch Lucies Sympathien. Auch Jeanne und Marcel schenken ihr bald Vertrauen und stellen die junge Frau als Hausmädchen ein. Doch pflegt Gloria ihre ganz persönliche Agenda, die in einer dunklen, gemeinsamen Vergangenheit mit Marcel fußt und die das familiäre Idyll geradewegs in den Abgrund führt.

Seinen steten Hang zur Erkundung menschlicher Abseitigkeiten pflegt der Belgier Fabrice du Welz auch in seiner jüngsten Regiearbeit wieder aufs Neue. Obschon die durchaus klassisch anmutende Grundkonstellation, in der es um die umfassende Vergeltung einer um ihre Existenz geprellten und verratenen Frauen-, respektive Tochterfigur geht, vergleichsweise tradierte Tropen bedient, gelingt es du Welz dennoch, seiner Inszenierung eine tiefe Abgründigkeit zu verleihen, die andere Filmemacher in dieser Konsequenz möglicherweise gescheut hätten. Jener böse Fatalismus resultiert nicht zuletzt aus dem „Inexorable“ inhärenten Welt- und Menschenbild, in dem es im Prinzip nur zwei rundheraus unschuldige Figuren gibt: das noch im Grundschulalter befindliche Mädchen Lucie und den schneeweißen, zu Beginn des Films aus dem Tierheim adoptierten Schäferhund Odysseus. Dieser symbolisiert gewissermaßen den Dreh- und Angelpunkt für Glorias zunächst noch diffusen Plan. Indem sie sich das Vertrauen von Hund und Kind erschleicht, öffnen sich Gloria Tür und Tor zu ihrem eigenen Vorhaben, das bei aller Perfidie auf einer tief gestörten, autoaggressiv geprägten Borderline-Persönlichkeit gründet. Doch auch das Ehepaar krankt an Lügen und Trugbildern. Weder ist Marcel in Wahrheit der als genialisch gefeierte Literat, den alle Welt in ihm wähnt, noch vermag Jeanne seine vermeintlich mittelfristig stagnierende Kreativität durch ihre offenen, sexuellen Avancen zu befördern. Lucie legt auf ihrer eigentlich als soziale Initiation geplanten Geburtstagsparty ein empörliches Black-Metal-Playback hin; auf den armen, braven Odysseus wartet die Todesspritze. Der höhlende Wurm steckt da längst im Apfel; Gloria muss ihn nurmehr um ein paar wenige Häppchen nähren und ans Tageslicht locken. Am Ende ihrer destruktiven Bemühungen steht dann tatsächlich die Auflösung der Bastion Familie; die Karten liegen auf dem Tisch, das blutige Duell zweier reziprok entkernter Seelen endet mit einem Remis. Die Überlebenden werden diese sinistren Ereignisse noch lange beschäftigen.

8/10

BARBARIAN

„You make a copy of a copy of a copy, you get that.“

Barbarian ~ USA 2022
Directed By: Zack Cregger

Tess Marshall (Georgina Campbell) kommt zu einem Vorstellungsgespräch bei der lokal tätigen Dokumentarfilmerin Catherine James (Kate Nichols) nach Detroit. Vor Ort hat sie zu diesem Zweck ein Vorstadthäuschen auf der Barbary Street inmitten des ansonsten großflächig verlassenen Vororts Brightmoor gemietet. Umso unwohler ist Tess zunächst, als sie feststellt, dass vor ihr bereits ein anderer Mieter das Haus bezogen hat. Der junge Keith Toshko (Bill Skarsgård) erweist sich jedoch als durchaus zuvorkommend und sympathischer als zunächst befürchtet. So arrangiert man sich und es bleibt ungeachtet einer kurzen nächtlichen Störung alles ruhig. Als Catherine Tess am nächsten Tag vor der Nachbarschaft warnt und ein seltsamer Obdachloser (Jaymes Butler) ihr zusätzlich Angst einjagt, entdeckt sie, das unter der kleinen Immobilie gewaltige Kellerschächte nebst überaus sonderbaren Räumlichkeiten ausgebaut wurden…

„Barbarian“ erweist sich nach dem zuvorderst enttäuschend konventionellen „Smile“ wieder als ein Horrorfilm mit Hirn und Herz, der seine Vorbilderpalette beseelt aufgreift, bedient und zugleich variiert. Wie schon Fede Alvarez‘ „Don’t Breathe“ sucht sich auch „Barbarian“ die dem Strukturwandel und den entsprechenden demografischen Veränderungen anheim gefallenen Detroiter Vorstädte als kongenialen Schauplatz aus für einen gallig-sarkastischen Kommentar zur Gesamtlage der Nation. Die desolaten suburbs mit ihren noch gut sichtbaren Spuren dereinst florierender Mittelklasseexistenzen lösen dabei mehr und mehr die noch vor kurzem gewohnheitsmäßig bemühten Hinterwäldlerbrachen der Südstaaten mit ihren Rednecks, Hillbillys und Moonshinern ab und zeigen den postmodernen Zivilisationszerfall als Spiegel urbaner Krisen. Wie einst das (zweifelsohne) große Vorbild „Psycho“ führt uns Regisseur und Autor Zach Cregger dabei zunächst auf eine gleich doppelt chiffrierte, falsche Fährte: Dass der etwas zu sympathisch anmutende Keith ein multipel gestörter Norman Bates sein könnte und Tess „seine“ in regnerischer Nacht in der Einöde ankommende Marion Crane, liegt da doch mehr denn nahe. Tatsächlich ist es jedoch Bill Skarsgård, der unerwartet rasch aus dem Spiel genommen wird und eine zu Beginn noch gänzlich unauslotbare Gefahr, die für den bals losbrechenden Terror sorgen wird. Die Flexion von Konventionen und rezeptorischen Erwartungshaltungen beherrscht Cregger dabei annähernd gut wie ein Jordan Peele, obschon das Monster (Matthew Patrick Davis) im buchstäblichen Wortsinne aus hauseigener Produktion stammt. Die Konfrontation mit der Wahrheit und auch deren nachfolgende Auflösung erweisen sich dabei wiederum als so geschickt wie bissig: Justin Long, der im Prinzip nochmal seine Rolle als irrlichterndes Verrücktenopfer aus „Tusk“ repetiert, symbolisiert als Hollywood-Seriendarsteller AJ Gilbride auf dem selbst angesägten Ast gleich mehrerlei an schieflaufendem humanen US-Müll. Nicht nur, dass er von der #MeToo-Debatte offensichtlich gar nichts mitbekommen hat, ist seine Figur auch noch schindludernden Immobilienspekulationen auf den Leim gegangen und zudem ein misogyner Feigling. Doch selbst er ist nur ein kleines Schwarzlicht im Vergleich zu den inzestuösen Monstrositäten, die die Unterwelt von Brightmoor bereithält.
Auch Danny Steinmanns „The Unseen“ und natürlich Stuart Gordons „Castle Freak“ mitsamt dessen von Lovecraft adaptierter Katakombenmythologie spendeten somit einiges an Quellmaterial für „Barbarian“, der schlussendlich jedoch immer noch hinreichend intelligent, vielschichtig, mitreißend sowie witzig erzählt und inszeniert ist, um seine Eigenständigkeit von grundauf zu wahren.

8/10

BLACK ADAM

„Force is always necessary.“

Black Adam ~ USA/CA/NZ/HU 2022
Directed By: Jaume Collet-Serra

Kahndaq, ein kleines Land im Mittleren Osten, 2600 v.u.Z.: Hurut (Jalon Christian), der Sohn des versklavten Minenarbeiters Teth-Adam (Benjamin Patterson), erhält durch den Zauberer Shazam (Djimon Hounsou) gottgleiche Kräfte, setzt diese nach seiner Verwandlung zum Champion der Stadt jedoch scheinbar zu blutigen Rachezwecken gegen das Regime des Königs Ahk-Ton (Marwan Kenzari) ein, wird daher flugs wieder eingefangen und für die kommenden Jahrtausende sicher verwahrt.
In der Gegenwart steht Kahndaq wiederum unter einer Minidiktatur, die diesmal die kriminelle Organisation Intergang zu verantworten hat. Die Archäologin und Widerständlerin Adrianna Tomaz (Sara Shahi) will verhindern, dass Intergang in den Besitz der Krone von Sabbac gerät, die seinerzeit schon Ahk-Ton seine Macht verlieh. Während eines Scharmützels mit Söldnern befreit sie den noch immer verzauberten Champion aus seinem Gefängnis. Dieser setzt seinen gewalttätigen Feldzug sogleich fort, rettet Adrianna jedoch das Leben. Zeitgleich wird die umtriebige Amanda Waller (Viola Davis) auf die Ereignisse in Kahndaq aufmerksam und entsendet mit Carter „Hawkman“ Hall (Aldis Hodge), Kent „Dr. Fate“ Nelson (Pierce Brosnan), Maxine „Cyclone“ Hunkel (Quintessa Swindell) und Al „Atom Smasher“ Rothstein (Noah Centineo) vier Mitglieder der JSA (Justice Society of America), um den mächtigen Wüterich auf den Weg zur Tugend zurück zu führen. Dieser lässt sich jedoch nichts sagen und prügelt unverzagt gegen das Superheldenquartett los, bis er sich als Teth-Adam entpuppt, auf den Hurut einst seine Kräfte übertrug. Nach einem vermeintlich siegreichen Kampf gegen Intergang-Oberhaupt Ishmael (Marwan Kenzari), der sich als letzter lebender Nachfahr König Ahk-Tons der Krone von Sabbac zu bemächtigen trachtet, ergibt sich Teth-Adam der JSA und lässt sich in kryogenischen Schlaf versetzen. Doch Ishmael kehrt als Sabbac himself aus der Hölle zurück und nun bedarf es doch wieder eines Teth-Adam, um Kahndaq und die gesamte restliche Welt ein weiteres Mal zu retten…

„Black Adam“ erweist sich schon nach den ersten Minuten als bislang zweitschwächster Vertreter des revitalisierten Kino-DCEU, nur unwesentlich ansehnlicher als der erste „Suicide Squad“-Beitrag von David Ayer (wobei ich „Birds Of Prey And The Fantabulous Emancipation Of One Harley Quinn“ allerdings wohlweislich ausgespart habe). Die Gründe für das mäßige Abschneiden von Collet-Serras Comicadaption sind dabei durchaus vielgestaltig: Der Film versteht sich in seiner Gesamtheit zuvorderst als Vehikel für seinen Hauptdarsteller, dessen gebuildeter Body selbst noch gut sichtbar durch das schwarze Shazam-Kostüm des Titelhelden prangt. Immerhin bekommt man mit „dem Felsen“ unter Verzicht auf die pomadige Frisur und die spitzen Ohren des gezeichneten Vorbildes ein amtliches physiognomisches Alias geliefert, der die tiefbrodelnde Wut des aus der arabischen Antike stammenden, Fascho-Liberalen Teth-Adam sogar momentweise zu transportieren weiß. So erreicht „Black Adam“ seine denkwürdigsten Momente, wenn der kräftemäßig Superman durchaus gewachsene Protz mit den bösen Jungs von Intergang aufräumt und seinem kleinen Stadtstaat quasi im Alleingang eine Führungsrenovierung verabreicht. Daran, den insbesondere u.a. von den Autoren James Robinson, David S. Goyer und Geoff Johns (der hier wie so oft mitproduziert hat) innerhalb der ab 1999 formidabel relaunchten JSA-Strecke reaktivierten Black Adam in all seiner facettenreichen Charakterisierung zu zeigen, ist der Film indes mitnichten interessiert. Als buchstäblicher Anti-Held, der im Gegensatz zu diversen seiner Kolleginnen und Kollegen einen sehr dehn- und somit streitbaren Moralbegriff pflegt, ist Teth-Adam zugleich auch Massenmörder, Verschwörer und Diktator; einer, der stets die eigenen Ziele im Blick hat und mit Kahndaq, ähnlich wie der bei der Konkurrenz von Marvel beheimatete Dr. Victor Von Doom mit Latveria, seinen eigenen, kleinen Problem- und Schurkenstaat regiert. Für derlei Tiefenschärfe findet sich in dem auf oberflächlichen Popcornrabatz getunten „Black Adam“ jedoch kein Platz. In ihrem ersten Kinoauftritt schrumpft die JSA, immerhin das allererste Superheldenteam überhaupt und seit 82 Jahren zur Stelle, zweifelsohne der Komplexitätsreduktion wegen auf ein eher niedliches Miniclübchen zusammen, das in dieser Ausprägung natürlich nicht gegen Teth-Adam bestehen kann. Es macht jedoch selbst mit Einschränkungen Freude, Figuren wie Hawkman und Dr. Fate in Aktion auf der großen Leinwand erblicken zu können. Und dann ist da ja noch Henry Cavills Auftritt während der end credits. Dass wahre Gänsehautmomente – und dies sei bitte ironisch aufzufassen – sich am besten im Abspann machen, hat DC immerhin von Marvel gelernt. Leider nicht wesentlich mehr.

6/10

SMILE

„You’re gonna die.“

Smile ~ USA 2022
Directed By: Parker Finn

Seit sie als kleines Mädchen (Meghan Pratt Brown) den Suizid ihrer Mutter miterleben musste, ist die Psychiaterin Rose Cotter (Sosie Bacon) selbst traumatisiert. Mittlerweile glaubt sie sich wieder stabil, bis sich die hysterische Akutpatientin Laura Weaver (Caitlin Stasey) in ihrer Gegenwart auf grauenvolle Weise das Leben nimmt. In den nächsten Stunden und Tagen beginnt sich das, was Rose seitens Laura zunächst für irrationales Gestammel hielt, prophezeiungsgleich auch für sie selbst in schreckliche Realität zu verwandeln: lebende und tote Bekannte erscheinen ihr und verhalten sich, dabei sinister lächelnd, in höchstem Maße bedrohlich. Rose findet heraus, dass sich ein Besessenheitsfluch auf sie übertragen hat, hinter dem eine dämonische Entität steht, die ihre Kraft aus den Traumata ihrer Wirte bezieht. Es gibt jedoch einen Weg, die Kette kurzzeitig zu unterbrechen…

Wenn ich in letzter Zeit des Öfteren auf diesen Seiten anmerkte, dass das Horrorgenre sich in jüngerer Zeit doch wieder deutlich interessanter gestaltete als in den Jahren zuvor, dann bezog ich mich garantiert nicht auf Konfektionsgut wie am Reißbrett entworfene, verzichtbare Studioware wie „Smile“. Das jawohl teils überaus erfolgreich gelaufene Langfilmdebüt des Regisseurs Parker Finn verzeichnet keinerlei originelle Ideen und hält sich bereits für besonders clever, wenn es den Kamerawinkel verschrägt oder gleich ganz auf den Kopf stellt. Die Konzeption von „Smile“ orientiert sich an den hinlänglich bekannten Heimsuchungs- und Besessenheitsstorys, wie sie vor allem die diversen um die Jahrtausendwende entstanden, ostasiatischen Gattungsvertreter etablierten: Ein verstörendes Erlebnis geht einher mit dem Wirtskörperwechsel eines übersinnlichen, parasitären Wesens, dass sich an den Ängsten seiner Opfer labt und stärkt, um sie dann in den Selbstmord zu schicken, wenn wieder eine weitere Ablösung naht. Die vermeintliche „Innovation“, das ganze via tiefer Protagonistinnenempathie möglichst erschreckend darzubieten, besteht darin, die Besessenen mit bösartig grinsendem Volk aus dem persönlichen Sozialzirkel zu konfrontieren – jede/r könnte plötzlich anfangen, die schneeweißen Zähne zu blecken, Drohungen von sich zu geben oder sich sonstwie horribel zu verhalten. Hinzu kommt, dass niemand der armen Rose Glauben schenken mag. Im Gegenteil sind die resiliente, aber kreuznervige Schwester (Gillian Zinser) nebst Pantoffelheldenschwager (Nick Arapoglou), der fatzkige Verlobte (Jessie T. Usher) und nicht zuletzt die eigene Therapeutin (Robin Weigert) durchweg der Überzeugung, Rose würde zunehmend gesellschaftlich inkompatibel und versuchen, ihr mittels aller möglichen redundanten, diesseitigen „Hilfsmaßnahmen“ beizukommen. Auch dies samt und sonders hinlänglich bekannte Motive aus wesentlich spannenderen Vorläufern und Archetypen, die man besser einmal mehr einer Revision unterziehen sollte, bevor man sich diesem allerhöchstens stellenweise anregenden, zudem ziemlich vulgärpsychologisch betankten Produkt aussetzt.

4/10