„You got that X-factor.“
X ~ USA/CAN 2022
Directed By: Ti West
Texas, 1979. Der als Unternehmer in der Horizontalbranche tätige Wayne Gilroy (Martin Henderson) plant, als Produzent im gerade im Aufziehen begriffenen Porno-Videobiz groß herauszukommen und mietet zu diesem Zwecke mit seiner kleinen Amateur-Crew eine Hütte auf einem abgelegenen Farmgrundstück für ein verlängertes Wochenende. Die beiden knarzigen alten Besitzer, beide offenbar schon jenseits der 80, geben sich wenig gehalten angesichts des bald eintreffenden, vorlauten Sextetts. Als man mit der Arbeit beginnt, scheint insbesondere die äußerlich welke Pearl (Mia Goth) seltsam getriggert. Kurz nachdem es zwischen Nachwuchsregisseur RJ (Owen Campbell) und seiner naiven Freundin Lorraine (Jenna Ortega) zum Streit kommt, gibt es den ersten Toten…
Wie eine garstige, nicht ganz zu Unrecht verwaiste „Boogie Nights“-Episode gibt sich Ti Wests erfreulich koketter „X“, der die Befürchtung, Ti West konzentriere sich nunmehr ausschließlich auf beliebige TV-Serienformate, in hübsch frecher Weise zerstreut. Dabei begreift sich „X“ vor allem als Hommage an die in ruralem Ambiente spielenden Horrorfilme und Slasher jener Ära, in der er sich selbst ansiedelt, allen voran offensichtlich die beiden von Tobe Hooper inszenierten „The Texas Chain Saw Massacre“ und „Eaten Alive“, doch auch Epigonen wie Schmoellers „Tourist Trap“ oder Connors „Motel Hell“ lugen mehr oder weniger okkult aus jedem Kamerawinkel hervor. Dabei begnügt sich West trotz mancher sehr offensichtlicher Reprise nicht mit bloßem Revisionismus, sondern es gelingt ihm tatsächlich, durch die Evozierung einer zutiefst sinistren und damit beunruhigenden Gesamtstimmung, den Einsatz von tiefschwarzem Humor und nicht zuletzt die exzellente Make-Up-Arbeit, einen den Klassikern absolut gleichrangige Reminszenz auf die Beine zu stellen. Insbesondere die Parallelisierung der zwei Hauptfiguren Pearl und Maxine, die von der grandiosen Mia Goth in einer Doppelperformance als sich reziprok reflektierende Antagonistinnen interpretiert werden, sorgen für eine schönes, keinesfalls einfältiges oder etwa manieristisches Metaelement, das sich rückblickend als philosophischer Überbau des gesamten Szenarios erweist. Dass Ti West, dessen Retro-Gags zum Glück nur sehr selten übers Ziel hinausschießen, zudem keinerlei ästhetische Kompromisse eingeht und für stets manch derbe Überraschung gut ist, macht „X“ umso sehenswerter.
8/10
An dem scheiden sich ja wirklich die Geister. Mir hat das Setting gefallen, dass Ti West tatsächlich großartig aufzieht. Auf der anderen Seite fand ich ihn aber doch zu einfallslos und vorhersehbar. Bei der Sichtung mit einem Kumpel haben wir quasi allle Wendungen ohne Probleme antizipiert.
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