„You see, I’m not at all stupid. I may sound like I am, but I’m really not.“
After Dark, My Sweet ~ USA 1990
Directed By: James Foley
Der von einer trüben Vergangenheit gezeichnete Drifter Kevin Collins (Jason Patric) zieht ziel- und obdachlos durch das kalifornische Hinterland. Zufällig begegnet er der zynischen Witwe Fay Anderson (Rachel Ward), die wiederum in engem Kontakt mit dem alternden Kleingauner Uncle Bud (Bruce Dern) steht. Fay und Bud planen schon seit längerem einen Kidnapping-Coup – sie wollen Jack (Corey Carrier), den kleinen Filius einer Millionärsfamilie entführen und dafür im großen Stil abkassieren. Obwohl sich Kevin, den alle „Collie“ nennen, zwischenzeitlich die wohlmeinende Unterstützung des einsamen Hausarztes Doc Goldman (George Dickerson) sichern kann, kehrt er zu Fay zurück und unterstützt sie und Uncle Bud schließlich bei der Umsetzung ihrer Aktion. Der Junge erweist sich als Diabetiker und stirbt beinahe, wiewohl noch weitere Unwägbarkeiten den reibungslosen Ablauf des Plans stören. Schließlich bleibt Kevin nurmehr ein letzter Ausweg, um Jack und Fay zu retten…
James Foleys vierte Regiearbeit verzeichnet ihn ausnahmsweise zugleich als Autor – bei „After Dark, My Sweet“ handelt es sich um die Adaption eines gleichnamigen Romans des mehrfach verfilmten Hardboiled-Schriftstellers Jim Thompson und somit folgerichtig um ein Neo-Noir-Stück. Inhaltlich, formal, psychologisch und bezüglich der Figurenanordnung findet man sich gleich mit Beginn in ebenjener filmliterarischen Gattung wieder – von dem instabilen, per kargem Voiceover durch die Geschicke führenden Protagonisten über die lose femme fatale und das entlegene Wüstensetting bis hin zum scheiternden Kriminalakt findet sich kein Element ausgelassen. In den Frühneunzigern und bis in die Mitte des Jahrzehnts hinein erlebte der neo noir nicht nur im amerikanischen Kino ja ohnehin nochmal eine schöne, diverse sehenswerte Exempel beinhaltende Renaissance, im Zuge derer Foleys Film sich durchaus auf die Fahne schreiben kann, jene Phase entscheidend miteingeläutet zu haben.
In „After Dark, My Sweet“ gibt es keinen wirklich sympathischen oder zur Rezipienten-Identifikation taugenden (oder gar vorgesehenen) Charakter. Collins, der einst als Boxer „Kid“ die Kontrolle über sein Gewaltpotenzial verlor, einen Gegner im Ring totschlug, dann in die geschlossene Psychiatrie eingewiesen wurde und aus dieser floh, wird als etwas geistesträger Typ eingeführt, der irgendwo zwischen leichter Beeinflussbarkeit, tiefschlummernder Aggression und ethischen Grundprinzipien oszilliert und somit jederzeit völlig unberechenbar bleibt; Fay wirkt wie eine von Wüstensonne und Rotwein ausgedorrte, bereits in frühem Welken begriffene Schönheit, der die Einsamkeit der Szenerie längst sämtlicher hormoneller Begehrlichkeiten entledigt hat; Uncle Bud ist der Prototyp des erfolglosen, leicht schmierigen Kleinganoven, den jeder kennt und schon lange keiner mehr ernst nimmt und Doc Goldman schließlich gelingt es auch mit Befleißigung allerlei behelfender Druckmittel nicht, seine latente Homosexualität ausleben zu können. Am Ende wird nurmehr ein Viertel jenes losen Ensemble-Quartetts am Leben bleiben, nämlich das, dem noch eine letzte (diesseitige) Erlösungsoption angedeihen kann.
„After Dark, My Sweet“ ist damit buchstäblich so schwarz wie die Nacht von Palm Springs und, wenngleich nicht sein Hauptwerk (diese Ehre gebührt dem exorbitanten „At Close Range“ ebenso wie der brillanten Mamet-Adaption „Glengarry Glen Ross“), so doch einer von Foleys schönsten und interessantesten Filmen.
In den letzten Jahren legte der Regisseur die letzten beiden Teile der „Fifty Shades“-Trilogie vor und inszenierte diverse Serien-Episoden. No need to say more (or less).
9/10