„When you love something, you protect it.“
Eternals ~ USA 2021
Directed By: Chloé Zhao
Zehn nicht alternde, außerirdische Superwesen – Ajak (Salma Hajek), Ikaris (Richard Madden), Sersi (Gemma Chan), Thena (Angelina Jolie), Kingo (Kumail Nanjiani), Phastos (Bryan Tyree Henry), Gilgamesh (Dong-seok Ma), Druig (Barry Keoghan), Makkari (Lauren Ridloff) und die ewig in einem Kinderkörper gefangene Sprite (Lia McHugh) – die Eternals, wurden vor 7000 Jahren auf die Erde gesandt, um die Menschen vor den Deviants, ebenfalls extraterrestrischen, monströsen Kreaturen zu beschützen und so die ungestörte Entwicklung des homo sapiens zu gewährleisten – zumindest glauben die meisten von ihnen das. Tatsächlich, so müssen die verbliebenen Eternals in der Gegenwart nach dem unerwarteten Tod ihrer Anführerin Ajak erfahren, dient ihre Anwesenheit auf dem Planeten einem ganz anderen Zweck: Geschaffen als künstliche Handlanger der gottgleichen Celestials, kosmischer Entitäten, die die Geschicke des Universums lenken, liegt die heimliche Aufgabe der Eternals darin, die Geburt eines weiteren Celestials, Tiamut, der seit Äonen im Erdinneren seiner Erweckung harrt, vorzubereiten. Die ebenfalls von den Celestials kreierten Deviants dienen dabei eigentlich als reines Ablenkungsmanöver, doch auch einer von ihnen, Kro (Bill Skarsgård), durchlebt eine rasche Evolution, indem er sich die Essenz der toten Ajak einverleibt. Als die heuer in London lebende Sersi durch eine telepathische Brücke von Ajak und den hernach folgenden Kontakt zum Celestial Arishem die Wahrheit über ihr Hiersein erfährt, beginnt eine verlustreiche Schlacht um das Schicksal der Welt.
Der stilprägende Autor und Zeichner Jack Kirby, vielleicht etwas vollmundig auch als „William Blake der Neunten Kunst“ hofiert, der gemeinsam mit Stan Lee im Silver Age für einige der wichtigsten Kreationen der Marvel Comics verantwortlich zeichnete, genoss nicht zuletzt aufgrund seines überwältigenden Renommees in der Szene in den Siebzigern umfassende künstlerische Narrenfreiheit, wenngleich er selbst sich von seinem Hausverlag zwischenzeitlich unfair behandelt wähnte. Diese gestattete es ihm, sowohl für die Konkurrenz von DC als später dann auch für Marvel, einige höchst eigenwillige, überbordernde high concept cosmic operas mit psychedelischem Anstrich zu schaffen, die zunächst jeweils kommerziell erfolglos blieben, in beiden Comic-Universen jedoch ein bis in die Gegenwart reichendes Echo hinterließen. Im Falle Marvel handelte es sich dabei um die Eternals, weithin in cognito lebende, uralte Beschützer aus dem All, die wiederum von den übermächtigen Celestials geschaffen wurden. Die wahren Hintergründe ihrer Existenz wurden dabei in den Folgejahrzehnten von anderen Autoren unregelmäßig immer wieder aufgegriffen, erweitert und ausgebaut. Es erstaunt nicht wenig, dass ausgerechnet diese inhaltlich sperrigen, wenig zeitgemäßen Figuren für ein Werk der jüngsten MCU-Phase adaptiert wurden und auch das dazugehörige, filmische Resultat vermag jene Verwunderung auf den ersten Blick kaum auszuhebeln. Die Bezüge zwischen den Eternals/Celestials und dem restlichen Marvel-Universum dürften vonehmlich emsigen Comicphilologen geläufig sein und wirken hinsichtlich des zwar zunehmend komplexer werdenden, aber noch überschaubaren MCU-Narrativs vermutlich eher befremdlich. Für die Regisseurin Chloé Zhao dürften derlei akademische Spitzfindigkeiten allerdings ohnehin bestenfalls nebensächlich gewesen sein; sie bemüht sich redlich, ihren inszenatorischen Einstieg ins big business halbwegs amtlich über die Runden zu bringen und schafft dies nach meinem Dafürhalten auch in zufriedenstellender Weise zumindest für Zuschauer, die der optionalen, mythologischen Geräumigkeit des Konzepts MCU offen gegenüberstehen. Zhao als Co-Scriptorin interessiert sich vornehmlich für gesellschaftsrelevante Gegenwartsbezüge in Form gezielt installierter Diversität und die philosophischen Dimensionen, die die Eternals umwabern: bei ihr nimmt sich der kosmische Genpool ostentativ multiethnisch aus, Ajak, Makkari und Sprite wechseln ihr Geschlecht von männlich zu weiblich (womit das ursprüngliche Geschlechterverhältnis der Gruppe von 8:2 zu 50/50 changiert) und zumindest Phastos (im Film zudem kein muskulös gezeichneter Adonis, sondern unglamourös übergewichtig) lebt heuer offen homosexuell. Der strahlend-engelsgleich erscheinende Ikaris, ein unzweideutiges Pendant zu DCs Superman, entpuppt sich als der im Kern misanthropische, sein determiniertes „Schicksal“ als willfähriger Wegbereiter der Apokalypse ungerührt ausführender Holzkopf (ein Image, mit dem das Original ja seit eh und je konfrontiert wird), Kingo genießt seinen etwas albern anmutenden, popkulturellen Ruhm als Bollywood-Ikone und Druig pflegt die offene Rebellion gegen sein zur Passivität verdammtes Schicksal. Erstaunlicherweise gelingt es Zhao binnen der zweieinhalb Stunden Erzählzeit recht gut, fast all diesen Charakteren (einzig Gilgamesh und Makkari, zwei eigentlich doch sehr interessante Mitglieder der Eternals, bleiben bedauernswert unterentwickelt) eine hinreichend greifbare Basis nebst Weiterentwicklung zu verschaffen. Keinesfalls unintelligent strukturiert, vermag der Film ferner, die von steten Selbstzweifeln überlagerte, millenienlange Anwesenheit der Eternals auf der Erde mittels kompakt gefasster, welthistorischer Stationen zusammenzufassen. Außerdem wird endlich Dane Whitman (Kit Harrington) aka der zweite (gute) „Black Knight“ eingeführt, einer meiner Lieblingshelden seit Kindertagen, der hoffentlich in Kürze komplett berüstet und mit seinem geflügelten Ross Aragorn durch die MCU-Lüfte segeln wird. Die naturgemäß vornehmlich um Scharmützel mit den Deviants kreisenden Actionsequenzen bieten mediokren MCU-Standard und besitzen freilich nicht den choreographischen Schmiss einer perfekt inszenierten Avengers-Schlacht, aber auch das dürfte Chloé Zhao am Allerwertesten vorbeigehen. Für semiorgiastisch-geekige Glücksmomente sorgen natürlich wieder die Abspann-Einsprengsel: Thanossens diametral orientierter Bruder Eros/Starfox (Harry Styles) und Pip, der Troll (Patton Oswalt) vollziehen ihre überraschende Premiere; den neuen Blade (Mahershala Ali) kann man ganz zum Ende wenigstens schonmal akustisch genießen.
Nach „Shang-Chi And The Legend Of The Ten Rings“ hält die Qualitätsdemarkation jedenfalls ihr Niveau und euer Chronist ist, wenn schon nicht vollends begeistert, so doch (wiederum) satt und zufrieden.
7/10