FREEJACK

„What about us?“ – „‚Us‘ was eighteen years ago.“

Freejack ~ USA 1992
Directed By: Geoff Murphy

Der New Yorker Rennfahrer Alex Furlong (Emilio Estevez) staunt nicht schlecht, als er sich nach einem spektakulären Crash statt im Jenseits in einem futuristischen Krankenwagen wiederfindet. Des Rätsels Lösung, die sich erst nach und nach entblättern wird: Alex wurde unmittelbar vor seinem natürlichen Ableben durch eine Zeitmaschine ganze 18 Jahre in die Zukunft versetzt, um dort seinen jungen, gesunden Körper einem ebenso todkranken wie zahlungskräftigen wie Klienten zur Verfügung zu stellen – das Ganze natürlich höchst unfreiwillig. Doch Alex gelingt die Flucht vor seinen Kidnappern, womit er ein „Freejack“ ist, ein Vogelfreier, dessen Ergreifung dem emsigen potenziellen Fänger Millionen von Dollars verspricht. Die Ära des Jahres 2009 entpuppt sich nämlich als mittelgradiger Albtraum aus endgültiger Klassentrennung, kapitalistischer Dystopie und Umweltverschmutzung, in der es nurmehr Superreiche und Subprekariat gibt. Spezialisiert auf die Ergreifung von Freejacks sind die sogenannten „bonejackers“, Kopfgeldjäger unter der Führung von Victor Vacendak (Mick Jagger), die über allerlei wirkungsvolle Mittel verfügen. Alex‘ einzige und letzte Chance liegt darin, seine damalige Freundin Julie (Rene Russo), mittlerweile Topmanagerin in der alles beherrschenden „McCandless Corporation“, ausfindig zu machen und auf seine Seite zu ziehen…

Der seinerzeit in Ehren gefloppte „Freejack“, eine lose auf Ronald Sheckley, respektive dessen 1959er-Roman „Immortality Inc.“ basierende, dystopische Actionkomödie, hatte es nie leicht – aus relativ eklatanten Gründen. Den knackigen, gleichermaßen klugen wie gewalttätigen Habitus der noch in den Köpfen befindlichen Verhoeven-Dystopien entbehrend, schert sich „Freejack“ (bemerkenswerterweise trotz der abermaligen Script-Beteiligung durch Ronald Shusett) relativ wenig um sein im Prinzip durchaus reizvolles dystopisches Szenario, sondern konzentriert sich zu voller Gänze auf die teils albernen Fluchteskapaden seines von Emilio Estevez gespielten Protagonisten. Jener, ein klein gewachsener, nicht sonderlich gescheiter Bursche, der eigentlich nichts kann, außer schnelle Autos (zu Schrott) zu fahren, kann es dann auch erwartungsgemäß nicht mit dem Kaliber des ansonsten für derlei Stoff zuständigen Arnold Schwarzenegger aufnehmen, der ja bereits in (dem gewissermaßen auch über Umwege Sheckley-Motive verarbeitetenden) „The Running Man“ einen Zukunftsflüchtling spielte. Vorab-Screenings müssen entsprechend debakulös ausgefallen sein, woraufhin knapp die Hälfte des Films nachgedreht wurde und Geoff Murphy gern seinen Namen zurückgezogen hätte. Mick Jagger und Anthony Hopkins, der, wohl noch vor seinen Oscar-Ehren, den Haupt-Villain spielt, meinten später, dass sie besser nicht in „Freejack“ hätten mitspielen sollen und dass der Film „schrecklich“ sei. Die eine oder andere Rückprojektion schließlich sieht tatsächlich schlimmer aus als bei den „Power Rangers“. Eine Menge morsches Holz also.
Und dennoch, hinter seinem oberflächlichen Scheitern ist „Freejack“ wie viele seiner Schicksalsgenossen auch, ein durchaus sympathisches Werk, in dem es viel Spaßiges zu entdecken gibt. Da wäre zunächst die illustre Besetzung, die bis in kleine Nebenparts hinein mit etlichen bekannten, zudem gut aufgelegten Gesichtern punktet; etwa Amanda Plummer als rotzfreche Nonne, Frankie Faison als Penner, der eine Abhandlung über die Zubereitung von Flussratten und den Absturz des amerikanischen Adlers hält oder New York Dolls-Sänger David Johansen als verräterischer Altkumpel, witzigerweise ein gewisses lookalike von Jagger, mit dem er leider keine gemeinsame Szene abbekommen hat. Überhaupt Jagger – dessen Auftritte entpuppen sich immer wieder als die wahren, kleinen Filetstückchen des Films, auch, wenn sein häufig unter einem Motorradhelm hervoschauender Mittelscheitel eher dämlich aussieht. Als moralisch wankelmütiger Strippenzieher, der im Herzen doch an eine bessere Welt glaubt und Furlong daher nebst seiner großen Finte am Ende ziehen lässt, hat er mir sehr gut gefallen. Dank Jaggers Mitwirkung gibt es auch einen Cameo seiner Damalsfrau Jerry Hall in der wohl wirrsten Szene des Films: Als Reporterin interviewt sie zufällig Furlong, der nach einem Whiskey sturzbesoffen an einem Discotresen sitzt (im Hintergrund läuft, falls sich noch jemand daran erinnert, Jesus Jones‘ „International Bright Young Thing“) und sich live lallend im TV als der gesuchte Freejack zu erkennen gibt. Die ganz große Fliegenpatsche behält sich Murphys Film (ich nenne ihn an dieser Stelle mal ganz bewusst so) fürs Ende vor: Ihre nunmehr achtzehn Jahre Altersunschied frohgemut ignorierend (zumindest das eine durchaus aparte, überaus romantische Volte) werden Furlong und Julie ihre keinesfalls dys- sondern aufgrund der ihnen nunmehr zur Verfügung stehenden Milliarden utopisches Paradies genießen können. Ihre Oldtimer-Fahrt in den imaginären Sonnenuntergang wird ausgerechnet „gekrönt“ von einer abschließenden Scorpions-Nummer – meines Wissens das einzige Mal, dass die Hannoveraner Jungs in einem Hollywoodfilm gefeaturet wurden. Das Ding schwirrt mir seit gestern unablässig als Ohrwurm im Kopf herum. Fluch oder Segen…?

6/10

LETHAL WEAPON 4

„Flied lice? It’s fried rice, you plick.“

Lethal Weapon 4 ~ USA 1998
Directed By: Richard Donner

Im Zuge eines Einsatzes gegen einen verrückten Pyromanen verraten sich die beiden best buddies und LAPD-Sergeants Martin Riggs (Mel Gibson) und (Roger Murtaugh) gegenseitig, dass ersterer in Bälde Vater wird und letzter Großvater, wobei der Vater des Enkels noch unbekannt ist. Kurz vor der Niederkunft der werdenden Mütter bekommen die zwei Helden es mit einer Triade zu tun, die Menschenschmuggel betreibt, Blüten herstellt und gleich vier gefangenen Bossen aus Hong Kong zur Freiheit verhelfen will.

Ihr vierter und vorerst letzter gemeinsamer Einsatz vereint die zusehends größer werdende Freundesfamilie um die zwei Haudegen Riggs und Murtaugh zum ersten Mal gegen einen veritablen Superbösewicht, den Triadenboss Wah Sing Ku, gespielt vonChina-Haubitze Jet Li. Nachdem die uninteressante Figur ihres letzter Widersachers im dritten Teil des Franchise, ein recht profilloser und langweiliger Immobilienbetrüger, bereits den beständigen Wechsel der Filme hin vom harten Actionfilm zur Buddy-Komödie personell untermauerte, geht Donner diesmal zumindest wieder im knüppligen Showdown in die Vollen, der die beiden alternden Herren abermals nur via echtem Teamwork reüssieren lässt. Ansonsten setzt sich jedoch breitpfadig der bereits mit dem Erstsequel etablierte und manifestierte, überkandidelte Stil der Reihe fort: Der dauerquasselnde, von den zwei Protagonisten großherzig tolerierte, aber stets gefoppte Leo Getz (Joe Pesci) betätigt sich nunmehr als Privatdetektiv in spe, der wie gewohnt etwas anstrengende Chris Rock muss als zusätzliches comic relief herhalten und diverse, wie beiläufig erzählte Miniepisödchen aus der screwball facility, darunter die (späte) Eröffnung, dass Rogers Gatin Trish (Darlene Love) ein Vermögen als heimliche Kitschromancière verdient (die plötzliche Wohlfahrt der Familie legt man dem ehernen, sich wie üblich schämenden Bullen bereits als Korruption aus) und eine völlig entfesselte Zahnarztsequenz mit Lachgas-Impact, sorgen neben den abermals spektakulären Actionszenen für Tempo. Spielte der makellose Erstling noch periodisch in der Weihnachtszeit, ist „Lethal Weapon 4“ mit seinem ausgesprochenen Zuckerguss-Finale nebst Doppel-Baby-Bescherung und der choralen Versicherung „We are family!“ der eigentliche Weihnachtsfilm der Serie und als solcher zugleich ein wohlfeiler Abschluss. Mit Donners Tod im Sommer diesen Jahres sollte ein weiteres potenzielles, immer wieder diskutiertes Sequel eigentlich endgültig passé geworden sein, was der mit dem vorliegenden Film auf mehrerlei Ebenen vollendeten Tetralogie ihres bestehenden Gesamteindrucks betreffs vermutlich ohnehin zupass käme. Tatsächlich jedoch vermeldete Mel Gibson, wie ich just erfuhr, dass er die Regie einer weiteren Fortsetzung zu übernehmen trachte, abermals mit sich selbst (65) und Danny Glover (75) in ihren vielgeliebten Rollen.

7/10

AVENGERS: ENDGAME

„Everything’s gonna work out exactly the way it’s supposed to.“

Avengers: Endgame ~ USA 2019
Directed By: Anthony Russo/Joe Russo

Nach Thanos‘ (Josh Brolin) das gesamte Universum in Mitleidenschaft ziehendem Sieg macht der gemeinsam mit Nebula (Karen Gillan) im All treibende Tony Stark (Robert Downey Jr.) sich zum Sterben bereit, wird jedoch in allerletzter Sekunde von der zur Hilfe eilenden Carol Danvers (Brie Larson) gerettet. Die nunmehr verbliebenen Avengers machen den wahnsinnigen Titanen auf seiner Zufluchtswelt ausfindig, nur um von ihm zu erfahren, dass dieser die Infinty-Steine nach der erfolgreichen Ausführung seiner Pläne samt und sonders zerstört hat. Der kurzgeschlossene Thor (Chris Hemsworth) enthauptet Thanos daraufhin.
Fünf Jahre später versuchen die Menschen der Erde noch immer verzweifelt, mit ihren Verlusten zurecht zu kommen und auch die Avengers haben sich sehr verändert. Tony und Pepper (Gwyneth Paltrow) haben geheiratet und leben mit ihrer kleinen Tochter (Lexi Rabe) abgeschieden auf dem Land. Steve Rogers (Chris Evans) betreibt unermüdliche Trauerarbeit für Kleingruppen, der aus dem Leim gegangene Thor entlädt seinen Frust in Alkohol und irdischem Slackertum. Natasha Romanoff (Scarlett Johansson) kümmert sich gemeinsam mit den auf der Erde gestrandeten Rocket und Nebula sowie Jim Rhodes (Don Cheadle) und T’Challas (Chadwick Boseman) überlebender Kriegerin Okoye (Danai Gurira) um die internationale Sicherheit und sucht parallel dazu nach Clint Barton (Jeremy Renner), der sich nach dem Tod seiner kompletten Familie als global operierender Vigilant im Untergrund bewegt. Bruce Banner (Mark Ruffalo)  hat indes seine „Hulk“-Persönlichkeit gezähmt und sie zum festen Bestandteil seines menschlichen Wesens gemacht. Der erst nach all dieser Zeit aus der Quantenrealität zurückkehrende Scott Lang (Paul Rudd), dessen Aufenthalt in der Mikrowelt ihm wie fünf Stunden erschienen, sucht die Avengers auf und legt ihnen eine letzte Möglichkeit nahe, Thanos‘ Auslöschungen rückgängig zu machen: die Zeitreise. Der unter Behelf von Tony Starks Genie bald entwickelte Plan sieht vor, in Kleinteams zu jenen Punkten in der Vergangenheit zurückzugehen, an denen man der Infinity-Steine am Günstigsten habhaft werden kann. Doch lauern in der Vergangenheit auch Thanos und dessen ihm damals noch ergebene Tochter Nebula, die durch deren zukünftiges Pendant um die Pläne der Avengers erfahren und Gegenmaßnahmen ergreifen…

Erwartungsgemäß endet diese „Phase 3“ des MCU nicht nur mit einem ausgedehnten Knall, sondern markiert weiterhin gewissermaßen einen Endpunkt der gesamten bisherigen MCU-Historie seit „Iron-Man“, in ihrer Gesamtheit auch als „Infinity-Saga“ bezeichnet. Zu diesem Zweck greift der Plot von „Avengers: Endgame“ geschickt zurück in die Ereigniswelten der zurückliegenden Abenteuer und stellt damit nochmals die größte narrative Stärke des MCU heraus, die ihre Kraft eben auch der nochmals sehr viel ausufernderen Konzeption der Comic-Welten verdankt: Die Verknüpfung inhaltlicher Details und Momente aus 21 Filmen in elf Jahren, einem gewaltigen, in der Geschichte des Kinos in dieser Form bislang einzigartigen Erbe. Die Sorge dafür, dass jene Brückenschläge sinnvoll und reibungslos ablaufen, wäre wiederum ein hervorzuhebendes Qualitätsmerkmal des MCU, dass sich spätestens mit „Endgame“ zu einem geschlossenen (wenngleich nicht abgeschlossenen), bunten Fresko ausweitet, das nunmehr, da es vollendet wurde, beinahe den Anschein einer seit Anbeginn minutiösen Planung hinterlässt.
Gewiss ist der Film zuvorderst ein direktes Sequel zu „Infinity War“, dessen brutales Finale ja bekanntermaßen ein großes Quantum an liebgewonnenem Figureninventar zu Staub zerfallen ließ und das weder die Fans noch die Avengers in solch „finiter“ Konsequenz auf sich sitzen lassen konnten. So geht nun „Endgame“ als zwangsläufig aufgefächerter Mehrakter in sein Endspiel: Nach der ersten Berappelung und der Rache an Thanos folgt  ein Zukunftssprung um fünf Jahre, die nur wenige Wunden zu heilen vermögen. Dank Scott Lang reifen dann die Pläne um einen doch noch optionalen Sieg über die Endgültigkeit des Schicksals. Mittels eines – wie könnte es anders sein – etwas wackeligen Zeitreiseplots reisen die Helden dann zu zwei bzw. drei Punkten in der Vergangenheit, um sich in den Besitz der Steine, nach wie vor klassische MacGuffins, zu bringen und stolpern dort natürlich über turbulente (New York) bis dramatische (Kosmos) Unwägbarkeiten. Es folgt die Mutter aller Superheldenschlachten, quasi ein filmgewordenes Gemälde von John Buscema, Jim Starlin, Ron Lim, George Pérez und Alan Davis in kombinierter Reinkultur, auf den Ruinen des von Thanos in Asche gelegten Avengers-Hauptquartiers. Die Gänsehäute überbieten sich, wenn nunmehr endlich sämtliche der bekannten (wiedererweckten) Heroinen und Heroen, inklusive einer gerüsteten Pepper Potts und einer wiederum im letzten Augenblick auftauchenden Captain Marvel, mitsamt ihren Armeen aus asgardianischen Walküren und Wakanda-Kriegern, um den neuen Infinity-Handschuh kämpfen und Thanos‘ Streitmacht eine herbe Schlappe zufügen. Leider versäumte man in diesem doch so naheliegenden Zusammenhang die Chance, die Defenders aus den Netflix-Serials zumindest für ein Cameo mit ins Boot zu holen – ein solcher hätte gewiss für (berechtigte) frenetische Ekstaseschreie zu sorgen vermocht. Bei mir zumindest. Natürlich gibt es in der Folge ein, um nicht zu sagen das große(s) Heldenopfer zu beklagen, dessen Trauerfeier und Auswirkungen den letzten, tränenschürenden Abschnitt des Films bestimmen. Die Wunden wollen geleckt sein, doch die Türen für die nächste, große Saga nebst den noch Aktiven und ihren Nachfolgern finden sich bereits leise und ganz wie nebenbei geöffnet.
Darüber, dass „Endgame“ zumindest für den Moment „Avatar“ als den bis dato erfolgreichsten Blockbuster abgelöst hat, mag ich, auch wenn es mich aus mehrerlei Gründen in Hochstimmung versetzt, keine weiteren, grübelnden Worte verlieren. Allein die Tatsache, das MCU infolge eines seiner schönsten Produkte weiterhin derart kassenstark und damit zukunftsgewappnet zu wähnen, genügt mir für den Moment. Ich für meinen Teil werde mit ganz viel aufrichtiger Liebe für das Erreichte und ebenso für das noch zu Erreichende am Ball bleiben. Bis hierher: Danke.

10/10

OUTBREAK

„Don’t drop the bomb just because you’re following orders!“

Outbreak ~ USA 1995
Directed By: Wolfgang Petersen

Ausgerechnet durch ein niedliches, kleines Äffchen wird das absolut tödliche „Motaba-Virus“, das seine Opfer binnen Stunden inkubiert und qualvoll sterben lässt, von Zaire nach Kalifornien gebracht. Im Küstenstädtchen Cedar Creek breitet sich die durch Tröpfchen übetragene Krankheit mit rasanter Geschwindigkeit aus, so dass der gesamte Ort unter Quarantäne gestellt werden muss. Die Virenexperten Sam Daniels (Dustin Hoffman), seine just von ihm geschiedene Frau Robby Keough (Rene Russo), Casey Schuler (Kevin Spacey) und Major Salt (Cuba Gooding Jr.) haben nicht nur alle Hände voll damit zu tun, die Infektion vor Ort einzudämmen und zu bekämpfen, sondern müssen auch noch gegen den fanatischen General McClintock (Donald Sutherland) agieren, der einen vor Jahren in Afrika befohlenen Massenmord verschleiern und zudem das Virus als biologischen Kampfstoff sicherstellen will.

Ganz der Tradition der früheren, paranoiden Katastrophen- und Virenfilme der siebziger Jahre verhaftet – schlag‘ insbesondere nach bei Crichtons „The Andromeda Strain“ und Romeros „The Crazies“ – passte „Outbreak“ wiederum gut in seine Entstehungsphase, der eine umfassende Ebola-Erkrankungswelle vorausging. Wie das tatsächliche Virus wird auch sein Filmpendant durch Primaten übertragen und sieht in der mikroskopischen Vergrößerung sogar verblüffend ähnlich aus.
Petersen, neben Otto Waalkes unser anderer Mann aus Emden, hatte mit dieser Großproduktion einmal mehr Gelegenheit, seine Findigkeit in Hollywood unter Beweis zu stellen. „Outbreak“ symbolisiert gleich in multipler Weise das Mainstreamkino der Neunziger – er ist in Narration und Dramaturgie denkbar simpel und reduziert gehalten, formal hochglänzend bis perfektionistisch, mit renommierten, nicht mehr ganz taufrischen Superstars gespickt und dabei natürlich ausnehmend unterhaltend. Wie es der damalige, wohlverständig veräußerte Chic gebot, wird die Position des Militärs gleichfalls kritisch beäugt wie als unerlässlich dargestellt: zum einen gibt es da die bösartigen Kommissköpfe mit hohen Offizierspatenten, die durch Macht und Einfluss gnadenlos korrumpiert und entmenschlicht sind, zum anderen die Humanisten in Uniform, auf die auch in schlimmsten Krisensituation stets Verlass ist. Nachdem die anfängliche Entwicklung der Geschichte mit dem Affen als todbringendem Virenwirt, der über dumme, aber halbwegs mögliche Zufälle bis in eine kalifornische Kleinstadt gelangt und dort das Chaos auslöst, noch recht ordentlich konstruiert ist, wird es mit fortschreitender Laufzeit dann zunehmend albern; als sich herausstellt, dass Motaba kombattante Interessenvertreter in hohen Positionen besitzt, die bereit sind, eine (wohlgemerkt!) amerikanische Stadt zu opfern, um ihre eigenen, ruchhaften Klüngel geheimzuhalten, muss flugs eine Verfolgungsjagd mit Hubschraubern und ein späterer, furchtloser Einsatz der in ihren wissenschaftlichen Bestrebungen mittlerweile natürlich erfolgreichen Soldaten gegen die wie maschinell gesteuerten Berufsgenossen her. Auch hieraus etwickeln sich gezielt arrangierte Spannungsmomente, die jedoch nichts daran ändern können, dass die eigentliche Story unverhohlen einfältig bleibt. Im Grunde verbirgt sich unter der Oberfläche „Outbreak“ nichts anderes als uralter, halbgescheiter Kintopp, freilich sauber aufgeputzt und neu eingekleidet. Mit dieser Erkenntnis im verschmitzten Hinterkopf bereitet er dann stellenweise durchaus diebische Freude.

6/10

RANSOM

„I’ll have your head on a fucking pike!“

Ransom (Kopfgeld) ~ USA 1996
Directed By: Ron Howard

Der Airline-Chef Tom Mullen (Mel Gibson) ist in den Massenmedien als pr-bewusster Selfmade-Millionär kein Unbekannter. Jedoch gereichen ihm die jüngsten Schlagzeilen um seine Person weniger zum Vorteil: er soll den Gewerkschaftsvertreter Jackie Brown (Dan Hedaya) geschmiert haben, um einen drohenden Streik abzuwenden. Mitten in diese Krise hinein platzt dann auch noch die Entführung von Toms kleinem Sohn Sean (Brawley Nolte), hinter der der neurotische Cop Shaker (Gary Sinise) nebst vier Verbündeten (Lili Taylor, Liev Schreiber, Donnie Wahlberg, Evan Handler) steckt. Mullen schaltet das FBI ein, doch auch der engagierte Agent Hawkins (Delroy Lindo) kann mit Ausnahme steter Beschwichtigungen wenig für ihn und seine nicht minder besorgte Frau Kate (Rene Russo) tun. Der Versuch einer ersten Geldübergabe scheitert und Tom kann sich des immer stärker werdenden Gefühls, dass Sean ohnehin ermordert werden wird, nicht erwehren. Verzweifelt dreht er den Spieß um und setzt die von den Kidnappern verlangte Lösegeldsumme öffentlich als Kopfgeld für die Bande aus.

Ron Howards Remake eines exakt 40 Jahre älteren Thrillers mit Glenn Ford kommt nur selten über das eher fade Prädikat ‚routiniert‘ hinaus. Zwar leistet sich „Ransom“ alles in allem keine eminenten Fehler, er leidet jedoch unter anderen Kinderkrankheiten, die eine wirklich tiefgehende Beziehung zu ihm unmöglich machen. Daran trägt allerdings weniger Howards emsige Inszenierung Schuld; der Regisseur macht weithin das Beste aus den ihm zur Verfügung stehenden Ressourcen, verpasst nur selten einen sich nähernden Spannungsbogen und schlägt sich daher mit wenigen Schnitzern wacker. Die Einbußen liegen anderswo. Da wären zunächst Mel Gibson und Rene Russo als reiches Ehepaar. Die Leute haben Geld, sogar sehr viel, und der mit Vorliebe gegen die Hochfinanz wetternde Jimmy Shaker als eine Art fehlgeleiteter Arbeiterheld somit eine deutlich sympathischere, berechtigtere Agenda als die nicht immer moralgetreu mit ihren Milliönchen jonglierenden Mullens. Dieser Turnus im Bereich der Charakterzeichnung durchaus interessant, wird jedoch vom Script leider überhaupt nicht weiterverfolgt. Inhärent bleiben die Mullens trotz der fragwürdigen (aber natürlich erfolgreichen) Strategie des Vaters, die Kidnapper mit seiner Lösegeldanpreisung zu entzweien und gegeneinander aufzuhetzen, stets Sympathieträger, derweil Shaker als eifersüchtiger, sadistischer und geldgieriger Bösewicht über klischierte Stereotypen nie hinausragt. Gibson, das weiß man, kann vor der Kamera ganz phantastisch leiden und eine Menge an Weltschmerz in seine Mimik einfließen lassen. Auch Howard war dieses Talent seines Hauptdarstellers ganz offensichtlich bekannt und so lässt er ihn gleich mehrfach taumeln und schließlich zur Gänze zusammenbrechen, bevor er sich dann im (unvermittelt heftigen) Showdown endlich Mann gegen Mann beweisen kann. Tom Mullen ist phasenweise gar nicht mal weit sonderlich entfernt von Max Rockatansky, Martin Riggs und William Wallace, nur dass er über eine deutlich dickere Geldbörse verfügt als seine Kinoahnen und Kampfesbrüder im Geiste. Rene Russo in der Rolle der Blanko-Ehefrau fungiert derweil einzig als moralisches Rückgrat für ihren Gatten, unterschreibt letzten Endes aber sowieso alles, was er ihr anträgt. Wirklich herausragend sind derweil Gary Sinise und die sowieso immer tolle Lili Taylor, die „Ransom“ wirklich etwas zu geben haben, nämlich Mehrdimensionalität und darstellerische Facetten.

6/10