THE NIGHT HOUSE

„You were right. Here is nothing. You’re safe now.“

The Night House (The House At Night) ~ USA/UK 2020
Directed By: David Bruckner

Vom einen auf den anderen Tag ändert sich das Leben für die High-School-Lehrerin Beth (Rebecca Hall) radikal: ihr Mann Owen (Evan Jonigkeit) schießt sich nächtens gänzlich unerwartet in den Kopf – dabei galt doch sie selbst stets als der labile, depressive Part innerhalb ihrer Beziehung. Die nunmehr allein in dem von Owen in Eigenarbeit gebauten, pittoresken Seehaus in Upstate New York lebende Beth ist nach einigen paranormalen Erlebnissen schon bald der festen Überzeugung, dass Owens Geist noch präsent ist und ihr etwas mitteilen möchte, das über die kurzen drei Sätze in seiner schriftlich hinterlassenen Abschiedsnachricht hinausgeht. Ihre Recherchen fördern bald Vieles zutage, das sie nicht über Owen wusste, ihn respektive als noch mysteriöser erscheinen lässt. So findet Beth diverse Handyfotos, die Frauen zeigen, die ihr selbst physisch sehr ähnlich sind und entdeckt auf der gegenüberliegenden Seeseite ein leerstehendes, verlottertes Haus, dessen Grundriss dem ihren fast exakt gleicht – nur, dass dort alles spiegelverkehrt ist…

Das Jenseitige als Inversion des Diesseits mit dem Spiegel als Tor in die Zwischenwelt – dieses Bild wurde schon häufig als effektives Gimmick im Genrekino genutzt. Man denke an entsprechende Sequenzen aus Raimis „The Evil Dead“ oder Carpenters „Prince Of Darkness“, in denen Wandspiegel ihre physikalische Zuverlässigkeit einbüßen und in eine unergründliche, anderweltliche Chaosdimension münden. David Bruckners schöner „The Night House“ gründet auf diesem Topos gewissermaßen seine gesamte Geschichte – ein viele Jahre zurückliegendes Nahtoderlebnis der Protagonistin Beth erweist sich als keineswegs so substanz- und folgenlos, wie die gemeinhin als skeptische Atheistin bekannte Frau es sich selbst stets weiszumachen trachtete. Zumindest wurde sie bei ihrem Kurzausflug auf die andere Seite entdeckt und wahrgenommen, obschon ihre eigene Wahrnehmung ihr dies offenbar verschwieg. Mit welcher Vehemenz ebenjene Entität seither versucht, sich ihrer zu bemächtigen, das bekommt sie nach Owens überraschendem Suizid bald selbst zu spüren. Dass ihr Gatte zumindest über weite Phasen seines Privatlebens hinweg nicht der war, der er zu sein vorgab, gehört ebenso zur Entschlüsselung dieses Geheimnisses wie gleichermaßen zunehmend bedrohliche wie verwirrende Erlebnisse, die allmählich die Grenzen zwischen Traum und Realität aufzulösen beginnen. Bruckners gelassener, in entscheidenden Momenten allerdings gekonnt die Daumenschrauben anziehender Erzählduktus mit einigen glänzenden audiovisuellen Einfällen vertraut sich dabei ganz der Perspektive der von Rebecca Hall einnehmend gespielten Hauptfigur an. In diesem Zuge entspinnt sich ein hübscher Mysterythriller von angenehm ernster Gestalt, ein Horrorfilm zudem für ein ausgewiesen erwachsenes Publikum.
Dabei hat die eigentlich schönste Szene wenig mit der sich später herausschälenden Genreausprägung zu tun und liegt ziemlich am Anfang. BerufsgenossInnen werden wissen, welche ich meine…

8/10

VOCES

Zitat entfällt.

Voces ~ E 2020
Directed By: Ángel Gómez Hernández

Daniel (Rodolfo Sancho) und Sara (Belén Fabra) erwerben renovierungsbedürftige Immobilien und bringen sie wieder in Schuss, um sie dann gewinnbringend weiterzuverkaufen. Für die Zeit der Restauration leben sie zugleich dort. Für ihren neunjährigen Sohn Eric (Lucas Blas) erweist sich die ewige Umzieherei als psychologisch unvorteilhaft; er kann sich nie an Schule oder Freunde gewöhnen. Im jüngsten Haus, einer weit außerhalb Madrids liegenden, jahrhundertealten Villa, fühlt sich Eric sogar noch unwohler als üblich. Er hört Stimmen, die ihm böse Dinge einflüstern und klingen wie die von Daniel. Eine hinzugezogene Psychologin (Beatriz Arjona) hat gleich nach ihrem ersten Hausbesuch einen tödlichen Autounfall. Dabei bleibt es nicht – Eric ertrinkt nur wenige Nächte später in dem abgesperrten Außenschwimmbad. Während die trauernde Ruth verzweifelt zu ihren Eltern fährt, sucht Daniel, der mittlerweile selbst mehrere unheimliche Erlebnisse hatte, die Hilfe des arrivierten ESP-Forschers Germán (Ramón Barea), der mit seiner Tochter Ruth (Ana Fernández) den Ereignissen vor Ort auf den Grund gehen will…

Another building, another witch. Als besonders originell kann man den aus spanischer Fertigung stammenden haunted house chiller „Voces“ sicherlich nicht erachten, dafür jedoch als beflissenes Gattungsstück, das seine wenngleich routinierten Mittel effektvoll einzusetzen weiß. In der erweiterten Tradition der diversen Spukhausfilme der siebziger und achtziger Jahre stehend – vor allem „Burnt Offerings“, „Superstition“ und „Poltergeist“ finden sich jeweils mehrfach referenziert – demonstrieren und zelebrieren Script und Regie ihr aufmerksames Studium populärer Vorbilder praktisch ohne Unterlass. Auch Roegs „Don’t Look Now“ wirft abermals seinen großen, motivischen Schatten, wobei das Bemühen um Grusel- und Schockelemente freilich dem gegenwärtigen Genrekino angeglichen wird und sich dessen diverse Ingredienzien, immerhin durchaus kompetent, recht erschöpfend dargeboten finden. „Voces“ stellt inmitten des sich aktuell oftmals überaus doppelbödig präsentierenden Horrorfilms somit eher als reaktionär dar, indem er sich auf seine besonders evokativ abgespulte Dramaturgie als essenzielles Hauptelement stützt und sich möglicher, tiefergehender intellektueller Diskurse derweil stehenden Fußes verweigert. Diese Strategie geht soweit auf, verhindert allerdings zugleich mutmaßlich, dass man sich auch längerfristig an „Voces“ wird erinnern können.

6/10

THE BANISHING

„Amen.“

The Banishing ~ UK 2020
Directed By: Christopher Smith

Essex, 1938. Der immens gottesfürchtige Vikar Linus Forster (John Heffernan) zieht mit seiner Gattin Marianne (Jessica Brown Findlay) und deren unehelicher Tochter Adelaide (Anya McKenna-Bruce) in das berüchtigte Landhaus Morley Hall, in dem sich drei Jahre zuvor Schreckliches ereignet hat, was der ortsansässige Bischof Malachi (John Lynch) jedoch wohlfeil unter den Teppich gekehrt hat. Einzig der als Scharlatan verschrieene, in Morley wohnhafte Okkultismusforscher Harry Reed (Sean Harris) ahnt um die dämonische Gefahr, in der vor allem Marianne und die kleine Addie schweben. Morley Hall wurde nämlich auf den Ruinen eines Klosters bigotter Mönche erbaut, die dort einst grausige Taten verantworteten und einen besonders unruhigen Geist in den Katakomben hinterließen…

Im Horrorfilm und besonders im Haunted-House- und Exorzismus-Subgenre bieten vermeintlich authentische Lokalitäten oder Begebenheiten sowie entsprechende, paranormale Phänomene mit angeblich realen Wurzeln seit jeher eine immens dankbare Projektionsfläche für mannigfaltige Revision und eifrige Fabulierung. „The Banishing“, originär veröffentlicht beim einschlägigen VOD-Service Shudder, greift jenes Element wiederum auf, um einen einserseits stark traditionsverhafteten und andererseits doch recht postmodernistisch gefärbten Gattungsbeitrag zu liefern. Handlungsort und Personen wurzeln durchweg auf historischen Vorbildern, jeweils unter geringfügigen, für Faktenvertraute jedoch offensichtlichen Namensänderungen, wobei erwartungsgemäß auch der Fall des realen Borley Rectory, dem berühmtesten Spukhaus Englands, nebst den Berichten des damals dort unnachgiebig um Aufmerksamkeit heischenden Spiritualisten Harry Price im Nachhinein als barer Humbug entlarvt wurde. Ihre Funktionalität als Inspirationstableau für kleine Schauergeschichten haben die alten Geschichten jedoch nie wirklich eingebüßt, wie „The Banishing“ nunmehr demonstriert.
Smiths Film erfuhr bis dato vornehmlich Widerwillen und Ablehnung; er wolle allzuviel und offeriere dabei doch vornehmlich Albernheiten, misslungene Details und campigen Versatz. So einfach finde ich es nicht. Gewiss, es lässt sich nicht leugnen, dass „The Banishing“ recht unverfroren auf die sich ihm darbietende Kolportageklaviatur eindrischt. Zur Orientierung ~ all dies kommt im Film vor: ein verfluchtes Haus mit noch verfluchteren Kellergewölben, eine Familie mit unheilvoller, an ihrer Stabilität nagender Vorgeschichte, ein spirituell begabtes Kind, das sich zusehends merkwürdig verhält, ein in seinen Glaubensgrundsätzen extrem geprüfter Gottesmann, ein sinistrer Bischof, welcher mit den Nazis kooperiert, die sich wiederum okkulte Mächte anzueignen trachten, ein unerlöster weiblicher Geist mitsamt totem Baby, böse Mönchsdämonen in Kapuzenkutten, Zeit- und Dimensionsverschiebungen, beidseitig aktive Spiegel, albtraumhafte Visionen, ein exzentrischer Bohèmien, der schließlich den Tag rettet und natürlich der heraufdämmernde Zweite Weltkrieg mitsamt der Frage der moralisch korrekten britischen Reaktion auf den kontinentalen Faschismus. Keine schlechte Agenda für knappe 100 Minuten Erzählzeit und dabei erstaunlicherweise doch unter steter Bemühung der traditionell ehrwürdigen, sepiafarbenen Kontemplation englischer Genreerzählungen dargeboten. Obschon das Ganze durchaus etwas von einem eklektischen Gemüseeintopf besitzt, habe ich mich gut darin zurechtgefunden; ich mochte die Darsteller, allen voran den unglaublich an einen jungen Derek Jacobi erinnernden Sean Harris, wie er ungezwungen tanzt, säuft, sich lachend zusammenschlagen lässt und scheinheiliger Frömmelei trotzt.
„The Banishing“ ist tatsächlich ein recht erhabener Film, an dem mir besonders gefällt, der er sich allem Konsensuellem ganz bewusst fernhält und es weiten Publikumsteilen bewusst schwer macht, andererseits aber recht genau zu wissen scheint, was er wie tut.

7/10

THE CONJURING: THE DEVIL MADE ME DO IT

„I don’t want to go down there.“

The Conjuring: The Devil Made Me Do It (Conjuring 3 – Im Bann des Teufels) ~ USA/UK 2021
Directed By: Michael Chaves

Im Jahre 1981 untersucht das Okkultisten-Paar Lorraine (Vera Farmiga) und Ed Warren (Patrick Wilson) den Fall des besessenen, elfjährigen David Glatzel (Julian Hilliard). Im Zuge des später anberaumten Exorzismus bietet sich Arne Johnson (Ruairi O’Connor), der Freund von Davids älterer Schwester Debbie (Sarah Catherine Hook), dem Dämon als Ersatzwirt an. Ed erleidet während der Ereignisse einen beinahe tödlichen Herzinfarkt. Zwar ist der kleine David hernach kuriert und auch sonst scheint zunächst alles in Ordnung, bis Arne einige Wochen später im Zuge scheinbarer geistiger Umnachtung seinen Vermieter Bruno Sauls (Ronnie Gene Blevins) ersticht. Nachdem Arne sich widerstandslos verhaften lässt und wegen Mordes angeklagt wird, findet Lorraine heraus, dass der Dämon noch immer latent mit Arne in Verbindung steht. Die Warrens entdecken einen satanistischen Fetisch unter dem Haus der Glatzels, der sie auf die Spur einer im Hintergrund agierenden, mächtigen Drahtzieherin (Eugenie Bondurant) setzt. Jene hatte den sinistren Dämon einst heraufbeschworen und trachtet nun wiederum mit dessen Hilfe Arnes Leben ein Ende zu setzen.

Im dritten Teil der mittlerweile ja recht fruchtbar unterverzweigten „Conjuring“-Reihe ermitteln die Warrens nach ihrem Abstecher nach London wieder in heimischen, neuenglischen Gestaden. James Wan, der ja mittlerweile wohl vornehmlich Projekte größeren Stils dirigiert, fungiert nurmehr als Produzent und Co-Autor, derweil „Llorona“-Regisseur Michael Chaves hier seine zweite Langfilm-Arbeit inszeniert. Die Story-Prämisse bildete diesmal der in den USA recht bekannte „Devil Made Me Do It“-Gerichtsprozess, in dessen Zuge Arne Cheyenne Johnson unter Berufung auf die Warrens beteuerte, während des ihm zur Last gelegten Gewaltaktes Opfer dämonischen Einflusses gewesen zu sein. Dass er der infolge eines Totschlags-Urteils der drohenden Todesstrafe entging und trotz einer wesentlich höheren Freiheitsstrafe bereits nach fünf Jahren wieder aus dem Gefängnis entlassen wurde, suggeriert der Film während des Abspanns noch als indirekten Effekt der warrenschen Insistierung, obschon dieser während des eigentlichen Prozesses keinerlei Evidenz zukam.
Man kann sich als Filmfreund glücklich schätzen, dass die echten Warrens mit Vera Farmiga und Patrick Wilson zwei recht sympathische filmische Stellvertreter erhalten haben, zeugen selbst oberflächichste Rechecherche nebst anhängenden Archivaufnahmen des Ehepaars doch von ausgesprochen wenig Vertrauen erweckenden Spinnern und/oder Scharlatanen, deren authentisches „Wirken“ im besten Falle tatsächlich ausschließlich als halbgare Kintopp-Inspiration dienen mag; von der immer wiederkehrenden Effektivität rein christlich basierter Gegenmaßnahmen im Zuge ihrer Aktionen einmal gar nicht zu reden.
Was Chaves‘ eigentlichen Film anbelangt, so bescheidet sich dieser mit einem biederen, überraschungsfreien und mit wenigen Ausnahmen annähernd spannungslosen Aufzug. Schöne, atmosphärisch angelegte Figuren wie der Valak oder der Crooked Man, die der letzte Teil noch aufzubieten wusste, fehlen faktisch gänzlich. Ein fetter, nackter Geist (Jay Peterson) und die strippenziehende Satanistin Isla (Bondurant) bieten da nur vergleichsweise schmalen Ersatz. Stattdessen gibt es gnadenlos kitschige Rückblicke auf die jugendliche Kennenlernzeit der Warrens, deren romantisches Band sich dann am Ende auch als funktionalste Waffe wider die Mächte des Bösen ausgestellt findet. Formal wie darstellerisch medioker scheint sich somit auch dieses Franchise allmählich der Ermüdung feilzubieten, wobei es noch einige Geschichten um die Warrens gibt, die erzählt werden könnten. Ob sie dies auch wirklich sollten, wird die Zukunft zu zeigen haben.

5/10

HIS HOUSE

„It has followed us here.“

His House ~ UK 2020
Directed By: Remi Weekes

Das aus dem Südsudan stammende Ehepaar Rial (Wunmi Mosaku) und Bol (Sope Dirisu) lebt nach seiner Ankunft in England in einer Flüchtlingsunterkunft. Nyagak (Malaika Wakoli-Abigaba), die Tochter der beiden, ist zuvor während der Schiffspassage ertrunken. Ihr Verlust hat tiefe Risse bei Bol und Rial hinterlassen. Schließlich wird dem Paar unter strikten Aufenthaltsauflagen ein verwahrlostes Reihenhaus in einer anonymen Vorstadtsiedlung zugewiesen. Es dauert nicht lange, bis Bol, dem der Verbleib in der neuen Heimat über alles geht, Geister zu sehen beginnt. Vor allem Nayagaks unruhige Seele scheint voller Wut auf ihn und treibt Bol mit ihren ebenso aggressiven wie anklagenden Erscheinungen an die Grenzen des Wahnsinns. Auch Rial nimmt die Gespenster wahr. Für sie handelt es sich um einen Apeth, einen Dämon, der mit Schuld beladene Opfer bis aufs letzte Haar verschlingt, bevor er wieder Ruhe gibt. Während Bols und Rials Betreuer (Matt Smith) sich Sorgen zu machen beginnt, gilt es für die beiden, den Apeth irgendwie wieder los zu werden…

Dass der jüngere Horrorfilm sich, wie es den Wurzeln des Genres ja ohnehin seit eh und je entspricht, einer der kulturell bedeutsamsten Indikatoren für diverse gesamtgesellschaftlich geführte Diskurse zeigt, sollte keinem halbwegs aufmerksamen Genrebetrachter entgangen sein. Remi Weekes‘ „His House“ nun ist wohl einer der ersten Beiträge der Gattung zur Flüchtlingsthematik, und ein gleichermaßen sensibler wie berückender dazu. Ohne den Haunted-House-Topos seiner fest eingeschriebenen Ingredienzien zu berauben oder diese gar formal zu innovieren, erzählt Weekes wie beiläufig, was es heißt, eine krisengeschüttelte Heimat um Leibes und Lebens Willen hinter sich lassen und all die weiteren Entbehrungen auf sich nehmen zu müssen, die damit einhergehen, in das so sicher scheinende Mittel- bzw. Westeuropa zu migrieren. Denn die diversen, psychobiographisch versiegelten Traumata, die Albträume und möglicherweise auch auf sich geladene Schuldkomplexe bleiben – auch wenn der neu betretene Grund und Boden nicht von sichtbarem Blut getränkt sein mag. Der Apeth, die symbolische Manifestation all des Zurückgelassenen, ist längst nicht die einzige unnehmbar scheinende Hürde zur Sorgenfreiheit. Da sind auch noch die fremde Sprache, die andersartige Kultur, die hässliche, graue Zubetoniertheit der westlichen Urbanität, die Despektierlichkeit der hiesigen, weißen Ureinwohner mit all ihren kleinen und großen alltagsrassistischen Ressentiments, die aus ihrem Widerwillen und ihrem Unverständnis größenteils erst gar keinen Hehl machen. Ein schmuckloses, verkommenes Haus ohne Leben mit Müll, Dreck und Ungeziefer, Nachbarn ohne zwischenmenschliche Regungen, ein paar Pfund zum (Über-)Leben, dumme Bemerkungen, Verbote und Einschränkungen allerorten. Rial und Bol kommt das gepriesene, sichere England vor wie eine Teildiktatur mit ihnen selbst als humanem Bodensatz. Als ob all das nicht ausreichte, sind da noch die Schreie der Ertrunkenen, Ermordeten, Zurückgebliebenen, die in jeder ruhigen Minute ihr unablässiges Echo platzieren. Welcher Weg der richtige ist, müssen Rial und Bol erst herausfinden, wo „His House“ ihn stellvertretend für sie bereits gepflastert hat und nun mit ihnen beschreitet. Die einzige Option muss (und kann nur) lauten: weitermachen, kämpfen, niemals aufgeben.

8/10

GHOSTS OF WAR

„This war will not end.“

Ghosts Of War ~ USA 2020
Directed By: Eric Bress

Frankreich, 1944. Eine kleiner, fünfköpfiger G.I.-Stoßtrupp zieht durch die Provinz mit dem Auftrag, eine Villa aufzusuchen, die vormals der wohlhabenden Helwig-Familie (Shaun Toub, Laila Banki, Yanitsa Mihailova, Kaloyan Hristov) gehört hat und diese bis zum Eintreffen der Admiralität zu halten. Die Helwigs hatten offenbar Juden versteckt und sind dann von einer SS-Einheit grausam hingerichtet worden. Als das Soldaten-Quintett eintrifft, ist die abzulösende Vorhut froh, eilends verschwinden zu können. Schnell erfährt man auch, warum: In der Villa spuken die Geister der ermordeten Helwigs. Das vergessene Tagebuch eines jungen deutschen Soldaten gibt scheinbar Aufschluss über die Ereignisse, die abermals kulminieren, als eine weitere SS-Einheit eintrifft und es zu einem Feuergefecht kommt. Die nunmehr um ein Mitglied (Alan Ritchson) dezimierten G.I.s beschließen, das unheimliche Gebäude zurückzulassen und sich in den Wäldern zu verschanzen, doch es gibt kein Entkommen vor ihrem Schicksal…

Daraus, dass Eric Bress, der Autor und Regisseur von „Ghosts Of War“, Ambrose Bierces berühmte Kurzgeschichte „Incident At Owl Creek“ gelesen hat und auch sonst mit dem Autor vertraut ist, macht er keinen Hehl, wird auf den Klassiker doch direkt im Film Bezug genommen, als die Männer eine Ahnung beschleicht, dass doch wesentlich mehr an Illusion um sie herum konstruiert ist als es zunächst den Anschein hat. Auch Lynes „Jacob’s Ladder“ dürfte Bress insofern keinesfalls fremd sein. Der in Bulgarien gefilmte „Ghosts Of War“, immerhin Bress‘ erste Regiearbeit seit dem sechzehn Jahre zurückliegenden „The Butterfly Effect“, weist ebenso zu jenem gewisse Parallelen auf, indem er Zeitfluss, Kausalität und subjektive Wahrnehmungserfahrungen wiederum als Topoi für ein das Publikum sukzessive verunsicherndes Vexierspiel nutzt.
Glücklicherweise habe ich mich mit dem Inhalt zuvor nicht weiter auseinandergesetzt und den Film vorrangig deshalb geschaut, weil mir die lancierte Kombination aus WWII- und Spukhaus-Elementen durchaus attraktiv erschien.
So einfach ist es aber dann bei Weitem doch nicht, wie ein überraschender twist im letzten Erzählviertel beweist. Hier begibt sich „Ghosts Of War“ urplötzlich in zuvor kaum erahnbare, aber doch recht schlüssig implizierte Science-Fiction-Gefilde, indem er alles bis dato Gezeigte kurzerhand auf den Kopf stellt und zu einer Meditation über das Wesen des Krieges selbst gerinnt. Bress ist gewiss ein zu geschickter Autor als dass er diese doch eine gerüttelte Menge an Zuschauer-Akzeptanz einfordernde Wendung vollendes der Unplausibilität überlässt, dennoch konnte ich mich des diffusen Gefühls, behende überrumpelt worden zu sein und einen doch recht feisten Bären aufgebunden bekommen zu haben, nicht gänzlich erwehren. Was Bress zudem nicht sonderlich liegt ist die Handhabung der unspektakulären Elemente, so etwa die involvierende Ausarbeitung seiner Charaktere und deren Beziehungsgeflechte. Die fünf von Brenton Thwaites, Kyle Gallner, Theo Rossi, Skylar Astin und Alan Ritchson gespielten G.I.s bleiben eigentlich durchweg bloße Skizzen oder Silhouetten, zu denen sich keine Beziehung einstellen mag. Insofern bleibt ihr Schicksal dann auch weitgehend akademischer Natur und lediglich ein kleines Zahnrädchen im dramaturgischen Getriebe. Dass dem Film, der ja vor allem die Passionsgeschichte(n) seiner Figuren widerzuspiegeln trachtet, dies nicht eben gut bekommt, bleibt leider nicht aus.
Schlussendlich trägt „Ghosts Of War“ seine nicht ungeschickt entrollte Rahmenprämisse und ein paar schöne Ideen, die wie Blitzlichter aus dem ansonsten wenig tragfähigen Ganzen herausstechen, dann jedoch immer wieder durch ärgerliche Stolpersteine trüber Einfallslosigkeit neutralisiert werden. Recht schade ist das.

5/10

GHOST SHIP

„I smell bullshit.“

Ghost Ship ~ USA 2002
Directed By: Steve Beck

Als Captain Sean Murphy (Gabriel Murphy) und sein fünfköpfiges Bergungscrew-Team – Maureen Epps (Julianna Margulies), Greer (Isaiah Washington), Munder (Karl Urban), Dodge (Ron Eldard) und Santos (Alex Dimitriades) – von dem jungen Fremden Ferriman (Desmond Harrington) das Angebot erhalten, ein offenbar mutterloses Schiff in der Beringsee zu kapern, ist man sogleich Feuer und Flamme, gehört nach internationalem Seerecht doch freitreibende Fracht ihrem Finder. Bald darauf finden Murphy, seine Mannschaft und der sie begleitende Ferriman tatsächlich den mysteriösen Dampfer, bei dem es sich um den mittlerweile legendären italienischen, vor 40 Jahren spurlos verschwundenen Luxuskreuzer „SS Antonia Graza“ handelt. Bereits die ersten Begehung des Geisterschiffs entpuppen sich vor allem für Epps, der ein kleines Mädchen (Emily Browning) begegnet, als alles andere denn mit rechten Dingen zugehend. Und tatsächlich stimmt etwas nicht mit der Antonia Graza, ein Umstand, der sich mit dem Fund mehrerer Kisten mit Goldbarren zur Todesfalle für die Seeleute entwickelt.

„Ghost Ship“ zählt noch zur ersten Welle des von Robert Zemeckis, Joel Silver und Gilbert Adler 1999 gegründeten Produktionslabels „Dark Castle“, das sich ursprünglich besonders traditionsverbundenem Horrorkino verpflichtet sah und dessen Bezeichnung sich als Hommage an den findigen Gimmickfilmer William Castle versteht. Mit seinem dritten Projekt nach den beiden nominellen Castle-Remakes „House On Haunted Hill“ sowie dem ebenfalls von Steve Beck inszenierten „Thirteen Ghosts“ zeigten sich denn auch spätestens gewisse Analogien und Parallelen innerhalb der Arbeitsweise des Substudios – binnen kurzer Laufzeit Geschichten, die in ihrer comichaften, stets etwas überdrehten Bebilderung an das klassische B- und Drive-In-Cinema oder an die alten EC-Comics erinnerten: luftiger Tongue-In-Cheek-Humor, mehr oder weniger gelungene Grand-Guignol-Momente und nicht immer gelungene CGI-Effektarbeit kennzeichneten jene ersten, bis 2007 entstandenen Filme, als Dark Castle sein Portfolio dann mit Guy Ritchies „RocknRolla“ sukzessive zu erweitern begann.
Becks „Ghost Ship“ bildet nun eine motivisch recht klassisch umrahmte haunted house story, nur dass es eben um ein Geisterschiff anstelle eines Geisterhauses geht. Mehrere aus dem etwas losen Scripthut hervorgezauberte Wendungen lassen das Geschehen bald zusehends übernatürlich werden; zunächst riecht das Ganze noch nach einem relativ ordinären, ruchlosen Verbrechen, dessen ungesühnte Opfer als Geister die Antonia Graza heimsuchen und mündet schließlich in die etwas alberne Mär um einen Dämon, der als persönlicher Adlatus des Gehörnten selbst fungiert und jenem Seelen zu kredenzen hat. Das Gold entpuppt sich als Lockmittel, das die unersättliche Gier der Menschen beflügeln und ihre Boshaftigkeit evozieren soll. Logisch – der Name „Ferriman“ (hätte ebensogut auch Schörgen-Toni heißen können) für jenen agent du diable wurde nicht ganz zufällig gewählt. Nach dem Slasher-Prinzip verfahrend muss die Trawler-Crew dann nach und nach das Zeitliche segnen, ein paar typische Verstörungsingredienzien wie ein mit Blut gefüllter Swimming-Pool, ein verführerischer Todesengel (Francesca Rettondini) oder eine Dose Bohnen, deren Inhalt sich während des genüsslichen Verzehrs in Maden verwandelt, inbegriffen. Dass der zuverlässige Gabriel Byrne dabei ist, ist schön, doch nimmt sein Part eher den eines Gaststars ein – die eigentliche Heroine ist die sensible Epps, die mithilfe ihrer geisterhaften kleinen Freundin Katie schließlich dafür sorgt, dass die Antonia Graza endlich ihrem kalten Grab entgegen sinken und sämtliche von Ferriman bereits verbucht geglaubten Seelen doch noch dem Himmel entgegenfahren dürfen. Das Finale scheut dann auch nicht, mit ziemlich widerlicher, aufgesetzt-kitschiger Christen-Mythologie zu kokettieren, was „Ghost Ship“ dann auch nochmal ein, zwei Sympathiepünktchen kostet.
Insgesamt wahrscheinlich nicht gänzlich misslungen aber wohl doch weit hinter dem zurückbleibend, was er hätte sein können.

4/10

MARY

„You cannot escape her!“

Mary (The Ship – Das Böse lauert unter der Oberfläche) ~ USA 2019
Directed By: Michael Goi

Nicht nur, dass das Ding den Namen seiner jüngeren Tochter trägt, zieht es ihn auch buchstäblich magisch an: Mit dem Erwerb der schwer bauffälligen, alten Segelyacht „Mary“ erfüllt sich der Touristen-Skipper David (Gary Oldman) einen lang gehegten Wunsch – endlich Steuermann eines eigenen Schiffs zu sein und nur sich selbst verantwortlich. Selbst Davids Frau Sarah (Emily Mortimer), die vor Kurzem nach einer Ehekrise wieder zu ihm gefunden hat, arrangiert sich nach anfänglichem Hadern mit der Hals-über-Kopf-Aktion ihres Gatten. Die Jungfernfahrt gleich nach der aufwändigen Restauration des Schiffes soll sie dann einmal quer durch die Karibik führen. Begleitet werden David und Mary von ihren beiden Töchtern Lindsey (Stefanie Scott) und Mary (Chloe Perrin) sowie von Lindseys Freund Tommy (Owen Teague) und Davids altem Kumpel Mike (Manuel Garcia-Rulfo). Als das Sextett sich erst auf hoher See befindet, zeigt die „Mary“ ihr wahres Gesicht – der eigentliche Captain ist nämlich keinesfalls David, sondern der dämonische Geist einer auf See hingerichteten Hexe, die mittels des Schiffs seit Ewigkeiten „ihre“ Kinder wieder zu sich holt…

Gruselgeschichten um „besessene“ Schiffe oder zumindest solche, auf denen es aus unerfindlichen Gründen nicht mit rechten Dingen zugeht, bilden seit jeher ein festes Subgenre in Literatur, Film oder Comic. Dessen jüngster Erguss, eine Regiearbeit des vornehmlich auf dem Seriensektor tätigen Michael Goi, setzt dem Topos gewiss keinen funkelnden neuen Zacken in die Krone, markiert jedoch ein solides, kleines Stück Kino, das seine Nutznießer eben vornehmlich im Bereich des Maritimhorrors sucht und finden wird. Erzählt wird die Geschichte in Form eines als Rückblick gestalteten Polizeiverhörs Nur Sarah und die beiden Mädchen haben Zerstörung und Untergang der „Mary“ überlebt, wobei erstere, die Detective Clarkson (Jennifer Esposito) unentwegt etwas von bösen Mächten vorphantasiert, mehr und mehr unter Mordverdacht gerät. Ist ihrem Bericht, so, wie er sich für den Zuschauer visualisiert, allerdings Glauben zu schenken, muss sich tatsächlich gar Höllisches auf See zugetragen haben: Immer aggressiver, analog zum mysteriösen „Zielpunkt“ der unseligen Kreuzfahrt, macht sich der Fluch jener Seehexe bemerkbar, die sich freilich bald auch als bissiges Geisterwesen selbst zeigt und sich nach und nach beinahe sämtliche Passagiere zueigen macht.
In kurzen, runden achtzig Minuten entfaltet sich um diese sicherlich kaum originelle Prämisse eine pulpige Schauergeschichte, wie sie etwas kürzer in allen möglichen Horror-Anthologien der Welt vorkommen könnte. Keinen Innovationspreis könnte Goi sich damit erwirtschaften, soviel ist sicher, aber das bedeutet umgekehrt ebensowenig, dass man als Genreliebhaber nicht allemal einen Blick riskieren sollte. Viel an kostbarer Zeit büßt man wie oben erwähnt ohnehin nicht ein, sondern genießt, wie ich selbst, möglicherweise sogar das kleine Glück, ein sympathisches Betthupferl mit in die Traumwelt zu nehmen.

6/10

SCARY STORIES TO TELL IN THE DARK

„Stories hurt, stories heal.“

Scary Stories To Tell In the Dark ~ USA/CA 2019
Directed By: André Øvredal

Mill Valley, Pennsylvania 1968: Ein folgenreicher Halloween-Streich endet für die drei befreundeten Teenager und Horrorliebhaber Stella (Zoe Margaret Colletti), Auggie (Gabriel Rush) und Chuck (Austin Zajur) sowie den just dazugestoßenen Chicano Ramón (Michael Garza) im verlassenen Anwesen der Familie Bellows – einer einst wohlhabenden Dynastie von Textilunternehmern, der Mill Valley die Hauptursache seiner Existenz verdankt. Doch wie die meisten reichen Großfamilien umweht auch die Bellows‘ ein dunkles Geheimnis – einst wurde deren Tochter Sarah (Kathleen Pollard) zunächst von der Außenwelt isoliert und versteckt gehalten, um dann später in einer unweit entfernten Irrenanstalt mit Elektroschocks „therapiert“ zu werden. Sarah, die seit damals in dem alten Haus ihr gespenstisches Unwesen treiben soll, ist auch die Autorin eines seltsamen Geschichtenbuchs, das die von irrationalen Schuldgefühlen geplagte Stella findet und mit sich nimmt. Mit jenem Buch hat es Mysteriöses auf sich – es schreibt seine Gruselgeschichten selbst unumwunden mit blutiger Tinte, derweil das Niedergeschriebene sich parallel in der Realität abspielt und die jungen Leute ins Verderben reißt. Da das Buch sich nicht vernichten lässt, muss Stella nun seiner Autorin auf die Spur kommen…

„Scary Stories To Tell In The Dark“, inszeniert von dem vielversprechenden norwegischen Regisseur André Øvredal und produziert von Guillermo del Toro, basiert auf einer Serie von Gruselgeschichten-Anthologien, die der Autor Alvin Schwartz in den Achtzigern und Frühneunzigern speziell für eine jüngere Leserschaft verfasst und veröffentlicht hat. Mit dem verbindenden Plot der sich aus dem Jenseits rächenden Sarah Bellows fand der Film einen passenden narrativen Überbau, um seinen Episoden um einige, eine Teenagergruppe heimsuchende, grauslige Ereignisse inhaltliche Kohärenz zu verleihen und seine monströsen Gestalten und Segmente um die lebende Vogelscheuche Harold, einen Zombie auf der Suche nach einem fehlenden Zeh, eine fiese Spinnenschwangerschaft, die aufdringliche Pale Lady und den verwachsenen Jangly Man miteinander verquicken zu können. Dabei erweist sich der Release-Termin von „Scary Stories“ als nicht eben klug gewählt, um nicht zu sagen: ungünstig zu einer Zeit, in der Retro-Geschichten um juvenile Freunde in Kleinstädten beileibe kein innovatives Sujet mehr abgeben. Doch genau auf jenen inhaltlich ausgetrampelten Pfaden wandeln Øvredal und del Toro abermals, wenngleich sie immerhin bis in die Sechziger zurückblicken, die sich im Filmkontext allerdings bestenfalls durch spezifische Details wie etwa das in der Ferne spukende Vietnam von den in jener Subgattung üblicherweise abgefrühstückten achtziger Jahren unterscheiden. „Scary Stories“ greift als vergleichsweise harmlos gewebter PG-13-Halloween-Grusler auf einige hübsche Einfälle zurück, die im Ansatz den fruchtbaren Ideenpool seiner Kreativköpfe erahnen lässt, bleibt am Ende aber dann doch zu ordinär, vorhersehbar und beliebig für ein Publikum jenseits des fünfzehnten Lebensjahrs, das mit Episodenhorror und teenage angst seine hinlänglich lieben, langjährigen Erfahrungen sammeln konnte. Der bereits unzweideutig auf ein vorgeplantes Sequel verweisende Epilog versagt dann auch weitgehend in seinem Bestreben, diesbezügliche Neugier zu schüren. Nett, nicht mehr.

6/10

THE NUN

„What’s the opposite of a miracle, Father?“

The Nun ~ USA 2018
Directed By: Corin Hardy

Zu Beginn der fünfziger Jahre stößt der in der rumänischen Provinz lebende, kanadische Aussteiger Frenchie (Jonas Bloquet) auf die Leiche einer Nonne (Jessica Hope), die sich vor den Mauern eines abgelegenen Klosters einem Mahnmal gleich erhängt hat. Der von jener suizidalen, höchst gotteslästerlichen Affäre Wind bekommende Vatikan entsendet zwei seiner Mitglieder, die mit dem zweiten Gesicht ausgestattete Novizin Irene (Taissa Farmiga) und den in parapsychologischen Angelegenheiten erfahrenen Vater Burke (Demián Bichir), um die Angelegenheit vor Ort zu untersuchen. Dass mit dem alten Gemäuer, das bereits seit mittelalterlichen Zeiten dort steht und dereinst einem vom Satanismus begeisterten Adligen (Mark Steger) gehörte, etwas nicht stimmt, wird den Investigatoren unmittelbar bewusst. Weder die mysteriöse Äbtissin (Gabrielle Downey) noch die ängstlichen Nonnen geben jedoch Aufschluss über das Schreckliche, das die Abtei heimsucht…

Der im „Conjuring“-Sequel eingeführte Dämon Valak (Bonnie Aaraons), ein besonders übler Höllenrepräsentant, bildet nach der besessenen Puppe „Annabelle“ (die es bereits auf bis dato zwei eigene Filme brachte) schon die zweite Nebenfigur jener Reihe, die für ein Spin-Off genutzt wurde. Die Macht der Franchises, im filmischen Sinne also expandierender Story-Universen, die immer neue Facetten eines ursprünglich in kleinerem Rahmen erdachten Werks mehr oder weniger planvoll ausweiten und weiterdenken, ist gegenwärtig ungebrochen stark in Hollywood. „The Nun“, der der assoziationsfreudigen Übersicht halber gleich Vera Farmigas jüngere Schwester Taissa in der Haupt- und Heldinnenrolle vorschützt, begreift sich demnach als fünfter Beitrag zum „Conjuring“-Franchise und schlägt zum Abschluss dann auch eine direkte Brücke zum Initialfilm. Er lässt sich allerdings auch ebensogut als freistehende Konstruktion erleben und konsumieren, was durchaus für ihn spricht.
Hardys zweiter Film nach dem solide geratenen „The Hallow“ liebäugelt dabei großzügig mit Altbekanntem und Etabliertem. Dass Rumänien und speziell seine auch als Transsylvanien berühmte und berüchtigte Region Siebenbürgen aller landschaftlichen Reize zum Trotze genau jenes Fleckchen Erde ist, an dem man am Allerehesten Vampire, Werwölfe und anderes Dämonengezücht erwarten würde, spielt „The Nun“ bereits a priori großzügig in die Karten. Ein wenig „Der Name der Rose“ steckt fürderhin ebenso in ihm wie ein gutes Häppchen „La Chiesa“ von Soavi. Garniert mit jenem fiesen Valak als Hauptprominenz ergibt all das ein erwartbar generisches, aber stets auch ansehnliches Genrestück, von dem man sich allerdings weder exorbitante Überraschungen noch anderweitig genialische Aspekte ausbeten sollte. Hardy ist sich über die Limitierungen seines Stoffs glücklicherweise ebenso bewusst und entspinnt demzufolge kein unverhältnismäßiges Brimborium, sondern einen im durchaus positiven Sinne planvollen, atmosphärisch angenehmen Grusler, der mit konzentriertem Personal auskommt und ein Herz für altmodischen Horrorkintopp mitbringt, von schaurigen Ruinen über windschiefe Grabsteine bis hin zu düsterfeuchten Labyrinthen. Nicht wesentlich mehr als eine traditionsbewusste Geisterbahnfahrt ergo, in deren Grenzen dafür allerdings eine wohlfeil arrangierte.

7/10