BLACK ADAM

„Force is always necessary.“

Black Adam ~ USA/CA/NZ/HU 2022
Directed By: Jaume Collet-Serra

Kahndaq, ein kleines Land im Mittleren Osten, 2600 v.u.Z.: Hurut (Jalon Christian), der Sohn des versklavten Minenarbeiters Teth-Adam (Benjamin Patterson), erhält durch den Zauberer Shazam (Djimon Hounsou) gottgleiche Kräfte, setzt diese nach seiner Verwandlung zum Champion der Stadt jedoch scheinbar zu blutigen Rachezwecken gegen das Regime des Königs Ahk-Ton (Marwan Kenzari) ein, wird daher flugs wieder eingefangen und für die kommenden Jahrtausende sicher verwahrt.
In der Gegenwart steht Kahndaq wiederum unter einer Minidiktatur, die diesmal die kriminelle Organisation Intergang zu verantworten hat. Die Archäologin und Widerständlerin Adrianna Tomaz (Sara Shahi) will verhindern, dass Intergang in den Besitz der Krone von Sabbac gerät, die seinerzeit schon Ahk-Ton seine Macht verlieh. Während eines Scharmützels mit Söldnern befreit sie den noch immer verzauberten Champion aus seinem Gefängnis. Dieser setzt seinen gewalttätigen Feldzug sogleich fort, rettet Adrianna jedoch das Leben. Zeitgleich wird die umtriebige Amanda Waller (Viola Davis) auf die Ereignisse in Kahndaq aufmerksam und entsendet mit Carter „Hawkman“ Hall (Aldis Hodge), Kent „Dr. Fate“ Nelson (Pierce Brosnan), Maxine „Cyclone“ Hunkel (Quintessa Swindell) und Al „Atom Smasher“ Rothstein (Noah Centineo) vier Mitglieder der JSA (Justice Society of America), um den mächtigen Wüterich auf den Weg zur Tugend zurück zu führen. Dieser lässt sich jedoch nichts sagen und prügelt unverzagt gegen das Superheldenquartett los, bis er sich als Teth-Adam entpuppt, auf den Hurut einst seine Kräfte übertrug. Nach einem vermeintlich siegreichen Kampf gegen Intergang-Oberhaupt Ishmael (Marwan Kenzari), der sich als letzter lebender Nachfahr König Ahk-Tons der Krone von Sabbac zu bemächtigen trachtet, ergibt sich Teth-Adam der JSA und lässt sich in kryogenischen Schlaf versetzen. Doch Ishmael kehrt als Sabbac himself aus der Hölle zurück und nun bedarf es doch wieder eines Teth-Adam, um Kahndaq und die gesamte restliche Welt ein weiteres Mal zu retten…

„Black Adam“ erweist sich schon nach den ersten Minuten als bislang zweitschwächster Vertreter des revitalisierten Kino-DCEU, nur unwesentlich ansehnlicher als der erste „Suicide Squad“-Beitrag von David Ayer (wobei ich „Birds Of Prey And The Fantabulous Emancipation Of One Harley Quinn“ allerdings wohlweislich ausgespart habe). Die Gründe für das mäßige Abschneiden von Collet-Serras Comicadaption sind dabei durchaus vielgestaltig: Der Film versteht sich in seiner Gesamtheit zuvorderst als Vehikel für seinen Hauptdarsteller, dessen gebuildeter Body selbst noch gut sichtbar durch das schwarze Shazam-Kostüm des Titelhelden prangt. Immerhin bekommt man mit „dem Felsen“ unter Verzicht auf die pomadige Frisur und die spitzen Ohren des gezeichneten Vorbildes ein amtliches physiognomisches Alias geliefert, der die tiefbrodelnde Wut des aus der arabischen Antike stammenden, Fascho-Liberalen Teth-Adam sogar momentweise zu transportieren weiß. So erreicht „Black Adam“ seine denkwürdigsten Momente, wenn der kräftemäßig Superman durchaus gewachsene Protz mit den bösen Jungs von Intergang aufräumt und seinem kleinen Stadtstaat quasi im Alleingang eine Führungsrenovierung verabreicht. Daran, den insbesondere u.a. von den Autoren James Robinson, David S. Goyer und Geoff Johns (der hier wie so oft mitproduziert hat) innerhalb der ab 1999 formidabel relaunchten JSA-Strecke reaktivierten Black Adam in all seiner facettenreichen Charakterisierung zu zeigen, ist der Film indes mitnichten interessiert. Als buchstäblicher Anti-Held, der im Gegensatz zu diversen seiner Kolleginnen und Kollegen einen sehr dehn- und somit streitbaren Moralbegriff pflegt, ist Teth-Adam zugleich auch Massenmörder, Verschwörer und Diktator; einer, der stets die eigenen Ziele im Blick hat und mit Kahndaq, ähnlich wie der bei der Konkurrenz von Marvel beheimatete Dr. Victor Von Doom mit Latveria, seinen eigenen, kleinen Problem- und Schurkenstaat regiert. Für derlei Tiefenschärfe findet sich in dem auf oberflächlichen Popcornrabatz getunten „Black Adam“ jedoch kein Platz. In ihrem ersten Kinoauftritt schrumpft die JSA, immerhin das allererste Superheldenteam überhaupt und seit 82 Jahren zur Stelle, zweifelsohne der Komplexitätsreduktion wegen auf ein eher niedliches Miniclübchen zusammen, das in dieser Ausprägung natürlich nicht gegen Teth-Adam bestehen kann. Es macht jedoch selbst mit Einschränkungen Freude, Figuren wie Hawkman und Dr. Fate in Aktion auf der großen Leinwand erblicken zu können. Und dann ist da ja noch Henry Cavills Auftritt während der end credits. Dass wahre Gänsehautmomente – und dies sei bitte ironisch aufzufassen – sich am besten im Abspann machen, hat DC immerhin von Marvel gelernt. Leider nicht wesentlich mehr.

6/10

THE SUICIDE SQUAD

„Nom-nom?“

The Suicide Squad ~ USA/CA/UK 2021
Directed By: James Gunn

Die aus im Gefängnis einsitzenden, kriminellen oder geistesgestörten Metawesen bestehende, von Agent Amanda Waller (Viola Davis) rekrutierte „Task Force X“ aka „Suicide Squad“ erhält in weitgehend neuer Zusammensetzung einen weiteren Auftrag: Die Truppe soll auf der von einer Militärjunta beherrschten Karibikinsel Corto Maltese einfallen und eine von Regierungstruppen schwer bewachte Festung namens „Jotunheim“ zerstören, in der ein mysteriöses Forschungsprojekt names „Starfish“ beheimatet ist. Die Suicide Squad landet in zwei Abteilungen an der Küste von Corto Maltese, wobei die erste, mit Ausnahme von Colonel Rick Flag (Joel Kinnaman) und der verrückten Harley Quinn (Margot Robbie), unmittelbar aufgerieben wird. Die kleinere, aber deutlich wehrhaftere Abordnung besteht aus dem Söldner Robert DuBois (Idris Elba) alias „Bloodsport“, dem selbsternannten „Peacemaker“ Christopher Smith (John Cena), dem irren Laborexperiment Abner Krill (David Dastmalchian) alias „Polka-Dot-Man“, dem maritimen Halbgott Nanaue (Sylvester Stallone) alias „King Shark“ und der mit absoluter Macht über Ratten ausgestatteten Cleo Cazo (Daniela Melchior) alias „Ratcatcher II“. Gemeinsam arbeitet sich das Team bis in die Hauptstadt vor, nimmt den Projektleiter Gaius Grieves (Peter Capaldi) alias „Thinker“ gefangen und gelangt mit dessen Hilfe in die Mauern von Jotunheim. Die ursprüngliche Mission kann unter Verlusten erfüllt werden, doch mit der Einebnung des Gebäudes wird zugleich eine neue, furchtbare Gefahr entfesselt. Von nun an muss die Suicide Squad auf eigene Rechnung arbeiten…

Wie der „Guardians Of The Galaxy“-Betreuer James Gunn zu seinem Zwischenspiel beim DCEU kam, dürfte ja hinlänglich bewusst sein. Dass damit zugleich ein kleiner, kreativer Brückenschlag zwischen den beiden Comicfilm-Riesen vollzogen wurde, erweist sich als so gleichermaßen reizvoll wie schadenfreudig: Während Disney und MCU-Mastermind Kevin Feige Gunn vormals eher in weitgehend domestizierten Schranken arbeitenund seine bekanntermaßen im derberen Filmschaffen wurzelnde Kreativenergie sich in psychedelischen Space-Gags sublimieren ließen, konnte er bei DC zum ersten Mal seit seinem zweiten Film „Super“ wieder vollends die Sau durchs Dorf und es gerade so bunt treiben, wie ihm der freche Schnabel gewachsen ist. Das Resultat ist die erste echte splatter comedy im großbudgetierten High-End-Superheldenfilm, eine liebenswert-böshumorige Burleske, in der geholzt wird, dass die Schwarte kracht. Dabei wird die makrokosmische Anbindung an Zack Snyders DC-Trilogie aufrecht erhalten und es handelt sich tatsächlich auch nicht, wie gelegentlich aufzuschnappen war, um ein Reboot von David Ayers „Suicide Squad“, sondern um ein echtes Sequel, das zur gleichen Zeit allerdings eine umfassende Renovierung des Originals betreibt. Bekanntermaßen wurde Ayer damals gehörigst in die Schranken gewiesen und dazu angehalten, seine Vision dieses verlottertsten aller Heldenteams so jugendfrei als möglich abzuliefern. Die Gags darin nahmen sich dementsprechend eher durchgemangelt aus und der overfiend wenig denkwürdig. Mit all diesen kleinen und großen Faux-pas räumt Gunn in seiner sehr persönlich gefärbten Vision der Squad rigoros auf: Ihren selbstmörderischen Beinamen trägt die Task Force X nunmehr völlig zu Recht; unmittelbar zu Beginn wird der gewissermaßen zur Ablenkung der Kerngruppe dienenden Vorhut der Garaus gemacht, als gäbe es kein Morgen mehr und die Marschrichtung des Films damit auch gleich unumwunden vorgegeben. Der im Folgenden von Gunn ausgerollte Irrsinnsteppich besteht aus einem Füllhorn mitunter brillanter visueller Einfälle, kleinen, manchmal etwas überschmückt scheinenden Nebenepisödchen [über Wert und Nutzen der als Bypass eingeflochtenen Kurzromanze zwischen Harley Quinn und dem Inseldespoten Luna (Juan Diego Botto) ließe sich etwa diskutieren – zweifelsohne dient sie in erster Linie dazu, Robbie Screentime zu verschaffen] und natürlich dem famosen Endkampf gegen den klassischen JLA-Gegner Starro, einen gewaltigen, außerirdischen Seestern, der sich seine Untertanen mittels kleiner Versionen seiner selbst, die er auf deren Gesichter pflanzt, gefügig macht. Wenn man es recht bedenkt, konnte der in Gestalt und Ausprägung nicht mehr ganz zeitgemäße Starro auch nur von einem wie Gunn zum Leinwandleben erweckt werden, die meisten anderen Filmemacher hätten sich vermutlich bis auf die Knochen blamiert. Schließlich lassen sich Gebrauch und Kompilierung der Figuren als gehörig sarkastisches Statement begreifen – die zur neuen Suicide Squad zählenden Charaktere sind, natürlich mit Ausnahme von Fanliebling Harley Quinn, die, ohne allzu augenfällige Beschränkungen zu erfahren, im Prinzip das einzig greifbare räsonistische Bindeglied zwischen dem etablierten DCEU und Gunns abgefucktem Grand-Guignol-Zirkus darstellt, allesamt letztklassige Seitenfüller, an die sich in erster Linie wohl nur wandelnde Comic-Enzyklopädien erinnern werden. Dass es zugleich aber nur solche vergessenen TertiärschurkInnen sein können, mit denen Gunn ins Feld zieht, ist letzten Endes so evident wie eigentlich alles andere auch an diesem rüpelhaft-spaßigen Film.

8/10

LAW ABIDING CITIZEN

„I need a shower, Warden.“

Law Abiding Citizen (Gesetz der Rache) ~ USA 2009
Directed By: F. Gary Gray

Die zwei Raubeinbrecher Darby (Christian Stolte) und Ames (Josh Stewart) zerstören in einer Nacht gewaltsam die Familienidylle der Sheltons, indem sie Mutter (Brooke Stacy Mills) und Kind (Ksenia Hulayev) ermorden und Vater und Ehemann Clyde (Gerard Butler) schwer verletzt zurücklassen. Doch der Albtraum ist für Clyde Shelton noch nicht vorbei: Anstatt beide Verbrecher ihrer gerechten gerichtlichen Strafe zuzuführen, lässt sich der aufstrebende Staatsanwalt Nick Rice (Jamie Foxx) in Darbys Fall auf einen Deal ein: Der passive Ames landet zwar in der Todeszelle, der tatsächliche Mörder Darby jedoch, ein widerlicher Sadist vor dem Herrn, bekommt mangels profunder Beweise lediglich ein paar Jahre Gefängnis.
Zehn Jahre vergehen, bis zum Tag, da Ames mit der Giftspritze hingerichtet wird. Die Exekution verläuft überaus unschön, da das Todesserum gegen eine andere Chemikalie ausgetauscht wurde. Damit nicht genug, wird Darby entführt und bestialisch zu Tode gefoltert. Der Verursacher beider Ereignisse ist rasch gefunden: Niemand anderes als Clyde Shelton steckt dahinter. Dieser lässt sich zwar brav festnehmen und ins Gefängnis sperren, doch sein eigentlicher Rachefeldzug fängt damit erst an…

In Erwartung eines „klassisch“ arrangierten Vigilantenthrillers widmete ich mich dem „Director’s Cut“ dieses sich selbst doch weitaus wichtiger nehmenden, mit den moralgetünchten Serienkillerfilmen der Vorjahre von „Se7en“ über die „Saw“-Reihe bis hin zu „WΔZ“ liebäugelnden Machwerks. Und ein Machwerk, das ist „Law Abiding Citizen“ im allerschlechtesten Sinne, mit allen Schikanen sozusagen. Denn die handelsübliche Rache- und Selbstjustizstory muss nichts Geringerem weichen denn einem sich höchst clever wähnenden Plot um die Ad-Absurdum-Führung des gesamten Justizsystems. Nicht von ungefähr spielt die von Kurt Wimmer erdachte Story in Philadelphia, der „City of Brotherly Love“, Nationalheiligtum als ehemalige Hauptstadt der USA und jener Ort, an dem 1787 die Unabhängigkeitserklärung verabschiedet wurde. 2009 war es dann an an Gerard Butler aka Clyde Shelton, dem maroden Jurisdiktionsapparat dessen Schwächen mit aller nach dem Dafürhalten des moralisch Gewappneten gebotenen Härte vor Augen zu führen und eine Sanierung anzustoßen. Doch ein ordinärer Bürger, wie der Originaltitel es suggeriert, ist Shelton – natürlich – mitnichten. Ein solcher könnte ja auch gar nicht solch verzwickte Ideen aushecken wie Shelton es tut. Stattdessen entpuppt er sich im weiteren Verlauf als höchst versierte und professionelle Mordmaschine der CIA und naturgemäß Bester seiner Zunft, dessen biblischen Zorn besser niemand entfesselt hätte. Denn Shelton ist auch ein brillanter Stratege und seinen Gegnern stets zehn Züge voraus. Jamie Foxx als Butlers Widersacher muss also erst lernen, im Sinne seiner Nemesis umzudenken, bevor der vielbeschäftigte Staatsdiener, nachdem er den Kontrahenten schlussendlich doch noch (mit dessen „Waffen“ freilich) besiegen kann, endlich einmal seine eigene kleine Tochter (Emerald-Angel Young) beim Cello-Auftritt besuchen darf. Der Weg dahin ist gepflastert mit allerlei Meilensteinen der Dämlichkeit.
„Law Abiding Citizen“ ist so unfassbar schlecht, löchrig und dumm geschrieben, dass die imdb-Durchschnittswertung von tagesaktuellen 7.4 Punkten anmutet wie ein schlechter Witz. Überhaupt scheint Butler, den ich mehr und mehr geringschätze, sich nur allzu gern auf dümmliche Projekte wie dieses einzulassen. Hätten Gray und Wimmer den Mut oder auch die Chuzpe besessen, die fiese Schlachtplatte der ersten halben Stunde irgendwie auf 90 Minuten auszudehnen, ohne sich in vermeintlich komplexen Narrationsvolten und, noch viel schlimmer, in abgeschmackten Ethikdiskursen zu verlieren, „Law Abiding Citizen“ hätte zumindest als halbgescheite Exploitatongranate reüssieren können. So jedoch wird aus der ganzen Chose ein reichlich selbstherrlicher Schildbürgerstreich, der im Nachinein bestenfalls dazu taugt, die mitleiderregende Blödheit seiner Produktionsbeteiligten und die seines applaudierenden Publikums gleichermaßen zu illustrieren.
Schlimm.

3/10

SUICIDE SQUAD

„Seriously, what the hell is wrong with you people?“

Suicide Squad ~ USA 2016
Directed By: David Ayer

Die knallharte Regierungsangestellte Amanda Waller (Viola Davis) stellt ein Team aus Superverbrechern zusammen, um nach Supermans augenscheinlichem Ableben auch künftig möglichen Meta-Bedrohungen begegnen zu können. Um die ebenso gestörten wie asozialen Kriminellen zur Kooperation zu „bewegen“, bekommen sie kleine Bömbchen implantiert, die im Illoyalitätsfalle umgehend zur Explosion gebracht werden können. Geleitet wird das Team von Top-Agent Rick Flag (Joel Kinnaman), den mit einem seiner Schäfchen, nämlich der von der dämonischen Enchantress besessenen June Moone (Cara Delevingne), eine Romanze verbindet. Ausgerechnet sie ist es dann auch, die den ersten Einsatz der „Task Force X“, die sich selbst „Suicide Squad“ nennt, erfordert. Die Enchantress erweckt nämlich in Midway City ihren schlummernden Bruder zum Leben und sorgt dort für ein infernalisches Präludium zum Ende der Welt…

Es gibt Schlimmeres. Dennoch ist DCs „Suicide Squad“, nach „Deadpool“ bei der Konkurrenz, der nächste Versuch, die klassischen Superhelden-Universen auf der Leinwand wieder etwas zu entdüstern und ein wenig von ihrem früheren, bunten Übermut zurückzuerbitten, hohl, egal und weitgehend uninteressant geraten. Dabei müht sich David Ayer nach Kräften, dem durchaus traditionsreichen Format einen denkwürdigen Kinoauftritt zu spendieren und kann zumindest ein paar Kastanien aus dem Feuer holen. Eine knorke Songauswahl und ein ziemlich schickes Produktionsdesign vermögen jedoch nicht davon abzulenken, dass „Suicide Squad“ im Grunde überhaupt keine Geschichte vorweisen kann, diese aber in der erweiterten Fassung dennoch auf 136 Minuten ausdehnt und am Ende wenig mehr an Effektivität aufbietet, als sie auch ein Rundgang durch den nächsten Comicladen abwirft. Tatsächlich besteht das Maximum an Innovation darin, eine Reihe bunter, böser Figuren ins Feld zu werfen, die ausschließlich mittels mäßig prägnanten Sprüchen und Witzchen kommunizieren und in wechselnde Interaktionssituationen gepfercht werden, um so kontestartig ihre jeweilige, individuelle Exzentrik exponieren zu können. Zwischendurch kämpft die Truppe gegen lehmige, gesichtslose Zombies, die von den dämonischen Geschwistern auf sie losgelassen werden und hervorragend dazu dienen, das allein durch die schurkischen Metagauner implizierte Gewaltszenario auf ein absolut jugendfreies, anonymes Maß herunterzubrechen. Später bewegt sich der Film dann mehr und mehr Richtung „Ghostbusters“, wobei vor allem der Showdown in einem kräftigen Aderlass des Vorbilds kulminiert. Immerhin: die Szene, in der die Suicide Squad sich in einer verlassenen Bar auf ihre Tugenden und moralischen Pflichten besinnt, hat mir sehr gut gefallen; Jared Leto als Joker fand ich keinesfalls so enttäuschend wie vielerorts geunkt wurde und insgesamt war es nett, ein paar sympathische Comicgestalten aus der zweiten Reihe, die noch vor zwanzig Jahren nicht die geringste Chance gehabt hätten, ein derart hoch budgetiertes Blockbuster-Projekt mit ihrer Aufwartung zu beehren, zum Leben erweckt zu finden. Wie eingangs erwähnt, es gibt Schlimmeres. Besseres aber ebenso, und nicht zu knapp.

5/10

DOUBT

„I can fight you.“ – „You will lose.“

Doubt (Glaubensfrage) ~ USA 2008
Directed By: John Patrick Shanley

1964, eine katholische Schule in der Bronx. Der ehernen, konservativen Rektorin Aloysius Bouvier (Meryl Streep) steht der weltoffene Pater Brendan Flynn (Philip Seymour Hoffman) gegenüber. Schwester Aloysius missbilligt Vater Flynns gesamten Habitus aus vollster Inbrunst; sie hinterfragt seine mit geschickten Bildern gesäumten Predigten, mag ihm nicht nachsehen, dass er trinkt, raucht, gerne und viel lacht und empfindet sein enges Verhältnis zu den Schülern, allen voran zu dem farbigen Außenseiter Donald Miller (Joseph Foster), als ihrem persönlichen, autoritären Verständnis puritanischer Edukation als vollkommen zuwider. Zwischen die verhärteten Fronten gerät die junge Lehrerin Schwester James (Amy Adams), die eine ihr unverständliche Entdeckung macht: Nachdem Vater Flynn eines Tages Donald aus dem Unterricht zu sich rufen lässt, kommt dieser eine Weile später verstört und nach Alkohol riechend zurück. Schwester James berichtet Schwester Aloysius davon, die damit endlich ihre lang erwartete Angriffsfläche gegen Flynn erhält: Sie beschuldigt ihn mehr oder weniger offen sexueller Übergriffe gegen Donald und droht mit einer Anzeige beim Bischoff, wenn Flynn nicht freiwillig seine Versetzung in eine andere Gemeinde beantragt. Mit einem geschickten Bluff, der Flynns vehemente Unschuldsbeteuerungen aus den Angeln hebt, erreicht sie tatsächlich ihr Ziel.

Ein Schauspielerfilm des Dramatikers Shanley, der „Doubt“ nach seinem eigenen, gleichnamigen Off-Broadway-Stück inszenierte. Das große Geschick von Geschichte und Film liegt darin, sich jeder tendenziösen Verführung zu verweigern und stattdessen Sympathien und Wahrheitssuche gänzlich an das Publikum zu delegieren. Der Titel, „Zweifel“, findet somit zu seiner denkbar intensivsten Semantik. Schürt Shanley zu Beginn noch recht eindeutige Pros und Kontras für und wider seine beiden Antagonisten im Sinne urtypischer, liberaler Hollywood-Dramaturgie, indem er den progressiven Pfarrer als Musterexemplar seines Standes veräußert und seine Gegnerin als vertrocknete, entsexualisierte und griesgrämige Hexe. Doch irgendwann beginnt jenes emotional stabile Fundament sich aufzulösen, wohl nicht zuletzt im Sinne der Typisierungen der beiden gewohnt brillanten Darsteller. Wie bei der in ein widersrüchliches Gefühlschaos zwischen Annahme und Fakten gestürzten Schwester James erwachen auch beim Rezipienten Zweifel, die sich auf immer unbequemere Art manifestieren. Man erfährt mehr über den Schüler Donald Miller, dass er gleich in mehrfacher Hinsicht ein gesellschaftlicher outcast ist, dass seine Mutter (phantastisch: Viola Davis) ihn nur irgendwie „durchbringen“ will und dafür alles Mögliche in Kauf nähme, dass Vater Flynn ein möglicherweise höchst zweifelhaftes Verständnis vom Schutze seiner Schäfchen pflegt. Doch bleibt die finale conclusio konsequent diffus; am Ende muss Schwester Aloysius sogar eingestehen, dass die Messe, die Vater Flynn noch zu Beginn des Films unter ihren wie stets kritischen Blicken gehalten hat, auch sie selbst betrifft.
Was „Doubt“ jedoch nachhaltig schwächt, ist seine oftmals aufgesetzt wirkende, christliche Metaphorik: Gott selbst meldet sich da manches Mal, wenn er etwa wirbelnde Herbststürme wehen oder im Zuge hitziger Wortgefechte Glühbirnen durchbrennen lässt. Vater Flynns lange Fingernägel könnten hervorragend zum mephistophelischen Lügner und Verführer passen, den er letzten Endes vielleicht doch personifizieren soll und die dröge Schwester Aloysius gewinnt durch ihren emotionalen Offenbarungseid am Ende vielleicht mehr Sympathien, als ihr, die sich doch auch ihre Welt gerade so gestaltet, wie sie ihr gefällt, tatsächlich zustünden. Als Lektion über Schein und Sein, Verborgenes und Offensichtliches und existenzielle Entscheidungen wohl dennoch ein sehenswerter Film.

7/10