TURBULENCE

„Say your prayers.“

Turbulence ~ USA 1997
Directed By: Robert Butler

Just an Heiligabend werden zwei vermeintliche, arretierte Schwerverbrecher in einer ansonsten fast leeren Linienmaschine von New York nach Los Angeles überführt. Einer von ihnen, Ryan Weaver (Ray Liotta), der als Serienmörder bereits mehrere Frauen auf dem Gewissen haben soll, konnte nur deshalb verhaftet werden, weil der ermittelnde Polizist (Hector Elizondo) gezielt Beweise gefälscht hatte. Weaver beteuert derweil vehement seine Unschuld. Als der andere Kriminelle, Stubbs (Brendan Gleeson), an Bord der bereits in der Luft befindlichen Maschine Amok läuft, kann Weaver ihn aufhalten. Zu diesem Zeitpunkt ahnt die zunächst erleichterte Flugbegleiterin Teri Halloran (Lauren Holly) noch nicht, dass Weaver tatsächlich ein gemeingefährlicher Psychopath ist…

Das Szenario der mit einem wahnsinnigen Mordbuben auf engstem Raum eingepferchten, zunächst schutzlos erscheinenden Frau beschreibt im Psycho-Thriller ein bereits mehrfach variiertes Motiv. Die Hilflosigkeit der Heldin wird dabei oftmals noch durch ein zusätzliches körperliches oder räumliches Handicap unterstrichen beziehungsweise intensiviert: In Richard Fleischers „See No Evil“ beispielsweise bekam Mia Farrow es als Blinde in einem entlegenen Landhaus mit einem garstigen Mehrfachmörder zu tun; im erst letzthin noch von revisionierten „Dead Calm“ von Phillip Noyce hieß es für die schwersttraumatisierte Nicole Kidman, sich des Irren an Bord eines weitab segelnden Schoners erwehren muss. „Turbulence“ greift diese Grundprämisse erneut auf und versetzt sie in das kurz zuvor mit Bairds „Executive Decision“ und „Con Air“ reaktivierte Action-Flight-Setting, das seine Wurzeln wiederum im klassischen Katastrophenfilm hat. Besonders der zeitweilig irrlichternde Spaßfaktor des letztgenannten findet sich auch in Butlers Film wieder, der sich im Prinzip gleich von Beginn an und dann über die gesamte Spielzeit hinweg nie wirklich ernst nimmt. Allein die Plotbasis, zwei besonders schwere Jungs von vier mehr oder weniger überforderten Agents in eine Verkehrsmaschine zu setzen, darf man wohl als höchst hanebüchene Ausgangslage bezeichnen, die analog zu dem sich mehr und mehr exaltiert verhaltenden Liotta (der eine ganze Portion überkandidelter Spielfreude an den Tag legt) dann auch bald nochmal an Überzuckerung gewinnt. Das sich über den Wolken entspinnende Duell zwischen ihm und Lauren Holly als über sich hinauswachsende Stewardess geriert sich entsprechend spaßig und seine potenzielle Terrorgenealogie eifrig mit Füßen tretend. Nette Ideen wie die (im modernen Weihnachtsfilm offenbar ohnehin unvermeidliche) Reminiszenz an „It’s A Wonderful Life“ stützen den lustvoll ausgestellten Hyperrealismus des Ganzen. Eine allzu seriöse Begegnung mit „Turbulence“ gestaltet sich insofern als nahezu unmöglich, würde seinem Duktus als heimliche Komödie allerdings auch kaum gerecht.

6/10

YOU BETTER WATCH OUT

„But if you’re bad boys & girls, your name goes in the ‚Bad Boys & Girls‘ book, and I’ll bring you something… horrible!“

You Better Watch Out (Teuflische Weihnachten) ~ USA 1980
Directed By: Lewis Jackson

Seit er als kleiner Junge (Gus Salud) mitansehen musste, wie sein als Weihnachtsmann verkleideter Vater (Brian Hartigan) seiner Mom (Ellen McElduff) in unmittelbarer Nähe des geschmückten Baumes einen gepflegten Cunnilingus verabreichte, ist Harry Stadling (Brandon Maggart) nachhaltig traumatisiert. 33 Jahre später bricht sich seine Neurose dann Bahn: Als Santa Claus ausstaffiert fährt Harry durch seine weihnachtliche Heimatstadt und schickt sich an, seine ihm auferlegte Mission zu erfüllen – die Braven zu beschenken und die Bösen zu bestrafen…

Lewis Jacksons arriviertes Indie-Schmuckstück hat sich zu einem kleinen Dauerbrenner des 42nd-Street-Cinema entwickelt, und dies durchaus berechtigt. Ähnlich wie die ebenfalls um diese künstlerisch überaus fruchtbare Zeit entstandenen, kantigen Loner-Porträts „The Exterminator“, „Maniac“ und „Ms. 45“, die wiederum allesamt Scorseses großmächtiger Großstadtstudie „Taxi Driver“ verpflichtet sind, kreist auch der tiefschwarzhumorige „You Better Watch Out“ um einen mental angegriffenen Zeitgenossen, der dem Wahn anheim fällt, gewisse, schiefgelaufene Dinge wieder gerade rücken zu müssen. In Harry Stadlings Fall ist dies die verlorene Unschuld des Weihnachtsfests. Seit er ehedem feststellen musste, dass dieses mitnichten als kinderzentrierte Veranstaltung in den Herzen der Menschen wohnt, hat sich bei ihm eine Schraube gelöst. Als Erwachsener nun bietet er all seine Kraft auf, Weihnachten seine ursprüngliche Altehrwürdigkeit zurückzuerobern. Er schläft im Weihnachtsmann-Kostüm, arbeitet in einer Spielzeugfabrik, führt sorgsam Buch über die Kinder der Nachbarschaft. Umso ungelegener kommen da ein dreister Kollege (Joe Jamrog), der Harry seine Schicht aufs Auge drückt oder ein Nachwuchsmanager, der sich mit der angeblichen Karitativität der Firma schmückt. Harrys Sicherungen brennen endgültig durch und er wähnt sich fortan als Santa Claus nebst mörderischer Agenda. Als ein solcher beschenkt er ebenso freudestrahlende Kinder wie er mit Schnittwerkzeug auf versnobte Erwachsene losgeht.
Harry Stadling entpuppt sich im Laufe des Films als alter ego Lewis Jacksons. Auch diesen wurmte offensichtlich der verlorene Geist der Weihnacht und die sich ausweitende Ironisierung des Fests, die proportional zum Alter der Beschenkten ansteigt. Was an dieser Stelle fehlt, ist ein Mann mit mehr denn handfesten Argumenten und ein solcher erwächst in Harry Stradling. Jener findet sich am Ende sogar rückhaltlos mythifiziert – nachdem sein ihn seit eh und je heimlich hassender Bruder (Jeffrey DeMunn) Harry erwürgt hat, fährt auf wundersame Weise neues Leben in den vermeintlich Verblichenen und er braust mit seinem alten Van hoch in die Lüfte, vermutlich gen Nordpool. Auch wenn es einige Menschenleben gekostet hat: Der Weihnachtsmann ist wieder da und auch im nächsten Jahr wird mit ihm zu rechnen sein…

7/10