„I’m where I belong, sir.“
Top Gun: Maverick ~ USA 2022
Directed By: Joseph Kosinski
35 Jahre nach seiner eigenen Ausbildung in der Navy-Eliteeinheit TOPGUN ist Pete „Maverick“ Mitchell (Tom Cruise), noch immer ganz der renitente Heißsporn von dazumal, nunmehr tätig als Testpilot für Überschallmaschinen. Kurz bevor er wegen neuerlicher Subordination wieder einmal davorsteht, das Korps verlassen zu müssen, wird er nach Kalifornien beordert, einmal mehr protegiert von seinem alten Freund und Rivalen „Iceman“ Kazansky (Val Kilmer), der, mittlerweile todkrank, als Commander der Pazifikflotte stets seine schützende Hand über Maverick hielt. Dieser soll nun eine junge Fliegerstaffel auf einen eigentlich unmöglichen Einsatz in einem „Schurkenstaat“ vorbereiten. Der besondere Haken dabei: Bradley „Rooster“ Bradshaw (Miles Teller), der Sohn von Mavericks verstorbenem besten Freund Goose, ist ebenfalls Teil der Truppe. Aufs Neue mit der traumatischen Vergangenheit konfrontiert, setzt Maverick alles daran, Rooster vor einem ähnlichen Schicksal zu bewahren wie es einst seinen Vater ereilte.
De facto ein Airforce-Remake von Clint Eastwoods hochreaktionärem, alten Gassenhauer „Heartbreak Ridge“, avancierte „Top Gun: Maverick“ im nicht mehr ganz so krisengeschüttelten Kinojahr 2022 zu everybody’s darling, zum Retter der Leinwände vor der abklingenden Corona-Hysterie und zu Tom Cruises bis dato erfolgreichstem Film. Sonnenlichtdurchflutete Militärromantik funktionierte im Hollywoodkino schon seit jeher vortrefflich als zuverlässige eskapistische Ingredienz; egal ob vor dem Hintergrund diverser Kampfeinsätze, in die die USA seit dem Zweiten Weltkrieg verwickelt war oder eben in Friedenszeiten. Schmucke junge und alte Männer in Uniform, ihre darbenden Dämchen daheim und ihre kernigen Kumpels an der Frontlinie, das entsprach stets dem Geschmack (nicht nur) amerikanischer Kinoaudienzen. Wie Tony Scotts seit ehedem gleichermaßen geliebtes wie gescholtenes Original setzt auch Joseph Kosinskis mit reichlicher Verspätung entstandene Fortsetzung auf die erwähnten Schemata und das mit – wie sich hinlänglich bewies – gigantischem Erfolg. Schon die Titelsequenz, die musikalisch und visuell analog zu der von 1986 gestaltet ist, kündigt an, wo die nun folgende Reise hingeht: ins Reich unumwundener nostalgischer Verklärung und eigentlich längst hoffnungslos verfilzt geglaubter Patriotismuspropaganda. Während in Osteuropa eine neue Form des Kalten Kriegs entfesselt wird, liefern Cruise und Produzent Bruckheimer also die „passende“ Replik aus Übersee: Higway to the danger zone. Die schönen Frauengesichter von vor 35 Jahren, die von (der zumindest in einer kurzen Rückblende und auf Fotos zu sehenden) Meg Ryan und Kelly McGillis nämlich, sind mittlerweile obsolet – als entstelltes Schönheits-OP-Monster scheint Ryan, 61, ähnlich unvorzeigbar im Sinne des hermetischen Ästhetikkonzepts des „Top Gun“-Universums wie McGillis, 64, mit ihrem Alter gemäßer Physis. Mavericks damalige Flamme „Charlie“ Blackwood wird auf inhaltlicher Ebene kurzerhand totgeschwiegen und durch die von vermutlich ewiger Schönheit begünstigte Jennifer Connelly, 51, substituiert in einer beschwingt-eindimensionalen Rolle, die in den vierziger und fünfziger Jahren von Donna Reed oder Phyllis Taxter gespielt worden wäre. Und wo ich gerade bei der vergleichenden Lebensjahrbezifferung bin: Cruise ist vier Jahre älter als Eastwood zum Drehzeitpunkt von „Heartbreak Ridge“, sieht aber mindestens zehn Jahre jünger aus. Gut – im Gegensatz zu Gunny Highway war Maverick ja auch weder in Korea noch in Vietnam. Die Golfkriegsnarben, sie sind offensichtlich nicht mehr so tief wie die von damals. Und Val Kilmer (62)? Der hat gelebt, man sieht’s ihm an, und er bekommt immerhin seinen knarzigen Kurzauftritt als (im Gegensatz zum Titelhelden) hochdekorierter Regierungsknecht und muss dafür auch flugs wieder scheiden, die traditionelle Begräbnisszene nebst Zapfenstreich inbegriffen.
Doch genug des ohnehin allzu offenkundigen p.c.-Geblökes – Kosinskis vierte Regiearbeit (und sein zweites Spätsequel nach dem 10er-„Tron“) liefert nicht zuletzt auch ein glänzendes Mainstream-Unterhaltungsprodukt, dem man in Anbetracht seiner sich so herrlich naiv gebenden Weltsicht trotz (oder vielleicht gerade wegen) sich geradezu maßgeschneidert selbsterfüllenden Kalküls kaum wirklich böse sein mag. „Top Gun: Maverick“ ist nämlich nicht nur in ideologischer Hinsicht im Prinzip ein Film von vorgestern. Auch auf der fomalästhetischen Ebene beschwört er die Ära von Regisseuren wie dem im Abspann gehuldigten Tony Scott, denen die eigene Kunstfertigkeit und der persönliche Inszenierungsstil weit über das zu bebildernde Sujet hinaus gingen. Entsprechend reichhaltig birst das Ganze vor atemberaubend choreographierten Fliegereiaufnahmen und perfekt durchgestylter Parallelrealität. Sonnenbräune, Schweiß, Haarlack, Goldkettchen, Sixpacks und Motorräder fungieren darin gewissermaßen als alternative Uniformierung und liefern auch heuer noch ungebrochen aufreizendes eye candy.
Es wird wohl seine Gründe haben, dass eine Menge Menschen diesen Film lieben.
7/10
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