GREAT DAY IN THE MORNING

„The North and South are natural enemies – like husband and wife.“

Great Day In The Morning (Skrupellos) ~ USA 1956
Directed By: Jacques Tourneur

Der Abenteurer, Spieler und erklärte Opportunist Owen Pentecost (Robert Stack) kommt kurz vor Ausbruch des Bürgerkrieges nach Denver und nimmt dort dem Gauner Jumbo Means (Raymond Burr) fast dessen ganze Habe beim Pokerspiel ab. Zwischen zwei Frauen – Means‘ vormaliger Geschäftsführerin Boston (Ruth Roman) und der selbstbewussten Ladenbesitzerin Ann (Virginia Mayo) – stehend, kauft sich Pentrecost schließlich ins Goldminengeschäft ein. Als einer seiner Vertragspartner (George Wallace) ihn zu übervorteilen versucht, ist Pentecost gezwungen, diesen zu erschießen. Später nimmt er sich seines verwaisten Jungen (Donald MacDonald) an. Als der Krieg ausbricht, steht Pentecost als einer von wenigen Südstaatlern gegen eine ganze Übermacht von Unionisten…

Grandioser Western von Tourneur, sich ausnahmsweise einmal wohltuend unterscheidend vom Gros der um diese Zeit produzierten, breit aufgestellten Hauptwerke des Genres und wie diese doch geprägt von der „neuen Tiefe“, zu der die Gattung sich soeben aufraffte.
Mit dem arrogant grinsenden Robert Stack sendet Tourneur einen Protagonisten ins Feld, dem Sympathien zuzuschustern sich nicht eben einfach ausnimmt. Als Profiteur und Gewinnler ist Pentecost stets auf den eigenen Reibach bedacht, zwar bleibt er immer vertragsgebunden und fair, jedoch nur, weil die Übervorteilung seiner Gegenüber von vornherein miteingeplant ist. Eine echte, makellose Heldenfigur entbehrt die Geschichte also bereits. Stattdessen werden ihr nur noch mehr Kratzer hinzugefügt; Pentecost ist verantwortlich dafür, dass ein kleiner Junge als Waise dasteht, er ist unfähig, sich zwischen zwei ihn liebenden Frauen zu entscheiden und geht schließlich (auf sehr tragische Weise) leer aus. Immerhin erwacht in ihm am Ende ein Funken Patriotismus für die Rebellion, die jedoch, die Geschichte lehrte es uns, am Ende auch scheitern wird. Zwar überlebt Pentecost den Film, weil sein finaler Gegner (Alex Nicol) mehr Ehre im Leib hat als er selbst, Tourneur lässt jedoch wenig Zweifel daran, dass die Kriegsmühlen ihn später dennoch das Leben kosten werden. Die Struktur seines Charakters determiniert ihn qua dafür. Raymond Burr gibt derweil einen tollen, tragischen Bösewicht, der unentwegt und mit allem, was er anfasst, auf die Schnauze fällt, nur um am Ende, bevor ihn das verdiente Schicksal gerechtermaßen ereilt, urplötzlich eine ähnliche Bedrohlichkeit zu entwickeln wie zwei Jahre zuvor in „Rear Window“, als er am Ende auf den blitzenden Jimmy Stewart losgeht. Ein seltener, toller, unbedingt sehenswerter Film sowohl für etwas dezidierter interessierte Genrechronisten als auch für Tourneur-Komplettisten.
Ein Wort zu just erschienenen DVD: Man darf einerseits  dankbar sein, dass die rare RKO-Produktion „Great Day In The Morning“, für relativ kleines Geld zudem, bei uns verfügbar gemacht wird, zudem ungekürzt, annähernd im Originalformat und mit der erstklassigen, ursprünglichen Kino-Synchronisation versehen. Was jedoch die bildtechnische Seite anbelangt, ist der Silberling eine blanke Katastrophe: Nahezu kein Fehler, denn ein mieses DVD-Authoring/-Mastering verhunzen kann, wurde ausgelassen. Das Bild ist farblos und blass, verwaschen, unscharf, voll von Ghosting- und Nachzieheffekten. Trotz des famosen Inhalts kann von „Filmgenuss“ also kaum die Rede sein. Da es derzeit keine bessere Alternative gibt, bleibt der Zugriff für Interessierte vorläufig dennoch unerlässlich. Bleibt inständig zu hoffen, dass da nochmal akkurat nachgebessert wird…

8/10

ARIZONA

„There’s a gallivanted bug in my blood and that’s the way I am.“

Arizona ~ USA 1940
Directed By: Wesley Ruggles

1861 kommt der Abenteurer Peter Muncie (William Holden) mit einem Wagentreck aus dem Osten in das noch kaum entwickelte Tucson. Als einzige Frau findet sich dort die mit allen Wassern gewaschene Phoebe Titus (Jean Arthur), deren Ziel es ist, eines Tages eine erfolgreich gehende Rinderranch zu besitzen. Mit ihrem rauen Charme gewinnt die ungeschliffene Phoebe bald Peters Herz, doch es zieht ihn dennoch weiter nach Westen. Als sich der Gentleman-Ganove Carteret (Warren William) in Tucson niederlässt und mit geschickten Intrigen das Frachtgeschäft an sich reißt, erwächst in ihm Phoebes größter Konkurrent. Der bald aufziehende Sezessionskrieg sorgt für zusätzliches Chaos.
Nach einem Jahr kehrt Peter schließlich zu Phoebe zurück und verlobt sich mit ihr. Doch zwischen ihnen und ihrem Traum von der ertragreichen Viehwirtschaft steht noch immer Carteret, der sich nicht gewaltfrei zurückzieht…

Knappe zehn Jahre nach seinem oscargekrönten Pionierwestern „Cimarron“ über die Besiedlung von Wichita legte Wesley Ruggles mit „Arizona“ ein Werk ganz ähnlichen Schlages vor. Den augenfälligen Parallelen stehen allerdings auch einige Ummodellierungen gegenüber, die der progressiven Entwicklung des Genres in der Zwischenzeit Tribut zollen. So verzichtet „Arizona“ etwa auf den Ehrgeiz, eine epische, sich über mehrere Dekaden hinweg erstreckende Familienchronik auszubreiten und beschränkt sich stattdessen auf einen erzählten Zeitraum von knapp zwei Jahren. Die Befriedung und Zivilisierung eines losen, westlichen Stadtgebietes spielt zudem eher eine untergeordnete Rolle; hier geht es vielmehr um den klassischen Kampf ehrbarer Redlichkeit gegen Amoral und Schurkentum. Wo Gesellschaft heranwächst, da, so die einfache These des Films, existieren nämlich stets zwei Medaillenseiten. Zum Einen die ehrlichen, hart schuftenden Pioniere, die Land und Menschen urbar und zukunftsweisend machen und zum anderen die gewissenlosen Privatprofiteure, die um des eigenen Reichtums Willen den sozialen Fortschritt gnadenlos ausbremsen. Dazwischen findet sich noch ein ganzes Spektrum von Grauzonentypen, die es nur deshalb hierher verschlägt, weil es sie immer irgendwohin verschlägt: den versoffenen Friedensrichter (Edgar Buchanan) etwa, der irgendwann eine göttliche Epiphaniehat und zum trockenen Moralapostel wird, den braven Handelsmann (Paul Harvey), der immer etwas zu vorsichtig ist, um wirklich etwas bewegen zu können, den verschlagenen, im Grunde aber harmlosen Saloonbesitzer (Porter Hall), der am Ende zum Opfer seiner eigenen Bauernschläue wird und natürlich den sinistren Indianerhäuptling (Frank Hill), der ja im Grunde völlig im Recht ist, wenn er die Weißen, die sein Areal kurzerhand annektiert haben, geradewegs zur Hölle schicken will. Gerade dieses bunte Kaleidoskop mehr oder weniger liebenswerter Charaktere zeichnet „Arizona“ aus, vielleicht sogar noch ein wenig mehr als die eher „bewährt“ angelegten Protagonisten, die als Eckpfeiler der Geschichte wiederum kaum Variation gestatten, seien es William Holden als juveniler Tausendsassa mit dem Virus des Abenteuers im Blut oder Jean Arthur, die man als Flintenweib längst aus DeMilles „The Plainsman“ kennt und der man angesichts ihrer nach wie vor einnehmend jovialen Weiblichkeit sogar blindlings gestattet, dass sie den männlichen Helden mal eben um knappe 18 Lebensjahre überbietet und somit dessen Mutter sein könnte.

8/10