VICE SQUAD

„You wanna know where you can find Barkis?“

Vice Squad (Sittenpolizei) ~ USA 1953
Directed By: Arnold Laven

Ein stressiger Tag für Captain Barnaby (Edward G. Robinson), Chef eines der Reviere des LAPD: Nicht nur, dass er zu einem Live-Interview im Fernsehen eingeladen ist – eine junge Dame (K.T. Stevens) bittet ihn, ihre Mutter vor einem Heiratsschwindler (John Verros) zu bewahren; der verdiente Streifenbeamte Kellogg (William Boyett), der in der Nacht zuvor zufällig ein paar Gangster während eines Autodiebstahls auf frischer Tat ertappt hat, liegt angeschossen im Krankenhaus im Sterben. Der einzige Zeuge der Tat, der Beerdigungsunternehmer Hartrampf (Porter Hall), der gerade von einem außerehelichen Techtelmechtel kam, schweigt sich stoisch aus. Derweil erfährt Barnaby von einem geplanten Banküberfall, den just dieselbe Bande begehen soll, die Kellogg auf dem Gewissen hat. Um den Aufenthaltsort der Ganoven in Erfahrung zu bringen, sucht sich Barnaby unter anderem Hilfe bei der Puffmutter Mona Ross (Paulette Goddard).

Ein ebenso kolportagefreudiger wie gut gelaunter Blick in einen Arbeitstag eines police chief von Los Angeles. Das vor allem hinsichtlich seiner ironisch-klugen Dialoge wundervoll ausgearbeitete, straffe Script führt den dankbar inszenierenden Arnold Laven scheinbar mühelos durch seine von witzigen bis dramatischen Eckpfeilern getragene Geschichte, die auch und vor allem von der zeitlichen Verdichtung der erzählten Zeit auf nur einen Tag profitiert und lebt. „Vice Squad“ nimmt sich trotz seiner mithin atemlosen Wendungen hinreichend Zeit, diverse quirlige Nebenfiguren einzuführen, sowohl aus dem Halbweltmilieu wie auch aus der gebeuteln Exekutivabteilung, deren Mitarbeiter dem stets coolen, sonoren Robinson unterstehen. Die als Pflichtkontrast eingegebenen Gangster, allen voran deren böser und brutaler Chef Al Barkis (Edward Binns), sind hundsgemeine Lumpen, denen man rasch alles Schlechte der Welt an den Hals wünscht; Barnabys Team besteht indes ausschließlich aus ehrbaren, folgsamen und vor allem unbestechlichen Beamten, von denen jeder 110 Prozent gibt. Allen voran Barnaby selbst, der auch schonmal gern mit fiesen Tricks und deftigeren semilegalen Mitteln arbeitet, um seine Ziele zu erreichen. Selbstredend liegt er damit rein moralisch betrachtet immer goldrichtig.
In „Vice Squad“ war die Welt noch in Ordnung und alles an seinem Platze. So wie Arnold Laven, der leider nach nur elf Filmen zum Fernsehen wechselte und mit vielversprechenden Arbeiten wie der vorliegenden eigentlich einen sauberen Start im Segment der späten films noirs hingelegt hatte. Später kamen dann neben dem erquicklichen Riesenmollusken-Horror „The Monster That Challenged The World“ noch ein paar ordentliche Western hinzu. Schade, dass dann so rasch Schluss war und die dröge Mattscheibe lockte.

8/10

THE DESPERADOES

„A man can’t do much when he gets old except save his money.“

The Desperadoes (Aufruhr der Gesetzlosen) ~ USA 1943
Directed By: Charles Vidor

Der verschlagene Bankier Clanton (Porter Hall) hält die Kleinstadt Red Valley durch rücksichtslose Übervorteilungen der Bürger fest in Händen. Bei seinen krummen Unternehmungen, zu denen auch schonmal ein Auftragsraub des eigenen Kredithauses zählt, unterstützt ihn der bei den Leuten als kauziger Senior beliebte, tatsächlich jedoch kaum minder gerissene Onkel Willie McLeod (Edgar Buchanan). Just hat man den gesuchten Outlaw Cheyenne Rogers (Glenn Ford) herbestellt, um abermals die Bank zu überfallen, da läuft einiges für die beiden alten Halunken quer: Rogers entpuppt sich als alter Freund des hiesigen Sheriffs Upton (Randolph Scott), verliebt sich in Willies Tochter Allison (Evelyn Keyes) und beschließt daraufhin, ehrlich zu werden. Diesem Vorhaben stehen allerdings noch einige Hindernisse im Wege…

Der einzige von Charles Vidor inszenierte Western, mit zahlreichen Altstars aus den Stummfilmtagen der Gattung in Cameos angereichert, versteht sich seiner im Grunde ein gewaltiges dramatisches Potenzial bereithaltenden Thematik zum Trotze als eher spaßiger Beitrag zum Genre. Für die Columbia war es die erste Technicolor-Produktion überhaupt und da setzte man auf Nummer Sicher gehend wohl ganz gezielt auf familientaugliches, gut gelauntes Entertainment. So ist Edgar Buchanan eher ein halber villain, so eine Art Long John Silver, der unter seiner langjährig gepflegten Brummigkeit irgendwo ein goldenes Herz verbirgt und sich am Ende reumütig der Justiz stellt. Ein Pendant hat er noch gleich dazu in Guinn ‚Big Boy‘ Williams, hierin einmal mehr als comic relief eingesetzt. Williams ist der heroe’s best buddy, ein etwas klobiger, dummer, aber herzensguter Kerl, der Haut und Fäuste aus Stahl besitzt (und nicht nur infolge dessen eine Vorstudie für die spätere Bud-Spencer-Typographie gibt) und lediglich die kleine Unart pflegt, ständig mit Sprengstoff herumspielen zu müssen, was ihm den schönen Spitznamen „Nitro“ eingetragen hat.
Interessanterweise spielt der die Besetzungsliste anführende Randolph Scott überhaupt keine Hauptrolle, sondern fungiert eher als beiläufiges Handlungselement; neben dem wie immer sehenswerten Buchanan ist vor allem der hier noch geradezu unverschämt junge Glenn Ford der Held der Geschichte. Immerhin ist es an ihm, den, wie der Film es mit etwas triefiger Symbolik gleich mehrfach ausformuliert, Weg von der „anderen Seite des Berges“ zurück anzutreten, sprich, seiner kriminellen Karriere zu entsagen. Natürlich gelingt ihm das nach einigen Irrungen und Wirrungen, die unter anderem eine zünftige Kneipenschlägerei beinhalten, auch und er darf am Ende das Mädchen ehelichen und seinen Kumpel, den von Scott gespielten Sheriff, stolz grienend zurücklassen, derweil Nitro und Onkel Willie vorübergehend einfahren, um ihre „kleinen“ Sünden abzubüßen. Und selbst daraus macht dieser abgesehen von seinen kleinen, filmhistorischen Besonderheiten leicht angestaubte Oldtimer noch einen Jokus.

7/10

ARIZONA

„There’s a gallivanted bug in my blood and that’s the way I am.“

Arizona ~ USA 1940
Directed By: Wesley Ruggles

1861 kommt der Abenteurer Peter Muncie (William Holden) mit einem Wagentreck aus dem Osten in das noch kaum entwickelte Tucson. Als einzige Frau findet sich dort die mit allen Wassern gewaschene Phoebe Titus (Jean Arthur), deren Ziel es ist, eines Tages eine erfolgreich gehende Rinderranch zu besitzen. Mit ihrem rauen Charme gewinnt die ungeschliffene Phoebe bald Peters Herz, doch es zieht ihn dennoch weiter nach Westen. Als sich der Gentleman-Ganove Carteret (Warren William) in Tucson niederlässt und mit geschickten Intrigen das Frachtgeschäft an sich reißt, erwächst in ihm Phoebes größter Konkurrent. Der bald aufziehende Sezessionskrieg sorgt für zusätzliches Chaos.
Nach einem Jahr kehrt Peter schließlich zu Phoebe zurück und verlobt sich mit ihr. Doch zwischen ihnen und ihrem Traum von der ertragreichen Viehwirtschaft steht noch immer Carteret, der sich nicht gewaltfrei zurückzieht…

Knappe zehn Jahre nach seinem oscargekrönten Pionierwestern „Cimarron“ über die Besiedlung von Wichita legte Wesley Ruggles mit „Arizona“ ein Werk ganz ähnlichen Schlages vor. Den augenfälligen Parallelen stehen allerdings auch einige Ummodellierungen gegenüber, die der progressiven Entwicklung des Genres in der Zwischenzeit Tribut zollen. So verzichtet „Arizona“ etwa auf den Ehrgeiz, eine epische, sich über mehrere Dekaden hinweg erstreckende Familienchronik auszubreiten und beschränkt sich stattdessen auf einen erzählten Zeitraum von knapp zwei Jahren. Die Befriedung und Zivilisierung eines losen, westlichen Stadtgebietes spielt zudem eher eine untergeordnete Rolle; hier geht es vielmehr um den klassischen Kampf ehrbarer Redlichkeit gegen Amoral und Schurkentum. Wo Gesellschaft heranwächst, da, so die einfache These des Films, existieren nämlich stets zwei Medaillenseiten. Zum Einen die ehrlichen, hart schuftenden Pioniere, die Land und Menschen urbar und zukunftsweisend machen und zum anderen die gewissenlosen Privatprofiteure, die um des eigenen Reichtums Willen den sozialen Fortschritt gnadenlos ausbremsen. Dazwischen findet sich noch ein ganzes Spektrum von Grauzonentypen, die es nur deshalb hierher verschlägt, weil es sie immer irgendwohin verschlägt: den versoffenen Friedensrichter (Edgar Buchanan) etwa, der irgendwann eine göttliche Epiphaniehat und zum trockenen Moralapostel wird, den braven Handelsmann (Paul Harvey), der immer etwas zu vorsichtig ist, um wirklich etwas bewegen zu können, den verschlagenen, im Grunde aber harmlosen Saloonbesitzer (Porter Hall), der am Ende zum Opfer seiner eigenen Bauernschläue wird und natürlich den sinistren Indianerhäuptling (Frank Hill), der ja im Grunde völlig im Recht ist, wenn er die Weißen, die sein Areal kurzerhand annektiert haben, geradewegs zur Hölle schicken will. Gerade dieses bunte Kaleidoskop mehr oder weniger liebenswerter Charaktere zeichnet „Arizona“ aus, vielleicht sogar noch ein wenig mehr als die eher „bewährt“ angelegten Protagonisten, die als Eckpfeiler der Geschichte wiederum kaum Variation gestatten, seien es William Holden als juveniler Tausendsassa mit dem Virus des Abenteuers im Blut oder Jean Arthur, die man als Flintenweib längst aus DeMilles „The Plainsman“ kennt und der man angesichts ihrer nach wie vor einnehmend jovialen Weiblichkeit sogar blindlings gestattet, dass sie den männlichen Helden mal eben um knappe 18 Lebensjahre überbietet und somit dessen Mutter sein könnte.

8/10