DEALER

Zitat entfällt.

Dealer ~ F 2014
Directed By: Jean Luc Herbulot

Für den Pariser Kleinkriminellen Dan (Dan Bronchinson), früher eine große Szenenummer, der seine jüngere Penunze nurmehr durch Haschdealerei und Prostitution seiner Bettgenossin Chris (Elsa Madeleine) verdient, ist es nurmehr eine Frage von Stunden – dann soll sein lang ersehnter Trip ohne Rückfahrkarte ins ferne Australien endlich stattfinden, das heißgeliebte Töchterchen Léna (Maïa Bonami) im Schlepptau. Doch wie das so ist – es winkt das eine, letzte Geschäft, das so unkompliziert aussieht und doch von vornherein stinkt. Ein Koksdeal mit ordentlicher Gewinnspanne soll es sein, besorgt bei Gangsterboss Delo (Bruno Henry), später abgeliefert beim Snob Simon (Didier Mérigou). Doch rein gar nichts läuft wie geplant, das Päckchen mit dem Schnee verschwindet spurlos, Dan steht ohne Drogen und Geld da. Seine verzweifelten Versuche, sich über Wasser zu halten und der Situation mit einem blauen Auge zu entkommen, nehmen immer groteskere Ausmaße an, zumal besonders Delo keinen Spaß versteht.

Eine innovative Geschichte erzählt „Dealer“ ganz gewiss nicht. Er bedient sich in dieser Hinsicht vielmehr großzügig bei wohlgelittenen Vorbildern; insbesondere De Palmas „Carlito’s Way“ und Refns „Pusher“ finden sich motivisch de facto abgegrast und vor dem diesbezüglich nivellierten Pariser Gangstermilieu neu aufbereitet. Einige authentische Erfahrungen der am Film Beteiligten sollen ebenfalls Einzug gehalten haben in den sich rasant entrollenden Plot. Wie seine geschätzten Ahnherren lebt auch „Dealer“ von einer ebenso simplen wie cleveren Prämisse: Der Zuschauer ist, nicht zuletzt durch viele introspektive Einblicke in dessen Seelenleben, gezwungen, die höllische Odyssee des kriminellen Protagonisten Stück für Stück mitzuverfolgen. Dessen seit Langem gehegter Traum von Freiheit gewinnt erst durch die ebenso leichtsinnige wie irrationale, von reiner Gier getriebene Involvierung des Hauptcharakters eine existenzialistische Qualität. Einerseits hat dieser dämliche Mensch es nicht besser verdient – was lässt der sich auch auf eine solch vorprogrammierte Scheiße ein -, andererseits fiebert man mit ihm und wünscht ihm inständig, dass am Ende doch noch alles glatt geht. Der Weg dorthin ist steinig wie eh und je. Die bizarre Welt aus Opportunismen und Ehrenkodexen, die die urbane Unterwelt kennzeichnen, bildet ein multiethnisches Paralleluniversum, das kaum mehr eine der etablierten Gesellschaftsnormen anerkennt. Hier kann bereits der geringstze Faux-pas ein gewaltiges Blutbad verursachen oder sich anders herum der kleinste Gefallen lebensrettend auswirken.
So gibt es in „Dealer“ Momente, deren eisige Brutalität kaum mehr zu ertragen ist oder deren innere Anspannung einer Zerreißprobe gleichkommt. Trotz immer wieder eingestreuter Schicksalslichtblicke weist die Rolltreppe kontinuierlich abwärts und bleibt Dans gewalttätiges Ende trotz gewissermaßen vorenthaltener conclusio unabwendbar. Vielleicht geht es ja auch eines Tages weiter, „Pusher“ entfaltete sich wider Erwarten schließlich auch zur Trilogie.
„Dealer“ bildet vermutlich kein bahnbrechendes Stück Kino, dafür aber eines, das einen auf überaus dankbare Weise durch ein unerbittliches, emotionales Wechselbad treibt.

8/10

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