WOMAN OF STRAW

„A kind nature is no defense in sickness and death.“

Woman Of Straw (Die Strohpuppe) ~ UK 1964
Directed By: Basil Dearden

Tony Richmond (Sean Connery), Neffe des millionenschweren, an den Rollstuhl gefesselten Witwers und Misanthropen Charles Richmond (Ralph Richardson), stellt für seinen Onkel die Krankenschwester Maria (Gina Lollobrigida) als Hauspflegerin ein. Von der Flamboyanz des charmanten Neffen angezogen und von der Boshaftigkeit des Alten abgestoßen, gerät Maria bald in ein Wechselbad der Gefühle. Dabei bemerkt sie nicht, dass Tony sie zur Exekutiven eines von langer Hand geplanten Komplotts gegen seinen Onkel macht. Er berichtet Maria von seinem privaten Hass gegen den selbsträsonistischen Fiesling und bringt Maria dazu, ihn zu heiraten, um nach dessen in Bälde zu erwartendem Tode Erbin des Vermögens zu werden. Tony gäbe sich mit einem geringen Obolus zufrieden. Nach einem Mittelmeertörn stirbt Charles jedoch urplötzlich, früher als erwartet – und, wie sich bald herausstellt, nicht ganz zufällig. Urplötzlich steht Maria als Mordverdächtige da, der im Falle einer Verurteilung nichts vom Vermögen des Verblichenen zustünde. Ganz im Gegensatz zu dessen nächstem Anverwandten…

Ein ebenso pittoresk gefilmtes wie spannend ausgebreitetes Krimi-Kammerspiel, für dessen Story respektive deren filmische Umsetzung sich vermutlich auch Hitchcock hätte erwärmen mögen. Wenngleich wirkliche Suspense-Momente eher rar gesät sind und zumindest die äußere Spannung des auf einem Roman der Autorin Catherine Arley basierenden Szenarios sich in Grenzen hält, vermag „Woman Of Straw“ mit seiner erzählerischen Ökonomie und dem ehernen narrativen Gesetz, das Publikum im Ungewissen zu lassen über die tatsächliche Schurkenrolle und ihre Auswirkungen, durchaus zu fesseln. Einen seiner Reizmomente bezieht der Film aus dem triangulär angelegten Beziehungsgeflecht der Protagonisten: Wenngleich sich recht flugs herauskristallisiert, dass keiner der Drei eine wirklich weiße Weste besitzt und auf die eine oder andere Weise mit der Unmoral flirtet, schürt das intelligent verfasste Script immer wieder Sympathiewechsel. Selbst der anfangs als unerträglicher, misogyner Rassist und Sadist gezeichnete Charles Richmond macht im weiteren Verlauf eine Wandlung zum beinahe sympathischen, alten Herrn durch, dem man seine vormaligen Boshaftigkeiten beinahe zu verzeihen geneigt ist. Dass Richardsons vormals grenzdämonische Präsenz sich indes sogar noch auf seinen Post-Mortem-Zustand auswirkt (und dieser von der Inszenierung durchaus clever und gänsehautevozierend pronociert wird), entpuppt sich als eine der wenigen, blitzlichtartig eingestreuten Liebäugeleien mit dem Horrorfilm.
Unerwartet überzeugend fand ich zudem Sean Connery als homme fatal: Was den Weg des Zuschauers im amerikanischen film noir zwanzig Jahre zuvor noch unter umgekehrten Genderaspekten gekreuzt hätte, fällt hier im doppelten Sinne unter Geschicklichkeit: Connery, der gerade dabei war, sich als James Bond zu etablieren, spielte seine Hauptrolle im unmittelbaren Anschluss an seinen Auftritt in „From Russia With Love“. Interessanterweise lehnen sich sowohl sein Kleidungsstil, als auch sein gesamtes und Gebahren und seine Mimesis nahtlos an die Gestaltung der Bond-Rolle an. Der entsprechende Effekt ist umso irritierender: Der Welt liebster Stargeheimagent verwandelt sich ganz gemächlich und vor unser aller Augen in einen gemeinen, gewissenlosen Hundsfott, dessen beinahe gottgelenktes Schicksal ihm am Ende mehr als zukommt.

8/10

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