FIRECREEK

„Your lack of faith disturbs me, boy.“

Firecreek (Die 5 Vogelfreien) ~ USA 1968
Directed By: Vincent McEveety

Firecreek ist eine winzige Ortschaft irgendwo in Grenznähe in Arizona. Ein paar ältere Leute leben hier und der friedliebende Farmer Johnny Cobb (James Stewart) mit seinen zwei Söhnen (Christopher Shea, Kevin Tate) und seiner hochschwangeren Frau Henrietta (Jacqueline Scott). Der Einfachheit halber hat sich Cobb einst gleich zum Sheriff wählen lassen, obschon er lieber jedem Ärger aus dem Wege geht. Der dröge lokale Aktionshöhepunkt besteht im allwöchentlichen Besuch des Wanderpredigers Broyles (Ed Begley) und dessen Messelesung. Ausgerechnet dieses Nest suchen der auf der Flucht befindliche, alternde Outlaw Larkin (Henry Fonda) und seine vier Männer sich für eine kurze Verweilpause aus. Analog zum rasch ansteigenden Alkoholpegel der Ganoven wächst auch ihr Aggresionspotenzial. Als einer von ihnen (James Best) schließlich die alleinerziehende Indianerin Meli (BarBara Luna) zu vergewaltigen versucht, geht der etwas einfältige Arthur (Robert Porter) dazwischen und erschießt ihn hinterrücks. Für die rachsüchtigen Banditen gibt es nun kein Halten mehr: sie lynchen den Jungen. Endlich entschließt sich der bislang passive Cobb zur Gegenwehr.

Classic Hollywood western goes terror cinema in diesem überaus grimmigen, karg inszenierten und doch höchst involvierenden, ungewöhnlichen Gattungsexemplar. Die alten, teilweise noch aus der mccarthyistischen Ära stammenden Topoi um Zivilcourage, inneren Zusammenhalt gegen äußere Störfaktoren und erzwungene Gewaltaktivierung kontrastiert McEveety mit den Zeichen der Gegenwart. Von Anfang an geht von Larkin und vor allem von dem ihn begleitenden Quartett aus tickenden Zeitbomben eine diffuse, aber doch allgegenwärtige Bedrohlichkeit aus; man ahnt unwillkürlich, dass mit ihnen die apokalyptischen Reiter nach Firecreek kommen. Und tatsächlich: während der angeschossene, müde Larkin sich insgeheim längst nach Ruhe und Geborgenheit sehnt, die er in der verwitweten Gasthausbetreiberin Evelyn Pittman (Inger Stevens) gefunden glaubt, gebärden seine Männer sich wie Tiere. Aus ihrer Ablehnung zivilisatorischer Wertmaßstäbe machen sie von Anfang an keinen Hehl, derweil Johnny Cobb ihnen nichts entgegenzusetzen weiß. Einzig der rätselhafte Arthur, ein einsamer Junge mit Kaspar-Hauser-Aura ist zur Gegenwehr bereit und bezahlt diese mit dem Leben. Ein Schlüsseldialog zwischen Cobb und dem Ex-Anwalt Whittier (Dean Jagger), der sich in Firecreek als Krämer niedergelassen hat, um seiner Vergangenheit zu entfliehen, macht schließlich deutlich: Firecreek ist ein Symbol für das Versagen, für Ausgestoßene und solche, die sich den Wirrnissen der Außenwelt  nicht länger stellen wollen. Jeder einzelne Einwohner der Stadt bietet auf seine spezifische Weise ein Exempel dafür. Der eigentlich alles andere als wehrhafte, stets affirmativ vor sich hin lebende Cobb jedoch ist nun endlich bereit, aufzustehen und der Rücksichtslosigkeit den Kampf anzusagen.
Spätestens ab jener bizarren Szene, in denen die Outlaws ihr erschossenes Mitglied mit offenen Augen an seinem eigenen Leichenschmaus teilhaben lassen, lässt McEveety konkrete Terrorfilm-Elemente in seinen um Altstars aufgebauten Western einfließen. Er macht klar, dass man es hier nicht mit den üblichen Genrekriminellen zu tun hat, sondern mit durchweg asozialen Unmenschen, die jeder Rationalität abgeschworen haben. Selbst Anführer Larkin ist nicht mehr imstande, die zunehmende Entfesselung seiner Leute im Zaum zu halten. Cobbs forcierte Gegenwehr gestaltet sich entsprechend wütend, bald barbarisch und antizipiert eindeutig radikalere Nachfolgewerke wie Peckinpahs „Straw Dogs“. Vielleicht der schwärzeste Western, in dem man die ewigen Saubermänner Stewart und Fonda bewundern kann. Und ein unbesungenes, kleines Meisterwerk dazu.

9/10

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