THE DEFENDERS: SEASON 1

„Am I the only one in New York who doesn’t know Karate?“

The Defenders ~ USA 2017
Directed By: S.J. Clarkson/Phil Abraham/Farren Blackburn/Uta Briesewitz/Félix Enríquez Alcalá/Peter Hoar/Stephen Surjik

Höchst unfreiwillig schließen sich die vier New Yorker Superhelden Matt Murdock (Charlie Cox), Jessica Jones (Krysten Ritter), Luke Cage (Mike Colter) und Danny Rand (Finn Jones) zu einem Team zusammen, um die undurchsichtigen Pläne der uralten Verbrechensorganisation „Die Hand“ und ihrer geheimen Chefin Alexandra Reid (Sigourney Weaver) zu durchkreuzen, die wegen eines tief unter Manhattan verborgenen Geheimnisses die Zerstörung der gesamten Metropole in Kauf nimmt.

In direkter Folge zu der „The Defenders“ gewissermaßen vorbereitenden Reihe „Iron Fist“ habe ich mir in zwei Abschnitten das bislang jüngste Netflix-Serial angeschaut. Das beflügelnde Potenzial der besten Momente aus „Daredevil“ oder „Luke Cage“ erreichen die „Defenders“ nicht, soviel gleich einmal vorweg. Nach der bereits recht früh erfolgten Ankündigung seitens des emsigen Anbieters, die vier separat vorgestellten Superhelden nach ihren Soloeinsätzen zusammenzubringen und ihnen den Namen eines ursprünglich komplett anders besetzten Marvel-Teams aus den frühen Siebzigern (das zunächst aus den wesentlich kampfkräftigeren Doctor Strange, Hulk, Submariner und Silver Surfer bestand) zu verabreichen, durfte man sich einiger berechtigter Vorfreude unterlegen, die das finale Resultat jedoch bestenfalls im Ansatz zu erfüllen weiß. Der Höhepunkt von „The Defenders“ liegt zugleich in ihrer Prämisse, nämlich vier der besten street fighting heroes aus dem Marvel-Universum vereint im Kampf genießen zu können. Leider erweisen sie alle sich nach wie vor, mit Ausnahme des weniger abgeklärten Danny Rand, als genau die Individualisten, als die sie onscreen bereits vorgestellt wurden: Keiner will eigentlich etwas mit den forcierten Partnern zu tun haben, der Aufbau von wechselseitigem Vertrauen fällt alles andere als leicht und man macht sich den zügigen Erfolg durch überaus dysfunktionale Kratzbürstigkeiten nur sehr viel schwerer. Die Comics hatten es da stets wesentlich einfacher, oder es sich, so man will, erholsam einfach gemacht: Hier gab und gibt es über Jahre hinweg gepflegte Freundschaften (Cage und Rand), Allianzen (alle helfen sich oft – auch privat – gegenseitig aus) und Romanzen (Jones und Cage) und hier wäre ein Gegner wie Alexandra Reid für die geballte Teampower des Quartetts eher einem zweiten Frühstückshappen gleichgekommen. Darin liegt zugleich der aus meiner Sicht augenfälligste Störfaktor: in dem unbedingten Bestreben, liebgewonnene und gewiss berechtigte Traditionen bereits als obsolet abzukanzeln, ohne dass sie überhaubt die Möglichkeit bekommen, sich erstmal zu etablieren. Matt Murdock pflegt seine Geheimidentität mit Fug und Recht, dennoch kassiert er von der diesmal ohnehin allzu viele blöde Sprüche kloppenden Jessica Jones dumme Kommentare angesichts seiner Kostümierung. Derlei redundantes Beziehungsgebremse zieht sich durch geraume Phasen von „The Defenders“, während man immerhin Elodie Young, die als Elektra aus dem Grabe zurückkehrt, hinterherschmachten darf. Eigentlich gehört die Serie über nicht unwesentliche Strecken ihr, die zwischenzeitlich zur „Hand“ überläuft, bis ihr zum Ende hin ein ungewisses Schicksal bevorsteht. Dennoch wird man wohl damit rechnen dürfen, dass man sie dereinst, wie auch im Print, wiedersieht. Alles andere wäre auch viel zu schade. Die groß angekündigte Sigourney Weaver bleibt mir allzu blass und zumindest ich hätte die viel beeindruckendere Wai Ching Ho als Madame Gao völlig als Kopf der „Hand“ weiterhin bevorzugt. Der neuerlich als mysteriöser Stick auftretende Scott Glenn, der mittlerweile endgültig aussieht wie seine eigene Mumie, erhält einen wenig rühmlichen Serienausstieg und die vielen, lieb gewonnenen Nebencharaktere sind eigentlich bloß physisch präsent. Ich hätte mir den Fuß sehr viel häufiger am Gaspedal gewünscht, aber wenn man eben vornehmlich damit befasst ist, seine Hauptfiguren urplötzlich und über weite Strecken als selbsträsonistische Arschlöcher zu denunzieren, dann sind gewisse Umwege eben unumgänglich.

7/10

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