GUN FOR A COWARD

„You should feel sorry, you know.“

Gun For A Coward (Schieß oder stirb!) ~ USA 1957
Directed By: Abner Biberman

Bless Keough (Jeffrey Hunter), der mittlere von drei Söhnen einer Rancherwitwe (Josephine Hutchinson), leidet unter dem unschönen und ihn zugleich schwer belastenden Ruf, ein Weichling und feige zu sein. Während sein älterer Bruder Will (Fred MacMurray) die Vaterrolle übernommen hat und alles auf der Ranch zusammenhält, ist Hade (Dean Stockwell), der Jüngste, ein unverbesserlicher Hitzkopf, der keiner Prügelei aus dem Wege geht. Damit personifiziert er so ziemlich das genaue des Gegenteil des tatsächlich besonnen und vernünftig agierenden Bless. Als Wills ihm lange versprochene Verlobte Audrey (Janice Rule) und Bless sich ihre Liebe gestehen, ziehen dunkle Wolken am Horizont auf, die sich während eines anstehenden Viehtriebs nach Abilene noch mehr verfinstern: Kurz vor dem Ziel stirbt Hade wegen eines zuvor selbst verursachten Konflikts mit ein paar Desperados und alle Welt macht erwartungsgemäß Bless für den Tod des Jungen verantwortlich. Nun ist es an Will, trotz aller Widrigkeiten zu seinem Bruder zu stehen.

In vielerlei Hinsicht ein Quasi-Remake von Howard Hawks‘ Meisterwerk „Red River“, erreicht „Gun For A Coward“ bei Weitem nicht dessen Intensität und verdient es zudem kaum, in einem Atemzug mit den wirklich großen, psychologisch in der Regel weitaus sorgfältiger austarierten Western der Dekade genannt zu werden – wenngleich er offenkundig genau dies anstrebt. Da sind der Bruderzwist mitsamt ödipaler Note, das bis in die Kindheit zurückreichende, traumatische Stigma des Feiglings, der über seinen Schatten springen muss, um vor sich selbst bestehen zu können und schließlich die Dämmerung des harten, traditionsverhafteten Westerners, der neuen Ideen und Idealen zu weichen hat. Nach „The Searchers“ spielt Jeffrey Hunter, der trotz der Besetzung des Altstars MacMurray die heimliche Hauptrolle innehat, wiederum den etwas naiven Nachwüchsler, der dem Ziehvater jedoch an Menschlichkeit und Herzlichkeit deutlich überlegen ist und ihn dies am Ende auch spüren macht. Fred MacMurray, eigentlich deutlich zu alt für seinen Part, bildet somit eine – erwartungsgemäß etwas unausgegorene – Melange aus gleich zwei ikonischen John-Wayne-Figuren, nämlich Tom Dunson und Ethan Edwards. Wie Dunson verfolgt er sein Ziel mit gnadenloser Scheuklappigkeit, wie Edwards droht er, über die Enttäuschung der ihn hinter sich lassenden Wirklichkeit hinaus sein letztes Fünkchen Humanität einzubüßen. Und wie Letzterem bleibt ihm am Ende nur das Weiterziehen, die nahende, physische Auflösung im Mythenpool seiner Ära. Die Ballung dieser komplexen Topoi bildet für den Gelegenheitskinoregisseur und Handwerker Abner Biberman, der lediglich acht weitere, wenig renommierte Filme realisierte und ansonsten fürs Fernsehen arbeitete, eine spürbar allzu schwer zu stemmende Last. Zwar gelingen ihm hier und da schöne Augenblicke (die Geburt eines Fohlens, die Szenen mit Hunter und Rule), doch leistet er sich auch immer wieder (sicherlich durch das Studio teiloktroyierte) Schwächen, wie etwa die Einfügungen offensichtlich fremder Viehtriebssequzenzen, die nur allzu deutlich herausstechen oder die hilflose Berücksichtigung des in Teilen mit heißer Nadel gestrickten Scripts. Es bleibt ein ansatzweise immer noch sehenswerter Studiowestern, insbesondere für den klassischen Gattungsvertretern zugeneigte Genrechronisten, doch damit hat es sich dann auch.

6/10

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