REVERSAL OF FORTUNE

„Just kidding.“

Reversal Of Fortune (Die Affäre der Sunny von B.) ~ USA/UK/J 1990
Directed By: Barbet Schroeder

Rhode Island, 1982: Der schwerreiche Salonlöwe Claus von Bülow (Jeremy Irons) wird in erster Instanz für schuldig erachtet, seine Gattin Sunny (Glenn Close) mittels einer Insulinspritze ins Dauerkoma befördert zu haben. Das Gericht wertet den Vorfall als Mordversuch. Um seiner endgültigen Verurteilung zu entgehen, engagiert der seine Unschuld beteuernde von Bülow den renommierten Rechtsgelehrten Alan Dershowitz (Ron Silver), der, obschon er selbst nicht recht von der Version seines Mandanten überzeugt ist, gemeinsam mit einer Gruppe von Jura-Studierenden alles daran setzt, den Fall zu gewinnen.

Was Barbet Schroeder daran gereizt haben mag, diesen doch etwas drögen Gesellschaftsskandal filmisch aufzubereiten, soll heißen, zu inszenieren, erschließt sich mir nicht recht. Möglicherweise fand der ja stets für eine Überraschung gute, in Fragen des reinen Genrehandwerks jedoch selten wirklich befreit wirkende Regisseur ja die gesellschaftskritische Dimension der Affäre von Bülow hinreichend interessant, um daraus eine mit leicht galligem Humor versetzte Reichengroteske zu destillieren. Wirkliche Spannung oder gar eine emotional involvierende Dimension – im Grunde unerlässliche Ingredienzien des Gerichtsdramas, versucht der Film erst gar nicht herzustellen, er begnügt sich mit der nüchternen, dramatisierten Bebilderung des von Dershowitz höchstselbst verfassten, gleichnamigen Buchs zu dem Fall. Beide enthalten sich einer abschließenden Aussage über die Schuldfrage; der mittlerweile 89 Jahre alte Claus von Bülow verließ dereinst als freier Mann den Gerichtssaal. Ob er damit lediglich den Sieg über ein von der zuständigen Staatsanwaltschaft höchst schlampig vorbereitetes Verfahren davontrug oder ergänzend dazu auch einen moralischen, das weiß letztlich nur von Bülow selbst. Wie seinerzeit bereits Roger Ebert bemerkte, liegt eine geschickte Besonderheit der Narration darin, auch die im Koma befindliche (erst 2008 verstorbene) Sunny von Bülow mit der Stimme von Glenn Close pointierte Off-Bemerkungen über ihre eheliche Beziehung sowie ihren desolaten Zustand zum Besten geben zu lassen. Jene Einwürfe erweisen sich, basierend auf Nicholas Kazans Script, als überaus geschickt formulierte Bonmots, die zwar ebenfalls nicht zur definitiven Auflösung des Ganzen taugen, durch ihre tendenziöse Ausrichtung jedoch zumindest die Haltung des auktorialen Erzählers verdeutlichen. Ron Silver und vor allem Jeremy Irons erhalten zudem jeweils eine breite Bühne für ihre große Schauispielkunst. Dass dabei kein fesselnderer Film herauskommen konnte, dürfte angesichts all dieser Pros also letztlich dem Sujet höchstselbst geschuldet sein.

7/10

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