FRITZ LANG

„Es ist sehr schwer, in diesen Zeiten anständig zu bleiben.“

Fritz Lang ~ D 2016
Directed By: Gordian Maugg

1930 steckt der erfolgreiche Filmregisseur Fritz Lang (Heino Ferch) in einer mittleren Schaffenskrise: Sein jüngstes Werk „Frau im Mond“ lässt ihn der Megalomanie müde zurück und treibt den Wunsch in ihm an, mit seiner nächsten Arbeit, seinem ersten Tonfilm, „zurück zum Menschen“ zu kehren. Als er in der Zeitung von dem Serienmörder liest, den man gemeinhin „Vampir von Düsseldorf“ nennt, reist er prompt ins Rheinland, um die Atmosphäre vor Ort zu atmen. Auch Kriminalrat Gennat (Thomas Thieme), den Lang aus seiner früheren Biografie noch persönlich kennt, kommt nach Düsseldorf, um sich hochoffiziell des Falles anzunehmen. Als man schließlich den als Kleinkriminellen bekannten Peter Kürten (Samuel Finzi) verhaftet und dieser die Morde gesteht, erhält Lang exklusives Interviewrecht und ist gleichsam fasziniert wie abgestoßen von der offenen, bald sanftmütigen Art des Schwerverbrechers. Drei Wochen nach der Verkündung von Kürtens Todesurteil erlebt Langs „M“ seine Uraufführung im Kino.

Man darf nicht den Fehler begehen, Gordian Mauggs „Fritz Lang“ ähnlich wie Sacha Gervasis überaus mittelmäßigen „Hitchcock“ als der geradlinigen Authentizität oder gar der historischen Akkuratesse verpflichtetes Biopic zu begegnen. Vielmehr handelt es sich um die teilallegorische Aufarbeitung des privaten Kreativkosmos eines Künstlers von Weltrang, ein wenig vielleicht wie Soderberghs „Kafka“, dem es ja auch vornehmlich darum ging, seine Titelfigur zu teilfiktionalisieren und sie in ein ihrer Persönlichkeit angemessenes, atmosphärisch stimmiges Zeit- und Lokalkolorit einzubetten. Ganz ähnlich verhält es sich mit Mauggs Film: Wie bei früheren seiner Arbeiten kombiniert der Regisseur authentisches Filmmaterial aus dem Archiv mit Selbstgedrehtem, bettet Heino Ferch auf digitalem Wege in die Originalbilder ein und kontrastiert Sequenzen seines Films mit welchen aus „M“, in denen ebenfalls der Hauptdarsteller zu sehen ist. Das grandios eingefangene Flair der bereits spätdämmernden Weimarer Republik, die sich über das Rabaukengebahren der stupiden SA-Gröhler amüsierenden Szenen, vor allem jedoch Langs wiederum als stark überzeichnet gelten dürfende Charakterisierung, die via Rücklicke seinen Einsatz im Ersten Weltkrieg [nebst Augenverletzung, die später zum Gebrauch seines typischen Monokels führte, Lazarettaufenthalt und Bekanntmachung mit seiner ersten Frau Lisa (Lisa Friedrich)], den ungeklärten Tod Lisa Langs, die Beziehung zu Thea von Harbou (Johanna Gastdorf) und auch die zu seinem Vater (Michael Mendl) nachzieht, ihn als stark exzentrischen Prostituiertenaufleser und Koksschniefer mit gelegentlichen Halluzinationen sowie als hochnäsigen Aristokraten ausweist, stärken Mauggs unbedingt sehensertes Werk ganz besonders. Ich selbst hatte mir nur wenig von „Fritz Lang“ erwartet und im Vorhinein sogar länger hin- und herüberlegt, ob ich ihn überhaupt anschauen soll. Jetzt bin ich umso glücklicher mit ihm. Ein eindruchsvoller Beleg dessen, was der deutsche Film aktuell zu leisten vermag, wenn man ihn bloß lässt.

8/10

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