THE ART OF LOVE

„Are you still not satisfied?“

The Art Of Love (Bei Madame Coco) ~ USA 1965
Directed By: Norman Jewison

Die beiden Freunde Paul Sloane (Dick van Dyke) und Casey Barnett (James Garner) könnten eigentlich unterschiedlicher nicht sein: Zwar bewohnen sie gemeinsam eine Dachwohnung im Pariser Montmartre und zählen sich stolz zur hiesigen Bohème, doch während der Maler Paul mit seiner Erfolglosigkeit nicht zurechtkommt und es leid ist, sich von der reichen Familie seiner in den Staaten lebenden Verlobten Laurie Gibson (Angie Dickinson) aushalten zu lassen, liebt der wiederum von Paul mit durchgefütterte Autor Casey das Lotterleben des Libertins. Zu Caseys Bedauern gelingt es ihm nicht, Paul, der von Paris genug hat und zurück in die USA will, um Laurie endlich zu heiraten, zum Bleiben zu überreden. Aus einer volltrunkenen Laune heraus und der These, dass erst ein toter Künstler wirklich erfolgreich sein kann, schreiben die beiden gemeinsam einen Abschiedsbrief für Paul. Als dieser auf dem Nachhauseweg die in die Seine springende Selbstmörderin Nikki (Elke Sommer) erblickt, hüpft Paul hinterher, um sie zu retten. Seine am nächsten Morgen gefundenen Kleider veranlassen Casey und die Polizei dazu, zu glauben, Paul habe sich ertränkt. Urplötzlich erzielen seine Gemälde tatsächlich Höchstpreise, was der „hinterbliebene“ Casey mit einigem Wohlwollen zur Kenntnis nimmt. Darum überredet er den sich ihm wieder als höchst lebendig präsentierenden Paul, noch eine Weile „tot“ zu bleiben, um den willkommenen Reibach noch etwas zu verlängern. Paul soll getarnt als Maler „Toulouse“ im Nachtclub von Madame Coco (Ethel Merman) untertauchen und dort weiterarbeiten. Auch Nikki lebt mittlerweile bei Madame Coco und arbeitet für sie als Hausmädchen. Während Paul und Nikki sich ineinander verlieben, taucht Laurie in Paris auf und wird von Casey über die „traurigen  Neuigkeiten“ in Kenntnis gesetzt, während er ihr frontal den Hof macht und den Löwenanteil des Erlöses für Pauls Werke einstreicht. Als Paul davon erfährt, heckt er einen nicht minder hinterhältigen Rachestreich gegen Casey aus, der beinahe in die Hose geht…

Obschon Norman Jewisons wunderbare Komödie nicht mit trefflichem Humor und einer Menge prickelnder Romantik geizt, empfand man sie zu ihrer Veröffentlichungszeit vielerorten als zu „schwarz“ und zu gallig, so dass ihr guter Ruf – die bis dato vorherrschende Veröffentlichungslage (es gibt scheinbar nur Bootlegs und eine semilegale australische DVD-Veröffentlichung) spricht Bände – nachhaltig geschädigt wurde. Dafür verantwortlich waren offenbar die als unerschütterliche Wahrheit umrissene Annahme, dass ein bildender Künstler erst zu sterben hat, bevor sein Renommee astronomische Höhen erreichen kann und ferner das im letzten Drittel des Films handlungstragende Element der Todesstrafe, die man in Frankreich damals noch mit der Guillotine zu praktizieren pflegte und die absolut trefflich in das Script eingearbeitet wurde. Wie kommt dies zustande? Der sich zu Recht von seinem Freund Casey durchaus berechtigt verraten fühlende Paul Sloan sorgt mittels einiger cleverer Schachzüge dafür, dass alle Welt Casey verdächtigt, Pauls Mörder zu sein und er dafür sogar vor Gericht zum Tode verurteilt wird. Paul kostet diesen Umstand bis aufs Letzte aus und kommt beinahe zu spät, um die Exekution noch rechtzeitig zu verhindern. So viel bitterböser Realismus war für Kritik und Publikum offenbar zu viel des Guten und so fristet „The Art Of Love“ schändlicherweise ein Nischendasein. Dabei ist er in vielerlei Hinsicht ganz exzellent – on location in Paris gefilmt (der Jewison vor Ort beratende Yves Boisset gab – laut imdb-Trivia – zu Protokoll, dass Jewison weniger an einer modern-realistischen Präsentation der Stadt interessiert war, denn an einer möglichst klischeehaft-historistischen Darstellung, wie man sie aus hier spielenden Hollywood-Filmen gewohnt war – eine Herangehensweise, die nebenbei wunderbar aufgeht) präserviert der Film ganz gezielt ein klischiertes Bohèmien-Musical-Flair Marke „An American In Paris“. Das von Carl Reiner (der auch eine tolle Nebenrolle als auf Abstand gehender Verteidiger von James Garner abbekam) mitgeschriebene Buch strotz vor superben Einfällen, Figuren und Dialogen und die beiden Hauptdarsteller entwickeln eine grandiose Chemie. Alles in allem eine mustergültige Feelgood-RomCom ihrer Ära, die – ich weiß, ich sage das gern und oft, aber hier stimmt es wie selten – einer dringenden Revision bedarf.

9/10

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